Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen
Madalin und legte ihr die Hände auf die Schultern. Dann drückte er sie an sich. Vivana war so glücklich über diese unerwartete Rettung, dass sie gleichzeitig lachen und weinen musste. Nacheinander umarmte sie auch Nedjo, Jovan und Sandor und hätte sie am liebsten nie wieder losgelassen. Die Verzweiflung, die sie noch vor ein paar Minuten verspürt hatte, war vergessen.
»Ich nehme an, das ist der Alb, von dem du geschrieben hast«, sagte Madalin mit Blick auf Lucien.
»Ja.« Vivana bemerkte den Respekt in den Gesichtern der vier Männer. Die Manusch begegneten den Geschöpfen der Schattenwelt seit jeher mit großer Ehrfurcht. »Ihr könnt ihm vertrauen. Er ist mein Freund.«
Ihre Verwandten und Lucien begrüßten einander mit einem
Kopfnicken. Ihren Vater dagegen beachteten die Manusch nicht. Sie mochten ihn nicht sonderlich – was auf Gegenseitigkeit beruhte. Er bedankte sich mit keinem Ton für seine Rettung.
Die Manusch waren nicht nur mit Messern bewaffnet. An ihren Gürteln hingen handliche Armbrüste und Bolzentaschen; Nedjo trug außerdem einen Säbel. »Vielleicht müssen wir uns den Weg nach draußen freikämpfen«, sagte Madalin und drückte Vivana seine Armbrust in die Hand. »Kannst du damit umgehen?«
»Ich weiß, wie man mit einer Pistole schießt.«
»Eine Armbrust funktioniert genauso. Zielen und abdrücken. Ganz einfach.«
Nachdem Lucien und ihr Vater jeweils ein Messer bekommen hatten, verließen sie die Zelle und eilten im Licht von Nedjos Fackel durch die gewundenen Tunnel. Die Wände glitzerten feucht, und die Luft war stickig und heiß. Sie trafen keine Wachen; offenbar schliefen alle Bewohner der Burg ihren Rausch aus. Auf ihrem Weg durch die Gänge sahen sie lediglich einen vierbeinigen Krieger. Der Dämon lag tot in einem Winkel, durchbohrt von mehreren Armbrustbolzen.
»Wenn dich ein Dämon angreift, ziel immer auf den Kopf«, erklärte Madalin Vivana leise. »Alle anderen Treffer richten kaum etwas aus und machen sie nur wütend.«
Sie kamen zu der Öffnung, die zur Halle führte. Flackernder Feuerschein fiel durch das Loch, zu dem sich eine Rampe emporwand. Alles war still. Die Dämonen schienen tatsächlich zu schlafen.
Am Fuß des Aufgangs stand Tante Livia, die Arme vor der Brust verschränkt.
Vivana sah ihren Gesichtsausdruck und schluckte. Madalin hatte gehörig untertrieben: Die Wahrsagerin war nicht nur verärgert, sie kochte vor Wut.
Vivana konnte ihr nicht in die Augen schauen. »Hallo, Tante Livia«, murmelte sie. »Danke, dass du gekommen bist.«
»Hallo und danke?«, erwiderte die Manusch. »Ist das alles, was du zu sagen hast?«
Vivana ahnte, dass es mit einer Entschuldigung nicht getan sein würde. Sie musste es trotzdem versuchen. »Es tut mir leid, dass ich dich angelogen habe. Ich hätte das nicht tun dürfen.«
»Angelogen? Du hast mich hintergangen!«
»Liam hat meine Hilfe gebraucht. Ich konnte ihn nicht allein gehen lassen. Versteh das doch.«
»Nein, ich verstehe das nicht. Du hast von mir verlangt, dass ich ihm javva gebe, obwohl er kein Manusch ist. Ich habe zugestimmt, weil ich dachte, ich könnte dir vertrauen und du würdest tun, was ich sage. Aber offensichtlich habe ich mich in dir getäuscht. Hattest du überhaupt je vor, dein Versprechen zu halten? Oder hast du mir ins Gesicht gelogen und dir gedacht: ›Dumme Tante Livia, sie merkt es sowieso nicht‹?«
»So denke ich nicht von dir. Wirklich nicht.«
»Und dann die Sache mit dem Brief«, fuhr Livia fort und zog das zerknitterte Stück Papier mit Vivanas Nachricht aus der Tasche. »Erst missbrauchst du mein Vertrauen, und dann hast du nicht einmal den Mut, es mir ins Gesicht zu sagen. Ich bin enttäuscht von dir. Sehr enttäuscht.«
Vivana fühlte sich elend. »Ich wollte es dir ja sagen. Aber es war schon so spät. Ich musste weg, sonst hätte ich den Zeitpunkt verpasst, als sich das Tor öffnete.«
»Erspar mir deine Ausreden. Du hattest den ganzen Tag Zeit.« Livia zerriss den Brief und warf die Fetzen weg. »Ich frage mich, warum ich überhaupt hier bin. Ich hätte dich das alles allein ausbaden lassen sollen. Verdient hättest du es.«
Nedjo trat neben Vivana. »Hat das nicht bis später Zeit?«, meinte er unwirsch. »Wir sind in einer Burg voller Dämonen, schon vergessen? Wir sollten lieber zusehen, dass wir …«
Livia musste den jungen Manusch nur ansehen, damit er eingeschüchtert verstummte.
Vivana hob den Kopf. »Kann ich etwas tun, um es wiedergutzumachen?«,
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