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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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öffnete sich eine winzige Klappe, der ein Traum entstieg.

    »Bitte nicht«, ächzte Lucien.
    Der Traum quoll als unförmige Blase aus dem Moskito hervor, fiel neben das Bett, wuchs und nahm die Gestalt eines aristokratischen jungen Mannes an. Mit einem herablassenden Lächeln sah er sich im Zimmer um. »Geblümte Tapete? Dagegen solltest du dringend etwas unternehmen, alter Freund.«
    Lucien kannte den Traum - es war einer von der Sorte, bei dem man erst in der Schule merkte, dass man keine Hose anhatte. »Verschwinde«, sagte er und presste sich das Kopfkissen aufs Gesicht.
    »Wo du es hier so nett hast? Ist das da etwa Absinth? Lucien, ich beginne, mich um dich zu sorgen.«
    Der Alb lugte unter dem Kissen hervor. »Was willst du?«
    »Aziel wünscht dich zu sehen.«
    »Er lebt also noch? Wo ist er?«
    »Im Varieté im Labyrinth. Bei der Alten Arena.«
    »Richte ihm aus, ich komme morgen.«
    »Du hast mich nicht verstanden«, sagte der Traum liebenswürdig. »Er will dich jetzt sehen. Auf der Stelle.«
    »Er kann mich mal.«
    »Ts, ts, was ist denn das für eine Ausdrucksweise? Du hörst dich schon an wie ein Mensch.«
    Lucien warf das Kopfkissen fort und stand auf. »Ich bin nicht Aziels Lakai. Ich gehe zu ihm, wann es mir passt.«
    »Er wusste, dass du das sagen würdest«, erwiderte der Traum. »Deshalb hat er einige Ghule hergeschickt, mit dem Auftrag, dich zu eskortieren.«
    » Ghule? «, fragte Lucien entgeistert.
    »Vier, um genau zu sein. Sie warten unten im Foyer.«
    »Er wagt es, mir diese stinkenden Aasfresser auf den Hals zu hetzen?«
    »So drastisch würde ich es nicht formulieren; aber ja: Genau das hat er getan.«

    »Wir haben eine Abmachung! Er darf nicht einfach über mich verfügen, als wäre ich sein Leibeigener.«
    »Ich soll dir außerdem ausrichten, dass eure Übereinkunft unter den veränderten Umständen hinfällig ist«, ließ ihn der Traum wissen.
    »So«, knurrte Lucien, »ist sie das?«
    »Aber er ist bereit, mit dir über eine neue Vereinbarung zu verhandeln. Wirst du dich nun auf den Weg machen, oder soll ich die Ghule über deine Weigerung in Kenntnis setzen?«
    »Das macht dir Spaß, was?«, erwiderte Lucien missmutig. »Du genießt das richtig.«
    »Ein gewisses Vergnügen kann ich nicht bestreiten.«
    »Wäre das alles?«
    »Ja.« Eine Zigarette erschien in den feingliedrigen Fingern, und der Traum begann, gelangweilt zu rauchen. Dann starrte er Lucien erschrocken an. »Nein, warte, da ist doch noch etwas …«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Lucien.
    Der Traum verschwamm. »Bitte, schick mich nicht wieder zurück! Du weißt nicht, wie es da drin ist. Aaaaaar …« Der junge Mann wurde wieder zu einer Blase, die schrumpfte und schließlich verschwand. Die Klappe des Moskitos schloss sich klickend. Lucien steckte das mechanische Insekt in seine Hosentasche.
    Ghule , dachte er. Ist das zu fassen?
    Er legte keinen Wert darauf, den Untoten zu begegnen, also machte er sich unauffällig, stieg aus dem kaputten Fenster und balancierte den Sims an der Außenmauer des verlassenen Hotels entlang, bis er zu einer Stelle kam, wo er hinunterklettern konnte. Es war Abend, aber immer noch viel zu hell für seinen schmerzenden Kopf, weswegen er sich für den Weg durch die Katakomben entschied. Als er die Tunnel unter dem Labyrinth erreichte, erklomm er eine rostige Leiter und gelangte in einen
heruntergekommenen Hinterhof, wo es von Ratten wimmelte. Kurz darauf betrat er das Varieté.
    In dem abgedunkelten Saal fand gerade eine Laterna-magica-Vorstellung statt. Knochenmänner erschienen auf den wallenden Rauchschwaden, Phantasmagorien aus purem Licht, die mal hierhin, mal dahin zuckten. Der Pianist spielte eine unheilvolle Melodie, während eine Stimme verkündete: »Hört, ihr Leute, was in jener Nacht in den Wäldern geschah - hört es und erschaudert!«
    Die Knochenmänner verschwanden, wurden von einem Wald überlagert. Rauch brodelte im Lichtkegel der Laterna magica, und ein Reiter tauchte zwischen den toten Bäumen auf - ein Reiter ohne Kopf. Einige Frauen schrien erschrocken auf.
    Der Rauch wallte auf, als Lucien ungesehen den Raum durchquerte. Er teilte einen Vorhang und betrat einen Gang, in dem es nach Pfeifentabak, schalem Ale und Urin roch. Ein Betrunkener torkelte ihm entgegen und glotzte ihn aus trüben Augen an.
    »Schlaf«, wisperte Lucien. Der Mann sank in sich zusammen.
    Lucien stieg über ihn hinweg, öffnete eine verklemmte Luke, kletterte eine Leiter hinab, die bei jeder

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