Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
auf, sodass man für einige Augenblicke vor den Fenstern nur ockerfarbene Schlieren sah, bevor die
Jaipin
sanft aufsetzte und die Motoren verstummten.
In Suuraj hatten sich die Gefährten mit Ausrüstung aller Art und passender Kleidung eingedeckt. Sie schlüpften in weiße Überwürfe, wie sie die Wüstenbewohner trugen, schlangen sich zum Schutz gegen die Sonne Tücher um Kopf und Hals und schulterten Rucksäcke, die Werkzeug, Seile, Lampen und reichlich Wasser enthielten. Vivanas Vater schob sich außerdem eine doppelläufige Pistole hinter den Gürtel, während Liam eine Hakenlanze und Vivana einen Dolch an sich nahmen.
»Ich schlage vor, dass Vorods Männer hierbleiben, während wir uns in der Stadt umsehen«, sagte der Erfinder. »Ich will die
Jaipin
nicht unbewacht zurücklassen.«
»Einverstanden«, erwiderte Lucien. »Aber bevor wir uns auf die Suche nach Shembar machen, verschaffe ich mir einen Überblick über die Lage. Ich habe keine Lust, hier dasselbe Desaster zu erleben wie in dem Handelsposten.«
Vivanas Vater öffnete die Luke der Gondel, und trockenheiße Luft schlug ihnen entgegen. Lucien kletterte hinaus und huschte über den Platz. Bevor er zwischen den Ruinen verschwand, bemerkte Vivana, dass er sich unauffällig machte.
Nach einer Stunde kehrte er zurück.
»Keine Dämonen weit und breit«, berichtete er. »Die Stadt ist so verlassen wie ein Friedhof.«
Die Gefährten stiegen aus der Gondel.
»Du hast ja deine Kräfte wieder«, sagte Vivana.
»Nur die Unauffälligkeit. Die anderen sind noch ziemlich schwach.«
»Irgendeine Spur von Shembar?«, fragte Vivanas Vater.
»Nein, aber ich habe auch nicht danach gesucht«, antwortete Lucien. »Es würde mich wundern, wenn er sich hier oben in den Ruinen aufhält. Untote mögen kein Sonnenlicht.«
»Du meinst, er versteckt sich unter der Erde, so wie die Ghule?«, fragte Liam.
»Die meisten größeren Gebäude scheinen Keller zu haben. Möglich, dass die ganze Stadt wie Bradost von Katakomben und alten Abwasserkanälen untertunnelt ist. Dort sollten wir suchen. Ich habe etwas gesehen, das ein Zugang sein könnte.«
Sie folgten dem Alb zu einer Prachtstraße, die, gesäumt von den Überresten imposanter Paläste, zu einem der Tore Ilnuurs führte. Der Marsch durch die Geisterstadt war eine beklemmende Erfahrung. Abgesehen von dem Wind, der klagend um Dächer und Turmspitzen heulte und Staubschwaden vor sich hertrieb, war es vollkommen still. Trotzdem fühlte Vivana sich beobachtet, als sie zu den schwarzen Fenstern der Ruinen aufblickte.
Wir sind hier nicht allein, vergiss das nicht. Irgendwo in diesen Gemäuern haust Mahoor Shembar, und er ist alt und böse.
Die Gebäude, an denen sie vorbeikamen, besaßen eine Architektur, die sich grundlegend von der Bradosts unterschied. Die gewöhnlichen Wohnhäuser waren einstöckig und glichen einfachen Quadern mit meist einem Eingang und einer Treppe, die an der Außenseite zum Dach hinaufführte. Viele waren beinahe vollständig von Wüstensand bedeckt. Die größeren Paläste und Tempel besaßen fast alle einen zentralen achteckigen Kuppelbau, den verschachtelte Nebentrakte umgaben. Vor den Toren standen Säulen und Statuen von Panthern mit Flügeln und Skorpionschwänzen, vom ewigen Wind abgeschliffen und ihrer Konturen beraubt. Alles war aus rostrotem Gestein erbaut, was die Atmosphäre von Verfall und unvorstellbarem Alter noch verstärkte.
Vivana hatte sich gefragt, wie eine Stadt mit einst Tausenden von Einwohnern in solch einer menschenfeindlichen Gegend existieren konnte. Während sie mit ihren Gefährten die Straße entlangging, gewann sie den Eindruck, dass dieses Land nicht immer eine Wüste gewesen war. Aquädukte und Brunnen deuteten darauf hin, dass es einst Wasser im Überfluss gegeben hatte, und verwitterte Reliefs an den Tempelmauern zeigten herrliche Landschaften mit Ackern, Wiesen und kleinen Wäldern.
Sie konnte nur Vermutungen darüber anstellen, was hier geschehen war. Hatten die Menschen Ilnuur aufgegeben, nachdem der Phönix verschwunden war? Hatte die Wüste daraufhin dieses fruchtbare Fleckchen Erde nach und nach zurückerobert?
»Hier ist es«, sagte Lucien, als sie einen kleinen Platz im Schatten einer Turmruine erreichten. Den größten Teil davon nahm eine kreisrunde Grube ein, eine alte Zisterne, zu der ein zerfallenes Aquädukt führte. Ein steinernes Dach, das auf mehreren Säulen ruhte, hatte sie weitgehend vor dem Sand geschützt.
Über einen Trümmerhaufen
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