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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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ein Gesicht aus den Schatten auf. Er keuchte vor Schreck.
    »Komm«, sagte Quindal. »Und sei um Himmels willen leise.«
    Mit einer Mischung aus Furcht und Aufregung folgte Liam dem Erfinder tiefer in den Tunnel hinein, bis sich der Gang in einen Raum öffnete. Irgendwo sickerte trübes Licht herein und fiel auf metallene Wände, Gitterböden, hydraulische Kolbenvorrichtungen und schwarze Schächte, in denen Wasser rauschte. Nirgendwo schien es gerade Formen und Kanten zu geben; der gesamte Raum wirkte gewölbt und seltsam organisch.
    »Was ist das für ein Ort?«, flüsterte Liam.
    »Die alte Frischwasser-Pumpstation. Man nennt sie die Herzkammer. Sie ist seit Jahrzehnten außer Betrieb. Kaum jemand weiß, dass sie überhaupt existiert.«
    Erst jetzt fiel Liam auf, dass der Raum tatsächlich wie ein menschliches Herz geformt war. »Warum treffen wir uns hier und nicht in der Werkstatt?«
    »Dort sind zu viele Menschen. Zu viele Ohren, die Dinge hören, die sie nichts angehen.« Der Erfinder wandte sich ihm zu. Die spärlichen Lichtstrahlen spiegelten sich auf dem Kupfer seiner Hand. »Dein Vater ist also tot.«
    Liam nickte.
    »Wie ist es geschehen?«
    »Corvas und zwei Spiegelmänner sind gestern Morgen in
der Sternwarte aufgetaucht. Corvas hat ihn beschuldigt, in eine Verschwörung verwickelt zu sein. Als sie ihn mitnehmen wollten, hat er sich gewehrt. Dabei hat Corvas ihn getötet.«
    »Das musste ja so kommen«, sagte Quindal leise, und Liam hörte den Schmerz in seiner Stimme.
    »Sie … kannten meinen Vater?«
    Anstelle einer Antwort fragte der Erfinder: »Ist Corvas auch hinter dir her?«
    »Nein.«
    »Bist du dir da sicher?«
    Liam erzählte, wie er sich versteckt hatte, und berichtete von der Lüge seines Vaters, er habe Bradost schon vor Wochen verlassen. »Corvas scheint vorher nichts von mir gewusst zu haben. Er glaubt, ich sei in Torle. Er weiß nicht einmal, wie ich aussehe.«
    »Und wenn die Geheimpolizei eure Sternwarte beobachtet hat?«
    »Das glaube ich nicht. Sonst hätte Corvas nicht gefragt, ob mein Vater allein lebt.«
    Das schien Quindal einigermaßen zu beruhigen. »Wo wohnst du jetzt?«
    »Nirgendwo. In die Sternwarte kann ich nicht zurück.«
    »Wenn du willst, kannst du in der Werkstatt unterkommen. Bis du eine andere Bleibe gefunden hast.«
    »Danke«, sagte Liam. Er leckte sich über die trockenen Lippen. »Ist es wahr, was Corvas gesagt hat? War mein Vater wirklich in eine Verschwörung verwickelt?«
    Quindal starrte ihn an. Zahnräder surrten leise, als er seine künstliche Hand zur Faust ballte und wieder öffnete. »Ich werde dir jetzt etwas über deinen Vater erzählen - wenn du mir dein Wort gibst, mit niemandem darüber zu sprechen.«
    »Natürlich.«
    »Du verstehst mich nicht, Junge«, sagte der Erfinder barsch.
»Dies ist kein Spaß. Ein kleiner Fehler, ein unbedachtes Wort zur falschen Zeit, und es geht uns beiden an den Kragen. Dass ich überhaupt mit dir rede, liegt allein daran, dass du Fellyn Satanders Sohn bist.«
    »Was soll ich tun?«, fragte Liam verunsichert. »Etwa … schwören?«
    »Genau das. Bei deinem Leben. Und ich verspreche dir: Wenn du deinen Schwur brichst, sorge ich dafür, dass du es bereust.«
    Liam zweifelte nicht daran, dass Quindal es mit seiner Drohung ernst meinte. »Bei meinem Leben. Ich schwöre es.«
    Der Wissenschaftler nickte knapp. Der Gitterboden klapperte beunruhigend, als er einige Schritte durch die Herzkammer ging. In der Tiefe rauschte das Wasser. »Du bist noch jung. Was weißt du über die alte Republik und Lady Sarka?«
    »Sie meinen das Ende des Magistrats?«
    »Genau das.«
    Natürlich wusste Liam über diese Dinge Bescheid - so jung war er auch wieder nicht. »Sie hat den Magistrat entmachtet, nachdem sie zur Lordkanzlerin gewählt wurde. Seitdem gibt es keine Republik mehr. Sie herrscht allein über die Stadt.«
    »Vor fünf Jahren war das«, bestätigte Quindal. »Seitdem geht alles den Bach runter. Erdrückende Steuern. Hungersnöte. Keine Woche ohne Unruhen. Und überall die verdammten Spiegelmänner, die jeden ins Gefängnis werfen, der seinen Mund aufmacht. Nachdem deine Mutter gestorben war, hat dein Vater die Zustände in der Stadt nicht mehr ertragen. Er schloss sich einer Gruppe an, die plante, etwas gegen die Lady zu unternehmen. Die Männer, die er dort traf, litten genau wie er unter ihrer Willkür und der Grausamkeit ihrer Diener. Leider waren sie nur gewöhnliche Bürger. Ärzte, Handwerker oder Händler wie dein

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