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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Dreiunddreißigtausendfünfhundert Quadratkilometer und dreiunddreißig Quadratmeter!
    Es kam mir wie ein dummer Scherz vor. Es war kein Scherz. Die gleichermaßen verbesserte Zahl entdeckte ich im Reiseführer durch die Niederlande, den ich in einer Buchhandlung auf dem Blaak-Platz kaufte. Auch da hatte jemand die dreiunddreißig Quadratmeter hinzugeschrieben und dahinter ein Ausrufezeichen gesetzt. »Wir wollen genau sein«, erklärte mir der Buchhändler. »Die Niederlande wachsen dauernd. Wir bauen Dämme, legen das Meer trocken. Die Welt will unsere Tulpen haben, unseren ausgezeichneten Käse. Tulpen wachsen nicht in der Luft. Damit die Kühe Milch geben, brauchen sie Weiden. Den Käse aus der Milch können wir dann schon selbst machen. Jahr für Jahr drucken wir neue Reiseführer. Seit dem Jahre neunzehnhundertzwanzig haben wir dem Meer sechzehnhundert Quadratmeter Boden entrissen.«
    »Und dreiunddreißig Quadratmeter.«
    »Nein. Diese dreiunddreißig Quadratmeter gab uns das Meer freiwillig. Vor einer Woche.« Der Buchhändler brachte eine Landkarte. »Die Karten sind schon gedruckt. Bitte, sehen Sie: Dieser Punkt im Meer ist die neue Insel. Dreiunddreißig Quadratmeter. Darauf eine Palme. Merkwürdig, nicht wahr?«
    Ich sah mir die Landkarten an. Neben dem Punkt im Meer stand Saskias Insel. Und in Klammern: (Tauland).
    Plötzlich war mir klar, warum Collins Fleming nach Rotterdam gerufen hatte. Ich kaufte die Landkarte. Warten wäre nur Zeitvergeudung gewesen. Ich nahm ein Taxi.
    »Zu Saskias Insel!«
    »Schon wieder«, sagte der Chauffeur. »Schon dreimal war ich dort. Jeder will Saskias Insel sehen.«
    Er stellte das Radio leiser. Eben war das Lied zu hören:
    Saskias Insel, Traum im Meer,
    zu dir ich immer wiederkehr.
    In Holland schien die Sonne. Die Luft war durchscheinend wie auf den Gemälden der alten niederländischen Meister. Vor einem Haus stand ein Möbelwagen. Männer in Arbeitskleidung beförderten einen Schrank ins erste Stockwerk. Durch das Fenster. Sie zogen ihn an Seilen in die Höhe. Über die Wendeltreppe hätten sie nicht einmal einen Stuhl hinauftragen können. Allmählich wurden mir die Niederlande vertraut. Die schmalen Wege, die schmalen Häuschen, die sich in die Höhe recken. Ich begann nun auch zu verstehen, warum Kolonnen von fähnchengeschmückten Autos und Autobussen zu Saskias Insel fuhren. Es war wie eine Wallfahrt. Am Meeresstrand drehten sich Karussells. Schulkinder winkten mit Fähnchen und aßen Flensjes, das sind Eierkuchen. Soldaten kauften für ihre Mädchen Spiegel, auf denen Saskia und ihre Insel abgebildet war. Väter schrieben Ansichtskarten. Über den Babys in den Kinderwagen schwebten Luftballons mit der Aufschrift:
    Wir werden größer!
    Wieder 33 Quadratmeter mehr!
    Es lebe das große Holland!
    Im Gartenrestaurant, vor gutgelaunten Gästen, spielte eine Blaskapelle das brandneue Lied:
    Saskia das Inselkind,
    lebt fröhlich im Meereswind.
    Und dann noch den Marsch:
    Dreiunddreißig Tulpen...
    Ich kaufte mir eine Ansichtskarte, auf der mit vier Zeichnungen das Entstehen der Insel veranschaulicht war. Das erste Bildchen zeigte das Mädchen Saskia, das sich nach einem Gärtchen sehnte. Hoffnungsvoll steckte sie sich im Sand am Meer ein Gärtchen ab und säte Blumensamen. Da erschien (schon auf dem nächsten Bild) ein Herr mit Melone. Wie durch ein Wunder blühten im Sand Blumen auf.
    Aber es kam die Flut (auf dem dritten Bild), und die Wellen spülten die Blumen weg. Die traurige Saskia auf dem dritten Bild hatte eine Träne im Auge und eine Sprechblase vor dem Mund: Oh! Zum Glück war aber Pan Tau da. Er trommelte auf die Melone, und aus dem Meer (auf dem vierten Bild) tauchte eine Insel mit einer Palme und einem Gärtchen voll Tulpen auf.

    »Ich würde die ganze Angelegenheit als Rätsel der aufgetauchten Insel bezeichnen«, sagte Quincy, der ebenso geheimnisvoll wie jene Insel gerade aus der Menschenmenge beim Gartenrestaurant aufgetaucht war. Ein Mann mit angemaltem Bärtchen begleitete ihn. Es war W. Viola, der an der Hand die rothaarige Claudia führte. »Endlich sind Sie dort, wo Sie sein sollen, Anderson, wenn auch mit Verspätung.«
    Die Trompeten kreischten. Zwischen den Buden streifte Dackel Schönling, genannt die Schlange, umher. Weiter hinten hielt ein Ferrari, aus dem die Astronauten Fleming und Collins stiegen. Abseits von all dem Durcheinander lag die kleine Insel im Meer, auf ihr stand unter einer großen Palme ein kleines Mädchen, das ein

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