Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
nicht seine angeborene Zurückhaltung ihn daran gehindert hätte. Die gleiche Zurückhaltung, die er im Laufe der Jahre verfeinert hatte und die ihm in unzähligen heiklen Situationen zugutegekommen war.
Jetzt stand er im Begriff, sein Leben völlig umzukrempeln. Dieses Mal wurde er nicht durch äußere Einflüsse dazu gezwungen. Nein, es geschah, weil er es so wollte.
Die Leute hier schienen ihn zu respektieren, er war wie jeder andere Nachbar auch. Sie begegneten ihm mit der gleichen Neugier, oder dem gleichen Respekt wie allen anderen. Er gehörte jetzt zu ihnen und Tyler schätzte sich glücklich darüber.
Dann war ihm gewesen, als hätte er plötzlich jemanden Schneewittchen rufen hören. Seine erste Reaktion war die Annahme, sich verhört zu haben. Schließlich wäre alles andere mehr als lächerlich gewesen. Doch dann hatte er es wieder vernommen, ganz deutlich s o gar.
Schneewittchen war ein deutsches Märchen der Gebrüder Grimm, das wusste Tyler. Seine Mutter hatte ihm, als Kind, oft daraus vorgelesen. Später hatte er dann die Rolle des Vorlesers bei seinem Bruder übernommen.
„Schneewittchen, wo bist du?“
Das war eindeutig die Stimme einer Frau, die aufgebracht schien.
„Kann ich Ihnen helfen?“
Anna fuhr erschreckt herum. Oh nein, nicht O´Brian schon wieder. Wo sie hier völlig verschwitzt und mit hochrotem Kopf stand, nur weil sie die Gegend nach ihrem kleinen Liebling absuchte. An diese Hitze konnte sie sich anscheinend nur schwer gewöhnen. Daheim in Irland hatte es solche Temperaturen nicht gegeben. Nun egal, was musste sie auch lauthals Schneewittchen brüllen. Der Mann würde sie zwangsläufig für ge i stesgestört halten.
„Entschuldigen Sie bitte! Ich suche nach meinem Kätzchen. Es ist ganz weiß und hat nur einen winzigen schwarzen Fleck unter dem Köpfchen. Daher der Name“, versuchte sie ihm zu erklären.
„Verstehe.“
Er verzog keine Miene, als sei diese Begegnung die alltäglichste Sache der Welt. Vielleicht verschafften sich ja seine weiblichen Fans oft genug, unter den verrücktesten Vorwänden, Zutritt zu seinem Anwesen. Ha - nicht dass der Typ noch auf die Idee kam, sie, Anna Foley, würde zu solchen hinterli s tigen Tricks greifen.
„Es ist die Wahrheit.“ Aus ihrer Stimme war deutlich ein Hauch von Emp ö rung zu hören.
„Ich glaube Ihnen“, antwortete Tyler daraufhin amüsiert.
„Ach so? Na dann ist es ja gut.“
„Lassen Sie uns nachsehen! Wenn Ihr Schneewittchen tatsächlich hier ist, werden wir es auch finden.“
Sie folgte ihm, als er die alte Scheune betrat. Es war in der Tat ein meh r stimmiges Mauzen aus einer Ecke zu hören.
„Du bist also Schneewittchen.“ Tyler bückte sich und hob das Tier auf. „Das nenne ich mal einen passenden Namen.“
„Nicht wahr.“ Jetzt erst schaute Anna ihn mit leuchtenden Augen an.
„Wir sind uns doch schon mal begegnet.“ Er schien kurz zu überlegen. „Richtig, unten am Strand. Sie haben meine Songs gesungen.“
Nett, dass er die genauen Umstände nicht erwähnte. Annas Wangen verfär b ten sich trotzdem.
„Entschuldigung, ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen“, fügte er ha s tig hinzu.
„Schon gut.“ Als sie es endlich schaffte, zu ihm aufzusehen, lächelte er sie warmherzig an. Tatsächlich, bemerkte Anna, auch seine Augen konnten durchaus lächeln. Sie glaubte sogar, einen gewissen Schalk darin zu erkennen. Allerdings nur ganz kurz, doch es reichte aus, um sich auf der Stelle in ihn zu verlieben.
„Ich hatte eigentlich versprochen, mich bei Ihnen zu melden“, sagte er ger a de.
„Hm.“
„Es scheint Sie ja nicht zu überraschen, dass ich es nicht tat.“
„Nein“, antwortete sie ehrlich.
Er hob die Brauen. „An Ihrer Stelle wäre ich verärgert.“
„Oh.“ Sie winkte ab. „Nun, es ist einfach so ... Ich habe nichts anderes e r wartet. Schließlich sind Sie ... äh ...“
„Verstehe“, murmelte er zerknirscht. „Es tut mir aufrichtig leid. Normale r weise halte ich meine Versprechen ein.“
Anna nickte und strich sich mit der rechten Hand ihr Haar hinter das Ohr. Es entstand eine Pause und erst da begriff Tyler, dass er noch immer ihr Kätzchen an seine Brust gedrückt hielt. Er gab ihr das Tier zurück. Schneewit t chen schnurrte zufrieden und Anna lachte leise.
„Es ist ziemlich heiß heute. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“, e r innerte er sich an seine Höflichkeit.
„Gern.“
„Meine Auswahl hält sich allerdings in Grenzen. Ich
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