Pan Tau
nicht. Ich bin noch keinem hinten reingefahren.«
Was in Prag geschehen war, hatte er vergessen. Er sah mich an und winkte mir freundschaftlich zu. Ohne zu erröten.
»Warum haben Sie denn gleich hinter der Kurve so plötzlich angehalten?«
Fleming lachte auf.
»Ich sah einen Dampfer. Mir schien, daß er direkt auf der Straße fuhr. Lustig, nicht wahr?«
Er war glänzend gelaunt. Sein Auto war bis auf die Beule am hinteren Kotflügel und das kaputte Stopplicht heil. Mein MG hatte Totalschaden. Ich griff unters Bremspedal. Zu meinem Erstaunen hielt ich einen Schildkrötenpanzer in der Hand. Vivians Nebukadnezar! Beleidigt kroch die Schildkröte unters Kupplungspedal. Alles war klar. Ich hätte hundertmal auf die Bremse treten können. Der Wagen wäre immer weitergefahren. Ich überreichte Vivian die Schildkröte.
Sie nahm die freudig in Empfang. Zu Fleming sagte sie: »Anderson ist ein großer Tierfreund. Er hat mir versprochen, daß er Nebukadnezar finden würde, und wenn er ganz Holland durchsuchen müßte. Stellen Sie sich vor, ganze dreitausendfünfhundert Quadratkilometer!«
Dreißigtausend Quadratkilometer ließ sie glatt unter den Tisch fallen. Wir quetschten uns mit dem Äffchen, der Schildkröte und der Schreibmaschine in Flemings Ferrari. Collins war noch nicht in Rotterdam. Zum Mittagessen gingen wir ins Euromast. Ich bestellte mir Schildkrötensuppe mit Madeira, doch dann machte ich die Bestellung rückgängig. Plötzlich fiel mir nämlich ein, daß mir alle Schildkröten zuwider waren.
Drittes und letztes Buch
Was Claudia und W. Viola-Elektro,
Wunder schon heute — nicht erst morgen, wußten.
Pan Tau und die Reise um die Welt.
Wirrwarr in den Filmateliers.
Pan Tau geht verloren.
Wieder viele Kinder und Hunde. Emil und Claudia.
Und natürlich:
Wie alles gut zu Ende ging.
Erstes Kapitel. Warten auf Collins. Reiseführer durch Holland oder die Niederlande. Ein Schrank in der Luft. Wieder der längste Dackel der Welt. Das Mädchen Saskia und der Affe auf der Palme. Wir sind die Schildkröte los!
Auch im Hotel war Collins nicht. Plötzlich hatten wir keine Eile mehr. »Freizeit bis zum Abend«, schlug Fleming vor und ging im Hafen von Rotterdam spazieren. Vivian verzog sich mit Schildkröte und Äffchen in ihr Zimmer im ersten Stockwerk. Eine Minute später hörte man sie im Hotel auf der Schreibmaschine tippen. Sie schrieb eine weitere Filmfolge. Links das Bild, rechts der Ton. Ich war allein.
»Nur noch im vierten Stockwerk ist ein Zimmer frei«, sagte der Mann in der Rezeption. »Vierhundertneun. Ein schönes Zimmer mit Aussicht auf den größten Hafen der Welt. Eine unvergeßliche Erinnerung für Sie.«
Wie recht er hatte, begriff ich erst, als ich den Schlüssel entgegennahm und fragte:
»Und der Lift?«
»Ja, der Lift. Eine ausgezeichnete Erfindung.« Der Mann blickte traumverloren vor sich hin, als ob er sich erinnerte, etwas Ähnliches schon gesehen zu haben. »Wir sind ein altes Hotel. Wenig Platz. Bitte, benutzen sie die Treppe.«
»Ist das dort die Treppe?«
»Ja, das dort«, sagte der Mann und zeigte auf etwas, das einem Blumenständer oder einer Leiter im Unterdeck eines Piratenschiffes ähnelte. Es war die engste und gewundenste Wendeltreppe der Welt. Sie stieg steil auf, und nach jeder Stufe drehte sie sich nach rechts. Keinesfalls war diese Treppe breit genug, einen Menschen gleichzeitig mit Koffer hinaufzulassen. Als ich mich darum bemühte, blieb ich hoffnungslos zwischen Wand und Geländer stecken.
»Schieben Sie den Koffer mit dem Knie vor sich her«, riet der Mann in der Rezeption. »Es geht ganz einfach. Abwärts empfehle ich die umgekehrte Reihenfolge.«
Wie man abwärts einen Koffer mit dem Knie hinter sich herschiebt, erklärte er nicht genauer. Das war jetzt auch nicht so wichtig. Ich schob den Koffer mit dem Knie ins vierte Stockwerk und rang nach Atem. Das Hotel Batavia hatte fünf Stockwerke. Über mir wohnte noch jemand. Er stieg eben schnaubend die Treppe hinab. Die Stiegen knarrten. Dicht über den Stufen erschien ein Dackelkopf. Der Kopf passierte das vierte Stockwerk und drehte sich die Wand entlang zum dritten Stockwerk. Dort verschwand der Kopf, auch wenn sich der Körper noch im vierten und der Schwanz und die Hinterbeine im fünften Stockwerk befanden. Unwillkürlich schaute ich auf meine Armbanduhr. Vom Auftauchen des Kopfes an dauerte es dreißig Sekunden, bis der längste Dackel der Welt restlos verschwunden war. Es konnte kein
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