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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Hause gehen und so weitermachen wie bisher«, erwiderte der Erfinder. »Und du solltest das auch tun, wenn du meinen Rat hören willst.«
    »Das kann ich nicht.«
    Quindal musterte ihn, und zum ersten Mal zeigte sich so etwas wie Mitgefühl in seinen Augen. »Mein Angebot mit der Werkstatt gilt ab sofort. Und wenn du Arbeit brauchst - ich suche immer Leute, die etwas von Blitzen verstehen.«
    »Nein, das meine ich nicht. Ich kann nicht so tun, als wäre nichts geschehen. Ich muss wissen, was mein Vater herausgefunden hat. Immerhin war es so wichtig, dass er dafür sein Leben aufs Spiel gesetzt hat.«
    »Davon rate ich dir ab. Diese Sache ist zu groß für dich.«

    »Das ist mir egal.«
    »Es wird dir nicht mehr egal sein, wenn du in einer dunklen Zelle sitzt und auf Corvas’ Folterknechte mit ihren Zangen und Messern wartest.«
    Das Bild, das Quindal damit heraufbeschwor, jagte Liam einen Schauder über den Rücken. War er wirklich bereit, dieses Risiko auf sich zu nehmen? Ja, sagte eine Stimme tief in seinem Innern, obwohl schon der Gedanke an Corvas und die Spiegelmänner neue Furcht in ihm aufsteigen ließ. Noch vor zwei Tagen hatte er ein ganz gewöhnliches Leben geführt; jetzt lag es in tausend Scherben vor ihm. Was konnte er noch anderes tun, als fortzuführen, was sein Vater begonnen hatte?
    »Dazu wird es nicht kommen«, erwiderte er. »Nicht, wenn ich vorsichtig bin.«
    »Vorsichtig bei was?«, fragte Quindal argwöhnisch.
    »Ich gehe zu Lady Sarka und hole das Buch.«
    »Und wie willst du das anstellen?«
    »Mir fällt schon etwas ein.«
    »Sei doch kein Narr!«, fuhr der Erfinder ihn an. »Kein Gebäude in Bradost wird so gut bewacht wie das Sarka-Anwesen. Dort wimmelt es von Spiegelmännern. Und einige Diener der Lady haben magische Kräfte. Nicht einmal eine Küchenschabe gelangt dort unbemerkt hinein.«
    »Ich könnte versuchen, Arbeit im Palast zu bekommen.«
    »Unmöglich. Nicht ohne Beziehungen.«
    »Ich habe Beziehungen.«
    »Wen?«
    »Sie.«
    Das verschlug Quindal die Sprache. »Ich soll dir eine Stelle im Palast verschaffen?«, fragte er schließlich.
    »Warum nicht? Sie sind der berühmteste Wissenschaftler der Welt. Jeder weiß, wie sehr Lady Sarka Ihre Arbeit bewundert. Vielleicht tut sie Ihnen den Gefallen.«

    »Du überschätzt meinen Einfluss.«
    »Sie könnten es wenigstens versuchen«, sagte Liam verärgert. »Oder sind Sie sogar dafür zu feige?«
    »Pass auf, was du sagst, Junge«, knurrte der Erfinder. »Meine Geduld hat Grenzen.«
    Liam bereute augenblicklich seine Unbeherrschtheit. Es stand ihm nicht zu, so mit Quindal zu sprechen. »Es tut mir leid«, sagte er. »Das war undankbar von mir. Sie hören mir zu und bieten mir sogar eine Unterkunft an. Und ich habe nichts Besseres zu tun, als Sie zu beleidigen.«
    »Schon gut«, erwiderte Quindal. »Du hast ja recht. Ich bin feige geworden, feige und kleinmütig. Vielleicht ist es an der Zeit, daran etwas zu ändern.«
    »Heißt das, Sie helfen mir?«, fragte Liam mit neuer Hoffnung.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann. Und jetzt lass uns gehen. Ich habe genug von diesem Loch. Ich bin ein alter Mann, und tote Herzen machen mich nervös.«

10
    Laterna Magica
    L ucien schlug widerwillig die Augen auf, als irgendwo das Signalhorn einer Schaufelbarke ertönte. Er betrachtete die modrigen Tapeten, die löchrigen Fensterläden, das Tischchen mit dem Grammofon und seine Wasserpfeife und begriff allmählich, dass er sich in einem seiner Verstecke befand. Nur in welchem? Offenbar das alte Hotel am Fluss, dem Lärm nach zu schließen. Irgendwie war er in der vergangenen Nacht hier gestrandet.
    Nach und nach fiel ihm auch alles andere wieder ein: der Harlekin in seinem Flickenanzug, das Verschwinden der Alben, sein Selbstmitleid. Diverse Flaschen neben dem Bett gaben Aufschluss darüber, was danach geschehen war. Es waren sehr viele Flaschen. Lucien stöhnte leise und beschloss, im Bett zu bleiben, bis sich sein Kopf nicht mehr anfühlte, als würde jemand von innen gegen die Schädeldecke hämmern.
    Irgendwann erklang ein metallisches Summen. Er war sich nicht sicher, ob es sich dabei um eine Begleiterscheinung seiner Kopfschmerzen handelte, also öffnete er ein Auge. Durch eines der zersplitterten Fenster flog ein Moskito herein. Kein gewöhnlicher Moskito: Dieser war so groß wie eine Kinderhand und bestand ganz aus Kupfer. Das mechanische Insekt landete auf einem Bettpfosten. Die hauchdünnen Blechflügel kamen zur Ruhe. Am Rücken

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