Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
Vom Netzwerk:
jeder Ecke Gefahr vermutete. Wenn es ihm nicht bald gelang, sich zu entspannen, machte er sich noch verdächtig.
    »Du magst Krähen nicht, was?«
    Liam hielt es für klüger, nicht darauf zu antworten.
    »Ich kann sie auch nicht leiden.« Der Rothaarige scharrte mit dem Fuß über den Boden, sodass der Vogel von einer Ladung Sand getroffen wurde. Krächzend flog er davon.
    »Ich bin übrigens Jackon«, sagte Humes Gehilfe und lächelte schüchtern.

13
    Im Reich des Madenkönigs
    G ebeine stapelten sich in den Nischen, vergilbte Schädel, Rippen und Armknochen, die bei der kleinsten Berührung zu Staub zerbröckelten.
    Lucien vermochte nicht zu sagen, wie tief unter der Stadt sie sich befanden - eine halbe Meile, vielleicht mehr. Diese Tunnel stammten aus einer Zeit, als die Menschen noch grausamen Götzen gehuldigt hatten, lange bevor Tessarion mit seinen Jüngern und Propheten über das Meer gekommen war. Bodenlose Schächte gähnten in den Gangwinkeln. Treppen verbargen sich unter Schutt und Trümmern. Gewundene Korridore öffneten sich in Gewölbesäle, erfüllt von einer Finsternis, die so alt und ewig war, dass Lampen und Fackeln dagegen machtlos erschienen.
    Niemand sprach, während sie dem Gang folgten. Hinter Lucien gingen Fay und Whisper, die bleichen Schwestern, vor ihm Aziel und Seth. Eine Flamme brannte in der geöffneten Hand des Incubus und überzog das uralte Mauerwerk mit einem orangefarbenen Schein. Nicht, dass Licht wirklich nötig gewesen wäre - sie alle konnten im Dunkeln sehen. Aber manchmal erklangen Geräusche aus der Ferne, Schritte und zischende Stimmen, die sie daran erinnerten, dass sie nicht allein waren. Und wenn die Bewohner dieser nachtschwarzen Kavernen eines hassten, dann Helligkeit.
    Trotzdem wunderte es Lucien, dass ihnen noch keine Ghule
begegnet waren, abgesehen von jenen im Keller des Varietés. Der Madenkönig duldete keine Eindringlinge in seinem Reich. »Ich habe mit ihm eine Vereinbarung getroffen«, hatte Aziel gesagt, während sie in den Schlund des Hauptsammlers hinabgestiegen waren. »Warum dann das Licht?«, hatte Lucien gefragt, jedoch keine Antwort bekommen. Seitdem rechnete er hinter jeder Ecke mit Horden von gierigen Untoten.
    Ghule … Kein Geschöpf verabscheute er mehr. Niemand wusste, woher sie kamen. Seit ein paar Jahren machten sie die Katakomben und Kanäle unsicher. Manchmal, wenn ihre Gier nach frischem Fleisch zu quälend wurde, wagten sie sich sogar an die Oberfläche und durchstreiften die nächtlichen Gassen der Grambeuge. Um die Plage einzudämmen, hatte Lady Sarka einmal eine Abteilung ihrer besten Soldaten in die Tunnel geschickt. Die eine Hälfte der Männer war Tage später schwer verletzt oder dem Wahnsinn nahe zurückgekehrt, die andere wurde bis heute vermisst. Auf weitere Expeditionen in die Unterwelt Bradosts hatte die Lady daraufhin verzichtet. Was bedeutete schon das Wohlergehen von ein paar Tausend Armen, Bettlern und Schlammtauchern gegen das Leben ihrer Soldaten?
    »Sind wir nicht bald da?«, fragte Lucien.
    »Ja«, sagte Aziel leise.
    Kurz darauf öffnete sich der Tunnel in einen unterirdischen Saal. Die Flamme in Seths Hand loderte auf, wurde fast weiß und trieb die Dunkelheit in Ecken und Winkel zurück. Mächtige Säulen in bizarren Formen tauchten auf. Eine Treppe führte in die Halle hinab.
    Ein fauliger Geruch stieg Lucien in die Nase. Verwesungsgestank. »Ghule!«, flüsterte er.
    »Nein«, erwiderte Aziel und deutete auf etwas, das am Rande des Lichtscheines lag: ein Körper.
    Die Vílen blieben am Eingang zurück, während die anderen
die Treppe hinabstiegen. Lucien war froh, die beiden schweigsamen Frauen nicht mehr hinter sich zu haben. Die Kälte, die sie verströmten, ließ ihn schaudern.
    Neben dem Körper ging er in die Hocke. Ein Alb, der bereits so stark verwest war, dass die Knochen zum Vorschein kamen. Seine Hornmaske lag in zwei Teile zerbrochen neben ihm, ebenso die Lanze. In der Nähe entdeckte er noch mehr Leichen, insgesamt vier. Lucien verspürte einen schmerzhaften Stich. Ein toter Alb war kein alltäglicher Anblick. Normalerweise lebten Lucien und Seinesgleichen ewig.
    Seth ließ mehrere Feuersäulen entstehen, woraufhin flackerndes Licht den Felsendom erhellte. Lucien blickte hinauf zu den Ketten, die wie riesige Wurzelfäden von der Decke hingen. Die Kugel, die sie hundert Jahre lang gehalten hatten, lag zersplittert auf dem steinernen Podest.
    Ein schreckliches Gefängnis , dachte er. Kein Wunder, dass

Weitere Kostenlose Bücher