Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
aufrichten konnte. Auch Lucien stürzte in den Nahkampf, tauchte unter Schwerthieben hindurch und stieß seine Dolche in vertrocknete Leiber. Vivana kam ihm zu Hilfe, schlug einer Mumie den Arm ab und trat ihr so fest gegen die Hüfte, dass sie rückwärts den Geröllhaufen hinunterfiel.
Den Untoten, der sich ihr von der Seite näherte, bemerkte sie zu spät. Eine Säbelklinge schrammte über ihren Arm und schlitzte das Tuch des Überwurfs auf. Vivana schlug die Waffe zur Seite, ehe der Untote nachstoßen konnte, doch der Schwung ihrer unhandlichen Klinge ließ sie das Gleichgewicht verlieren. Sie strauchelte, ihr Gegner griff nach ihrer Kehle und drückte zu.
Die Untoten mochten langsam und ungeschickt sein, ihre Körperkraft dagegen war weit größer als die eines Lebenden. Vivana bekam keine Luft mehr, als die Knochenfinger ihren Hals umklammerten. Sie rammte dem Geschöpf das Knie in den Bauch, richtete damit jedoch nicht das Geringste aus. Im nächsten Moment lag sie auf dem Schutt und kämpfte dagegen an, das Bewusstsein zu verlieren, während der Untote immer fester zudrückte.
Das Klirren der Waffen, das Geschrei ihrer Freunde, all das sank zu einem Flüstern in der Ferne herab. Der Schmerz in ihren Lungen, eben noch so intensiv, dass er ihr Denken auslöschte, verschwand plötzlich, und sie sah die ledrige Fratze des Untoten, die klaffenden Augenhöhlen und die gelben Zahnstümpfe mit einer seltsamen Klarheit.
Diese Qual ... Er kämpft dagegen an. Er will das nicht tun.
Plötzlich lockerte sich der Griff um ihre Kehle. Ihr Vater versetzte der Mumie einen Schlag mit seiner mechanischen Hand, und als sie taumelte, packte er sie und schleuderte sie vom Schutthaufen.
Keuchend rang Vivana um Atem. Sie rollte sich herum, stützte sich auf dem scharfkantigen Geröll ab, versuchte aufzustehen, hustete. Rote Sterne platzten vor ihren Augen.
Liam half ihr auf. »Bist du verletzt?«
Sie blinzelte, als der Schwindel sie schwanken ließ. Schüttelte den Kopf. »Haben wir sie vertrieben?«
»Ich glaube nicht. Sie formieren sich neu.«
Vivana sah, dass ihre Freunde fünf oder sechs Mumien vernichtet hatten. Die übrigen hatten sich vom Schutthaufen zurückgezogen und standen reglos da.
Vivanas Blick glitt zu Mahoor Shembar auf der Empore. Die Schatten schienen sich um den Untoten zu verdichten, und ihr war, als starre er sie an.
»Das ist unsere Chance«, sagte Lucien. »Lauft!«
Er hatte die Worte noch nicht zu Ende gesprochen, als eine neue Woge dunkler Macht durch die Halle rollte. Die Untoten setzten sich in Bewegung und erklommen abermals den Trümmerhaufen, und aus den Tunneln kamen neue hinzu, die schwankend zur Mitte des Saales strömten.
Es waren mehr als doppelt so viele wie zuvor.
Vivanas Vater hatte seine Pistole nachgeladen und schoss die ersten beiden nieder. Liam schwang seine Hakenlanze, Vivana ihr Schwert. Lucien tanzte wie ein tödlicher Schatten zwischen den welken Leibern und schlitzte Kehlen und Brustkörbe auf. In den ersten Minuten des Kampfes vernichteten die Gefährten mehr als ein halbes Dutzend Mumien. Wenn man auf die richtigen Stellen zielte, war es nicht schwer, die uralten Körper zu zerstören, und solange man wachsam und vorsichtig war, konnte man ihren langsamen und ungeschickten Angriffen leicht entgehen. Gleichwohl begriff Vivana, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen konnten, denn neben ihrer großen Anzahl besaßen die Untoten einen tödlichen Vorteil: Sie kannten keine Erschöpfung. Dank Mahoor Shembars böser Macht, die sie beseelte, konnten sie kämpfen und kämpfen, ohne jemals müde zu werden, während Vivana und ihre Gefährten bereits nach wenigen Minuten spürten, wie ihre Glieder allmählich schwer wurden. Jeder Schwerthieb zehrte von ihren Kräften, und die trockene und stickige Luft des unterirdischen Gewölbes ließ ihre Kehlen austrocknen.
Und die Untoten gönnten ihnen keine Pause. In immer neuen Wellen griffen sie an und kletterten zur Kuppe des Schutthügels, wo die Waffen der Gefährten sie erwarteten. Mahoor Shembar schien es gleichgültig zu sein, wie viele seiner Kämpfer fielen. Vivana begriff, dass er die Absicht hatte, sie mit der bloßen Übermacht seines Gefolges zu erdrücken.
»Wir brauchen Feuer«, keuchte Lucien, während er einem plumpen Schwerthieb auswich und dem Untoten gegen die Brust trat. »Wir müssen sie verbrennen. Die Lampe, Liam! Versuch, sie irgendwie als Waffe einzusetzen.«
Vivanas Vater nahm die Hakenlanze an sich und
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