Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
anscheinend nicht. Bei Großeinsätzen weit entfernt von Suuraj braucht sie offenbar die Zustimmung des Rates. Jetzt muss sie eine Versammlung einberufen und hoffen, dass sie die anderen umstimmen kann.«
»Kriegt sie das hin?«
»Schwer zu sagen. Die Astrophilosophen stehen wohl auf ihrer Seite. Aber die Priesterschaft des Assamira kann sie nicht einschätzen, und der Befehlshaber der Aeronauten ist eindeutig gegen sie. Er war es auch, der das Verbot erwirkt hat.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Wir müssen ihr helfen. Deshalb bleibst du in Suuraj.«
»Ich?«, fragte Jackon verblüfft. »Wieso?«
»Weil ich das Gefühl habe, dass Jerizhin bald einen Traumwanderer gebrauchen kann.«
»Aber meine Kräfte sind weg, das weißt du doch!«
»Lüg mich nicht an«, sagte Lucien streng. »Meine Fähigkeiten kehren allmählich zurück. Und ich weiß, dass es dir genauso ergeht.«
Jackon fühlte sich ertappt. Ja, seine Kräfte erholten sich tatsächlich; seit gestern spürte er, dass sie langsam erwachten, wie Knospen nach einem langen und harten Winter. Er hatte mit niemandem darüber gesprochen, denn er stand seiner Gabe nach wie vor sehr zwiespältig gegenüber. Gewiss, sie verlieh ihm große Macht, doch bis jetzt hatte er es nicht verstanden, sie sinnvoll zu nutzen. Manchmal wünschte er, er hätte sie für immer verloren.
»Ist es nicht so?«, hakte Lucien nach.
»Ja«, gab Jackon widerwillig zu. »Aber meine Kräfte sind noch sehr schwach. Es wird mindestens eine Woche dauern, bis ich sie wieder richtig einsetzen kann.«
»Das glaube ich nicht. Noch ein oder zwei Tage, und du bist wieder auf dem Damm.«
»Wieso hilfst du Jerizhin nicht?«
»Ich kann hier nichts ausrichten. Außerdem brauchen mich die anderen in Ilnuur. Also, bist du einverstanden?«
»Was genau soll ich machen?«, fragte Jackon.
»Mit Jerizhin und Vorod zur Ratssitzung gehen. Die Augen offen halten. Die Ratsleute beobachten. Wenn Jerizhin nicht weiterkommt, versuchst du, ihr zu helfen.«
»Und wie?«
»Dir fällt schon etwas ein. Komm. Sagen wir den anderen Bescheid.«
Als Lucien bemerkte, dass Jackon ihm nicht folgte, blieb er stehen. »Was ist?«
»Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.«
»Unsinn. Du schaffst das schon.«
»Das meine ich nicht. Es ist wegen meiner Gabe. Sie hat mir bis jetzt nichts als Arger eingebracht. Ich ... ich will kein Traumwanderer mehr sein«, fügte Jackon zögernd hinzu.
Lucien schwieg lange, ehe er erwiderte: »Was meinst du, wie oft ich mir gewünscht habe, ich wäre ein Mensch? Trotzdem bin ich ein Alb geblieben. Wir können uns nun einmal nicht aussuchen, was wir sind. Also müssen wir zusehen, dass wir das Beste daraus machen. Du bist ein Traumwanderer, Jackon, ob es dir gefällt oder nicht. Aber jetzt hast du die Chance, deine Kräfte für etwas Sinnvolles einzusetzen. Lass sie dir nicht entgehen, nur weil du Angst hast.«
Leichter gesagt als getan,
dachte Jackon niedergeschlagen, schob die Hände in die Hosentaschen und folgte Lucien zu den anderen.
»Können wir?«, fragte Khoroj, als Vivana und Liam ihr Gepäck seinen Leibwächtern reichten, die es in der Gondel der
Jaipin
verstauten.
Vivana nickte. »Wir sind so weit.«
»Viel Glück«, sagte Jackon. »Seid vorsichtig.«
Während sich Vivana von ihm und Jerizhin verabschiedete, starteten die Motoren des Luftschiffs. Ihr Vater, Khoroj und Liam stiegen ein.
Plötzlich erklang das Läuten einer Glocke.
Verwundert wandte Vivana sich um und sah mehrere Soldaten im Laufschritt die Treppen heraufkommen. »Was ist denn los?«
»Dämonen!«, stieß Jerizhin hervor.
Im nächsten Moment herrschte auf der Plattform heillose Aufregung. Jerizhin gab einem Offizier Befehle und eilte mit den Soldaten zur Brüstung. Von den Magistratsgebäuden kamen noch mehr Bewaffnete. Auf einem Turm in der Nähe luden zwei Kanoniere hektisch ein Geschütz.
Vivana und Jackon liefen um die
Jaipin
herum. Jetzt konnten sie sehen, was den Alarm ausgelöst hatte: ein geflügelter Schemen, der sich von Norden näherte. Noch war er weit entfernt, aber so schnell, wie er flog, würde er das Stadtfloß in wenigen Minuten erreicht haben.
Die Soldaten gingen hinter der Brüstung in Deckung und legten mit ihren Gewehren an.
Vivana hielt den Atem an, als eine ganz und gar unvernünftige Hoffnung in ihr aufstieg.
Konnte das wirklich sein?
Sie kniff die Augen zusammen.
Ja. Eindeutig.
Wie war das nur möglich?
Sie rannte zu Jerizhin.
Der Offizier brüllte etwas,
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