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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Stampfen deuteten darauf hin, dass sie sich unter dem Kessel befanden.
    »Wie weit ist es noch?«, erkundigte sich Lucien.
    »Ein paar Minuten. Hab Geduld.«
    Vivana und ihr Vater bildeten den Schluss der kleinen Schar. Der Erfinder hatte kein Wort gesagt, seit sie in die Unterwelt hinabgestiegen waren.

    Vivana konnte sich denken, was in ihm vorging. Seine schlimmsten Befürchtungen waren eingetreten: Er war jetzt ein gesuchter Verbrecher, ein Feind Bradosts wie sie alle, und würde nie wieder in seiner geliebten Werkstatt arbeiten können. Auf einen Schlag hatte er alles verloren, sein Haus, seinen gesamten Besitz, seinen guten Ruf. Und ich bin schuld , dachte Vivana, aber das war nur ein alter Reflex, dem sie keine Beachtung schenkte. Selbst wenn sie Liam nicht geholfen hätte, wäre Lady Sarka Liam und ihrem Vater früher oder später auf die Schliche gekommen, denn gegen ihre übermächtige Geheimpolizei und ihre verbissene Entschlossenheit, jeden Gegner zu vernichten, hatte niemand eine Chance.
    Sie hakte sich bei ihm ein und wünschte, sie könnte ihn irgendwie aufmuntern, ihm Trost spenden, doch was sagte man jemandem, dessen ganzes Leben gerade zerstört worden war?
    Sie stiegen eine Treppe aus rostigen Gitterplatten hinab, die so heftig knirschte und knarrte, dass Vivana fürchtete, sie könnte jeden Moment zusammenbrechen. Wider Erwarten kamen sie wohlbehalten unten an und gelangten in einen Tunnel, der anders beschaffen und wesentlich sauberer war als der Abwasserkanal. Ein alter Versorgungsgang, vermutete Vivana.
    Nach etwa hundert Schritt sagte Godfrey: »Wir sind da.«
    Liam hob seine Lampe. Ein Tor schälte sich aus der Finsternis und glitzerte im Licht. Es bestand ganz aus Stahl und Messing und war so massiv und prachtvoll verschnörkelt wie ein Kirchenportal.
    Godfrey ging zu einer kleinen Messingplatte an der Tunnelwand. Sein Zeigefinger verwandelte sich in Aetherdampf, von dem ein winziger Teil in das Loch in der Platte strömte. Hydraulische Riegel und Schnappbolzen bewegten sich und sonderten zischend Dampf ab, bevor das Tor langsam aufschwang.
    Lampen flammten auf und erhellten einen riesigen Saal, einen unterirdischen Dom.

    »Herzlich willkommen in meinem Heim«, sagte Godfrey.
    Vivana war sprachlos, als sie den Saal betrat. Sie hatte mit einem schmutzigen Schlupfwinkel gerechnet, mit einem schäbigen Loch irgendwo in den Kanälen, in dem sich Godfrey seit Jahren verstreckte – nicht damit . Der Dom war so hoch, dass das Haus ihres Vaters hineingepasst hätte. Simse und elegante Streben verliefen an den Ziegelsteinmauern und trugen die kuppelförmige Decke. Und überall standen Maschinen. Seltsame Apparate aus Kupfer, Eisen und Messing, durch Rohre und Drahtbündel miteinander verbunden. Manche klickten und surrten leise, andere standen still. Irgendwo knisterte ein gefangener Blitz in einer Rauchglasröhre. Vivana hatte nicht die geringste Vorstellung, welchem Zweck diese Gerätschaften dienten.
    »Die meisten helfen mir dabei, die Tunnel in der Umgebung zu überwachen«, erklärte Godfrey, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Ein paar sind dazu da, mir das Leben hier unten ein wenig angenehmer zu machen.«
    Staunend schauten sich die Gefährten um.
    »Bitte nichts anfassen«, sagte der Aethermann, gerade als Liam die Hand nach einem teleskopartigen Gestänge ausstrecken wollte.
    »Hier versteckst du dich also seit deinem Unfall«, meinte Vivanas Vater.
    »Hier wohne ich.«
    »Was war das früher? Eine Zisterne?«
    »Ein Hauptsammler. Ich habe ihn gesäubert und umgebaut, nachdem er stillgelegt wurde.«
    »Ich bin beeindruckt, Godfrey«, sagte der Erfinder, während er sich umblickte. »Wirklich beeindruckt.«
    »Die ganzen Apparate«, sagte Vivana, »hat er die von dir?«
    »Die meisten habe ich geplant. Aber gebaut hat er sie selbst. Er ist einer der geschicktesten Ingenieure, die ich kenne.«

    Godfrey legte einen Hebel um, und das Tor schloss sich.
    Warmes Licht ließ die Apparate und ihre Kolben, Kessel und Rohre schimmern wie geschliffener Porphyr. Godfrey führte sie zu einer geräumigen Nische, die so gemütlich wie eine Wohnstube eingerichtet war. Ledersessel standen um einen geschnitzten Tisch, Vitrinen enthielten Weingläser und Porzellangeschirr, es gab sogar einen Kamin. Eine Standuhr tickte leise vor sich hin. Die Wände waren mit Holz verkleidet, und Vorhänge aus schwerem Tuch hingen vor den Durchgängen zu weiteren Räumen. Eine eiserne Treppe führte zwischen den

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