Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
schmiegte sich an ihn, und er spürte, wie sehr sie sich nach seiner Berührung gesehnt hatte.
Eine Weile saßen sie schweigend da — und plötzlich erinnerte die Situation an die Nacht in Godfreys Versteck, als sie zu ihm gekommen war und er sie bitten musste, wieder zu gehen, weil er ihre Nähe nicht ertragen hatte. Diesmal war es anders, doch woher sollte Vivana das wissen? Behutsam löste sie sich von ihm, obwohl er spürte, dass sie nichts lieber getan hätte, als bei ihm zu bleiben.
»Ich sollte jetzt gehen. Schlaf gut.«
Sie küsste ihn und stand auf.
»Nein. Warte«, sagte er. »Bleib noch ein bisschen.«
»Bist du sicher?«
»Ja. Wirklich.«
Sie setzte sich wieder, achtete jedoch darauf, ihm nicht zu nahe zu kommen.
Er hatte genug. Genug davon, dass er sie ständig verunsicherte, dass sie sich immerzu von ihm zurückgestoßen fühlte. All das waren Nachwirkungen seiner Besessenheit, doch er war nicht länger bereit, damit zu leben. Wozu hatten sie den Dämon vernichtet, wenn das bösartige Geschöpf nach wie vor Macht über ihn besaß?
Er legte seine Hände auf ihre Wangen und küsste sie.
Sie blickte ihn an. Fragend. Verwirrt.
»Es ist in Ordnung«, sagte er.
Er glaubte das Blitzen eines Lächelns in ihren Augen zu sehen, als sie zu ihm unter seine Decke schlüpfte. Er spürte die Wärme ihres Körpers, das Pochen ihres Herzens.
Plötzlich erfüllte ihn ein tiefes Gefühl der Geborgenheit. Wenn er an die vergangenen Tage dachte, erschienen sie ihm wie ein einziger Albtraum — ein Albtraum, der endlich vorbei war. Nach der Vernichtung des Dämons war er so voller Selbsthass und Selbstmitleid gewesen, dass er gedacht hatte, Vivanas Zuneigung zu ihm wäre eine unerträgliche Last. Dabei war sie das Heilmittel, das er nach dem Grauen des Pandæmoniums so dringend brauchte. Alles, was er hatte tun müssen, war, aus seinem Kokon zu kriechen und Vertrauen zu haben — Vertrauen zu ihr.
»Bleib heute Nacht bei mir«, sagte er.
»Mach ich«, murmelte sie müde.
Arm in Arm schliefen sie ein.
12
Alte und neue Pläne
R uac war der Erste, der etwas bemerkte. Er hob den Kopf und züngelte. Kurz darauf kam Lucien herein. »Da bist du ja«, sagte Vivana. »Wir haben uns schon Sorgen gemacht.«
»Als ich gegangen bin, habt ihr alle noch geschlafen. Ich wollte euch nicht wecken.« Der Alb stellte einen Sack auf den Boden. »Hier. Ich dachte, ich besorge uns Frühstück.«
Vivana öffnete den Sack. Als sie den Inhalt begutachtete, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Brot. Käse. Hartwurst. Äpfel. Trauben. Fleisch. Karotten. Gurken. Genug für alle und genug für mehrere Tage. »Wo hast du das her?«
»Vom Hafenviertel. Da ist heute Morgen Markt.«
»Aber wir hatten doch gar kein Geld mehr.«
Er blickte sie strafend an.
Du hast es gestohlen«, stellte sie fest und runzelte die Stirn. »Hast du nicht deine Kräfte verloren?«
»Auch so bin ich immer noch ein ganz passabler Dieb. Jetzt esst, bevor Ruac euch alles wegschnappt.«
Beim Anblick der Speisen wurde Ruacs Hals immer länger. Vivana warf ihm ein Stück Fleisch hin, damit er Ruhe gab, und machte sich mit ihren Freunden über die unerwartete Mahlzeit her. Ihr war, als hätte sie seit Wochen nichts Anständiges gegessen. All ihre Sinne waren aufs Äußerste gespannt, auf eine angenehme Art, und der Geschmack des frischgebackenen Brots und der Äpfel explodierte geradezu in ihrem Mund. Mit Liam, der neben ihr saß, tauschte sie ständig verstohlene Blicke, ein Lächeln, eine Berührung. Nedjo und Sandor grinsten schon die ganze Zeit. Sie wussten genau, was vor sich ging, aber das war ihr egal. Sie war glücklich.
Godfrey war der Einzige, der nichts aß. Schon den ganzen Morgen war er verschlossen und noch wortkarger als sonst. Er saß ein wenig abseits der Gruppe und blätterte mit gerunzelter Stirn in einer Mappe. Ihr fiel wieder ein, dass es sich dabei um seine Akte handelte, die er aus dem Archiv der Geheimpolizei mitgenommen hatte.
»Und, steht was Interessantes drin?«, erkundigte sich Lucien beiläufig.
»Nur Lügen«, erwiderte Godfrey kurz angebunden, stand auf und warf die Akte in den Wasserkanal.
Vivanas Vater aß den letzten Bissen seines Brots und rieb seine Hände aneinander, um sie von Krümeln und Mehl zu reinigen. »Wir müssen uns überlegen, wie wir jetzt weiter vorgehen. Irgendwelche Vorschläge?«
Madalin wollte etwas sagen, aber es kostete ihn offenbar große Überwindung. »Ich habe heute Morgen eine Entscheidung
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