Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
gepressten Orangensaftes, Butter, Honig und ein Teller mit Obst. Charly machte sich darüber her, als hätte sie seit Jahrhunderten keinen Bissen mehr zu sich genommen. Nach dem Frühstück räumte sie das Geschirr ab und wischte die Krümel vom Tisch. Dann schüttelte sie ihr Bettzeug auf und beschloss ihr Haar zu waschen. Sie wollte unbedingt ihr neues Shampoo, Avocado - Litschi, ausprobi e ren, das sie erst kürzlich in Bonny Sue Parkers Schönheitssalon entdeckt hatte. Charly war ganz hingerissen, als sie jetzt daran schnüffelte.
Anschließend zog sie sich eine ärmellose, weite Hemdbluse über und schlüpfte in bequeme Shorts. Sie griff nach ihrem Laptop und setzte sich auf die Veranda. Ihr email-Eingang war rasch überprüft. Meistens handelte es sich dabei ohnehin um Weiterbildungsangebote oder Werbung. Mit ein paar Mouse-Klicks war alles gelöscht. Was konnte sie jetzt tun?
Es verhält sich schon komisch mit den freien Wochenenden. Während des Alltags denkt man an nichts anderes und wenn es schließlich so weit ist, fällt einem keine Tätigkeit ein. Charlotte öffnete kurzerhand i h ren Internet Explorer. Weiß der Kuckuck warum, sie tippte unter google einfach Tyler O´Brian als Suchbegriff ein und ließ die Maschine arbe i ten. Wow - sie landete Treffer über Treffer. Sein Name wurde auf Ta u senden von Websites genannt.
„Hm - wollen wir doch mal sehen.“ Sie beugte sich tiefer über den Bildschirm und klickte die erste der Seiten an. Charly sah sich einer Fülle von Informationen gegenüber. Sie klickte auf Biographie. Schon verschlang sie die Fakten. Nach zwei Stunden kannte sie die Tourneepläne der letzten beiden Jahre sowie sämtliche, seiner bisher erschienen Alben, die zahllosen Preise und Auszeichnungen, die er eingeheimst hatte und konnte sich sogar ein Bild über die Bandmitglieder machen. Dazwischen fand sie immer wieder gut gemachte Fotos von O´Brian, die sicher das Herz seiner Fans höher schlagen ließen - ganz besonders die der weiblichen, da ging sie jede Wette ein. Warum sie diese Tatsache verärgerte, wollte sie lieber nicht ergründen. Mal zeigten ihn die Fotos lässig, mal waren es einfach bloß Schnappschüsse. Andere mussten wä h rend seiner Auftritte geschossen worden sein. Auf manchen wirkte er sehr nachdenklich. Die meisten jedoch zeigten ihn in subtilen sexy P o sen.
Wahrscheinlich kommt er sich dabei selbst unwiderstehlich vor, pöbelte sie insgeheim. Charly kannte solche Typen zur Genüge. Auf den schillernden Partys ihrer Mutter waren sie schließlich ein- und ausgegangen. Die meisten hatten tatsächlich sehr attraktiv ausgesehen. Doch damit hatte es sich auch schon. Mehr war über diese Männer nicht zu s a gen. Wenn sie überhaupt einer Beschäftigung für ihren Broterwerb nac h gingen, passten sie ansonsten alle in das gleiche Schema. Lackaffen, hatte sie die Typen genannt und damit stets den Unmut ihrer Mutter auf sich gezogen. Eben jene Partys waren das Schlimmste an ihren Schulferien gewesen. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich die Namen dieser Männer zu merken. Wozu auch? Keine Charaktere, kein Rückgrat und wenn doch, so hatte sie jedenfalls nirgends eine Spur d a von entdecken können. Hohle Köpfe in hübscher Hülle - allesamt. Der metaphorische Vergleich mit einer Pralinenschachtel kam ihr in den Sinn. Die versprachen auch oft, was sie nicht hielten. Es blieb einem dann nichts anderes übrig, als die klebrig süßen Scheußlichkeiten auszusp u cken.
Bei O´Brian fiel ihr allerdings auf, dass irgendetwas anders war. Er passte nicht so ganz in ihr selbst definiertes Schema. Charly öffnete eine weitere Website und ging gleich zur Fotogalerie. Natürlich, zum Teil waren es die gleichen Aufnahmen. Ihr war nicht mal bewusst, wonach sie überhaupt suchte. Meistens sah er nicht direkt in die Kamera, stellte sie fest. Vielmehr wurde dem Betrachter suggeriert, O´Brian in seinen sti l len, ungestörten Momenten erwischt zu haben. Stets wirkte er dann der Welt entrückt und merkwürdig distanziert. Sogar auf den sexy Bildern, war das so. Der Sexappeal hielt sich diskret im Hintergrund. Das klang eigentlich wie ein Widerspruch in sich und doch traf es genau zu. Di e sem Umstand verdankten die Fotos wahrscheinlich ihre besondere A n ziehungskraft. Selbst sie musste zugeben, dass die Aufnahmen sie tief in ihrem Innern berührten. Dann plötzlich begriff sie und pfiff durch die Zähne. Es waren seine Augen: Selbst wenn sein Mund lächelte, seine
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