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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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erschöpft, um etwas anderes zu empfinden als bleierne Müdigkeit.
    Er wusste nicht, wie lange er dalag, umgeben vom Zwielicht des Albenpalasts. Irgendwann erinnerte er sich an das Versprechen, das er Lady Sarka gegeben hatte. Als er sich kräftig genug fühlte, ihr Seelenhaus aufzusuchen, stand er auf und schleppte sich zum Tor des Palastes.
    Er trat vor die Mauern, wo der ewige Wind an seinen Kleidern zerrte, schloss die Augen und dachte an ihr Gesicht, an ihre Stimme, ihre Art zu lächeln. Dann sprang er – und landete vor dem eindrucksvollsten Seelenhaus, das er je gesehen hatte.
    Es stand auf einem Hügel, auf dessen Hängen verkrüppelte Pflanzen wuchsen, und ähnelte ihrem Anwesen in Bradost – nur dass es weitaus düsterer und beklemmender erschien. Es war das größte Seelenhaus weit und breit.
    Jackon erinnerte sich daran, wie Lady Sarka ihm am Anfang seiner Ausbildung verboten hatte, hierherzukommen. Er schluckte. Dann öffnete er das Gittertor in der Palastmauer und folgte dem gewundenen Pfad zum Anwesen hinauf.
    Schon von Weitem hörte er das Wispern der Träume und sah ihren verwirrenden Reigen aus Bildern, Farben und Gesichtern
in den Fenstern. Also schlief Lady Sarka, zum ersten Mal seit langer Zeit.
    Vorsichtig öffnete er die Tür und trat ein. Augenblicklich umfingen ihn Träume, doch sie wirkten seltsam kraftlos, als wären sie noch nicht richtig zum Leben erwacht. Es dauerte nicht lange, bis er Lady Sarkas Seele fand. Er schritt durch die Zimmer und Flure und entdeckte sie schließlich in einem dunklen Abbild des Kuppelsaales.
    In den Träumen war sie noch Ehrfurcht gebietender als in der Wachwelt. Wie eine Göttin der Nacht stand sie inmitten der wirbelnden Schatten, bleich und schön und mit einem kalten Glitzern in den Augen. Jackon hatte schon viele Seelen gesehen, aber noch nie eine, die so viel Macht verströmte. Doch das war nicht alles, was sie von gewöhnlichen Seelen unterschied: Feuer umgab sie, liebkoste ihre Haut und vermengte sich mit den Schatten, und Jackon war, als könne er Gesichter in den züngelnden Flammen erkennen, Augen und Münder, die aufblitzten und wieder verschwanden.
    »Herrin«, sagte er und verneigte sich. »Ich habe getan, was Ihr befohlen habt. Aziel ist besiegt.«
    Ihre Reaktion enttäuschte ihn ein wenig. Sie nickte nur. Kein Wort des Dankes, keine Geste der Anerkennung. »Bring mich zu seinem Palast.«
    »Ihr könnt mir glauben. Er ist fort und wird nie mehr zurückkommen. «
    »Nicht deswegen, du Narr«, herrschte sie ihn an. »Du sollst mich zu seinem Thron führen, damit ich mir hole, was mir zusteht. «
    Jackon blinzelte. Erst nach einem Moment begriff er, worauf sie hinauswollte. »Ihr … wollt über die Träume herrschen?«, fragte er entgeistert.
    »Die Ära der Schattenwesen ist vorbei. Es ist an der Zeit, dass wir Menschen die Träume regieren.«

    »Warum sagt Ihr mir das erst jetzt?«
    »Du bist mein Diener«, erwiderte sie barsch. »Ich bin dir keine Erklärung schuldig.«
    »Aber Ihr könnt die Träume nicht allein beherrschen. Niemand kann das. Nicht einmal Aziel hat das geschafft. Seht Euch doch um. Alles geht kaputt …«
    »Ich bin die Einzige, die die Macht hat, die Stadt der Seelen wiederherzustellen. Außerdem bin ich nicht allein. Ich habe dich.«
    Bestürzt blickte er zu ihr auf. Sie hatte recht – sie war ihm keine Erklärung schuldig. Trotzdem fühlte er sich hintergangen.
    Ihm kam ein aufrührerischer Gedanke: Was, wenn er sich einfach weigerte, sie zum Palast zu bringen? In den Träumen war schließlich er derjenige, der die Macht besaß. Ohne seine Unterstützung war sie hilflos und konnte nicht einmal ihr Seelenhaus verlassen.
    Als hätte sie seine Gedanken gelesen, lächelte sie plötzlich. »Es tut mir leid, Jackon. Ich war ungerecht zu dir. Aber ich konnte dir meine Pläne nicht offenbaren. Die Gefahr war zu groß, dass meine Feinde davon erfahren hätten.«
    »Ich hätte sie schon niemandem verraten.«
    »Ich weiß. Du bist verlässlich und verschwiegen. Aber ich konnte nicht vorhersagen, wie der Kampf gegen Aziel ausgeht. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn er gewonnen hätte.«
    »Trotzdem hättet Ihr mich nicht anlügen dürfen«, erwiderte er halbherzig.
    »Hör zu, Jackon«, sagte sie. »Meine Herrschaft über Bradost ist ständig in Gefahr. Überall wimmelt es von Rebellen und Attentätern, die mir nach dem Leben trachten. Deswegen muss ich über die Träume herrschen – um meine Macht ein für alle Mal zu festigen,

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