Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)

Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)

Titel: Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
Vom Netzwerk:
abgefallen.
    „Wo ist meine Mom?“, fragte er lediglich leise.
    „Sie liegt auf der Intensivstation, Tyler.“
    „Wie geht es ihr?“
    „Sehr schlecht.“
    „Was ist mit meinem Bruder?“
    „Soweit ich informiert bin, hat eine Sozialarbeiterin ihn abgeholt.“
    Tyler nickte daraufhin geradezu gespenstisch verständig. Die Ärztin konnte jedoch sehen, wie viele Sorgen er sich um seine Familie machte. Sie hingegen sorgte sich  um seinen gegenwärtigen Zustand. Nach wie vor brauchte er viel Ruhe. Deshalb gab sie ihm erneut eine Spritze, die ihn alles vergessen ließ. Auch für die Nacht wurde er ruhig gestellt. Der nächste Tag verlief ähnlich. Wieder fragte er nach seiner Mutter. „Sie wird´s nicht schaffen, stimmt´s?“
    Dr. Rosenthal nahm seine Hand. „Nein, das wird sie nicht.“
    „Darf ich zu ihr?“
    Die Ärztin schüttelte langsam den Kopf.
    Tyler begriff, dass der Polizist seinetwegen vor der Tür stand. Bisher war es Dr. Rosenthal gelungen, die Polizei auf Abstand zu halten. Der Zustand ihres Patienten ließ noch keine Befragung zu. Heute konnte sie di e se Ausrede nicht mehr aufrechterhalten.
    Die Beamten stellten ihm unzählige Fragen, und er antwortete einsilbig, aber wahrheitsgemäß. Einer der Männer erklärte Tyler ruhig, dass er der Hauptverdächtige in einem Mordfall war. Es berührte ihn kaum, er wusste es ja längst.
    Tyler wurde immer stiller. Der diensthabende Polizist, der vor der Tür Wache schob, wandte sich an die Ärztin. „Der Junge ist direkt ein bisschen u n heimlich, was.“
    „Nein, er ist nur verzweifelt.“
    Dr. Rosenthal verordnete Tyler nun keine Medikamente mehr. Er aß gehorsam, was sie ihm hinstellten, blieb brav im Bett liegen, ertrug es, wenn sie noch mehr Blut wollten, oder seinen Anus abtasteten. Die äußeren Wunden und die Gehirnerschütterung heilten. Seine Seele tat es nicht. Er hatte schließlich aufgehört, nach seiner Mutter zu fragen. Bereits vor langer Zeit, hatte er von Maureen Abschied genommen. Gern wäre er noch einmal zu ihr gegangen. Irrwitziger Weise wollte er ihr draußen ein paar Glühwürmchen fangen und in ein Glas neben ihr Bett stellen. Das hatte Maureen immer getan, als er noch ein kleiner Junge gewesen war und sie in der Wohnwagensiedlung gelebt hatten. Seine Mutter hatte ihm erklärt, dass dies ein ganz alter Brauch im Süden war. Die Glühwürmchen sollten ihn immer beschützen. Tyler wünschte sich, dass irgendjemand seine Mom auf ihrem letzten Weg beschützte. Es tat furchtbar weh, sie zu verlieren.
    Von einer Krankenschwester erfuhr er, dass Miranda da gewesen war. Doch man ließ das Mädchen nicht zu ihm. Dr. Rosenthal konnte noch zwei weitere Tage heraus schinden, an denen angebliche Tests mit Tyler gemacht werden mussten. Dann wanderte er vom Krankenhaus direkt in Untersuchungshaft.
    Der Staat Louisiana stellte ihm einen Pflichtverteidiger. Bei der Verhaftung hatte man ihm seine Rechte erklärt und jetzt, in Haft, hatte er Regeln zu befolgen. Damit kam er klar. Schließlich würde er nicht lange hier bleiben müssen. Er hatte Eddy aus Notwehr erschossen. Auch wenn er sich an den genauen Tathergang nicht bis an jede Einzelheit erinnern konnte. Das erste Mal geriet Tyler mit dieser Überzeugung ins Wanken, als sein Verteidiger ihm erklärte, er müsse keine Angst vor der Giftspritze haben. Da er noch minderjährig sei, käme die Todesstrafe für ihn nicht in Frage. Wichtig war einzig, dass es dem Anwalt gelang, die Grand Jury davon zu überzeugen, dass Tyler seinen Stiefvater nicht vorsätzlich umbringen wollte. All dieses juristische Gerede verwirrte Tyler. Er mochte seinen Verteidiger nicht. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass der Mann seinen Fall nicht wirklich ernst nahm. So als warte er lediglich darauf, mit möglichst geringem Aufwand zum Abschluss zu kommen, damit er ein weiteres Häkchen für erledigt setzen konnte. A n scheinend brauchte der Anwalt noch ein paar Fälle dieser Art. Tyler fühlte sich von dem Mann allein gelassen.
    Zwei Wochen später starb Maureen. Ihr Sohn versank in Depressionen. Wenn dies überhaupt möglich war, wurde er noch stiller. Er redete nur, wenn man eine Frage an ihn richtete. Zwei Tage nach seinem sie b zehnten Geburtstag begann der Prozess, genau vier Monate nach Eddys Tod. Der Staat gegen Tyler James Carmichael. Tyler fragte sich, wie lange diese ganze Farce wohl andauern würde. Der Bezirksstaatsanwalt ließ keinen Zweifel daran offen, dass Notwehr nicht zur Debatte stand. Edward

Weitere Kostenlose Bücher