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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Odin
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die ein schwacher Wind von der vierspurigen Straße unten zu ihr heraufwehte. Als sie ans Geländer trat, schaute sie zunächst geradeaus zum Fernsehturm, dessen metallene Kugel in der Sonne glitzerte, dann hinunter auf den Parkplatz vor dem Plattenbau.
    Beim Anblick der vielen Fahrzeuge, die dort unten standen, überfiel sie sofort eine innere Unruhe. Soweit sie erkennen konnte, waren es Wagen der Feuerwehr, der Polizei und des Roten Kreuzes. Männer trugen große, quadratische Platten aus Transportern und brachten sie zum Gebäude. Naomi beugte sich weit über das Geländer vor, damit sie das Geschehen genauer sehen konnte: Die Platten wurden neben einer Art Zaun abgeladen, mit dessen Aufbau andere Arbeiter beschäftigt waren.
    Was geht denn hier ab?, schoss es ihr durch den Kopf. Rasch holte sie ihr Fernrohr aus dem Wohnzimmer und schaute hindurch. Jetzt konnte sie Details erkennen und begriff, was sich unten vor dem Gebäude abspielte: Die Arbeiter montierten dicke Holzplatten auf bereitgestellte Metallständer, die mit Betonblöcken beschwert wurden. Sie erweiterten so Stück um Stück einen etwa zweieinhalb Meter hohen Bauzaun, der in einem Abstand von vielleicht vier Metern zum Haus verlief und wie eine Gefängnismauer wirkte. Ungefähr ein Viertel des gesamten Plattenbaus war auf diese Weise bereits eingezäunt worden. An einem Ende stand ein hohes Bauwerk, das Naomi sofort an einen Gefängnis-Wachturm denken ließ.
    Sie wurde immer aufgeregter und richtete das Fernrohr jetzt auf die Zufahrt des Parkplatzes. Dort stand ein Gitter, hinter dem sich Polizisten postiert hatten. Sie schwenkte ihr Glas das Grundstück entlang: An allen Zugängen und Wegen zum Gebäude waren solche Absperrungen errichtet worden!
    Vor einem der Einsatzfahrzeuge auf dem Parkplatz nahm Naomi einen Mann ins Visier, der im Zentrum einer Gruppe von Polizisten stand und auf sie einredete. Er war etwa fünfzig Jahre alt, relativ klein und hatte grau-blondes, kurzes Haar, das bereits schütter wurde. Wie die Kollegen um ihn herum trug er eine blaue Polizeiuniform. Auffallend war sein stark ausgeprägtes Kinn, das spitz zulief und leicht nach oben gebogen war, was ihm einen Ausdruck von Durchsetzungsfähigkeit verlieh. Am Ende seiner Rede deutete er auf den Gebäudekomplex, woraufhin die anderen Polizisten nickten und in die gewiesene Richtung losmarschierten. Dann zog er ein Handy aus der Jackentasche und wählte eine Nummer. Er wirkte hochkonzentriert, während er telefonierte. Seiner Miene ließ sich jedoch nichts entnehmen, denn während des Gesprächs zeigte sich auf seinem Gesicht keine einzige Regung.
    Naomi schaute sich weiter um und beobachtete einen Mann, der in Zivil gekleidet war und jetzt um das Einsatzfahrzeug herum auf den Polizisten mit dem ausgeprägten Kinn zuging. Er war einer dieser klassischen Anzugträger, die überall dort anzutreffen waren, wo ein formelles Benehmen herrschte und man anderen gegenüber Seriosität vermitteln wollte. Sein Haar war etwas zu modisch geschnitten und gestylt; es passte nicht so recht zu seinem konservativen Outfit. Sein Alter war schwer einzuschätzen. Er mochte dreißig, konnte aber auch schon vierzig sein. Der Teint seines jungenhaften Gesichts war etwas zu braun; wahrscheinlich ging er regelmäßig auf die Sonnenbank.
    Naomi zuckte zusammen und drehte den Kopf herum, als sie auf einmal hörte, wie jemand mehrmals laut an die Wohnungstür klopfte.

25
    In seiner Funktion als örtlicher Einsatzleiter der Polizei hatte Stefan König im Laufe der Jahre bei Verkehrsunglücken, Naturkatastrophen, Bränden und Explosionen erfolgreich dafür gesorgt, dass Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgewehrt wurden. Nun hatte er es mit einer Maßnahme zu tun, die unter das Infektionsschutzgesetz fiel.
    Für den Fall, dass sich eine Epidemie auszubreiten begann, war Berlin gut gerüstet – zumindest nach Meinung der öffentlichen Stellen. Vor Jahren noch, als die Vogelgrippe die Welt in Atem hielt, war vieles nicht glattgelaufen: Es wurde kritisiert, dass damals die Koordination und Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Behörden – den Gesundheitsämtern, der Polizei und der Feuerwehr – nicht reibungslos funktioniert hatte. Aber vieles hatte man seitdem verbessert, und König war sich sicher, dass sie dieses Mal besser auf einen solchen Fall vorbereitet waren. Allerdings hatten er und seine Kollegen bis dato noch nie einen kompletten Plattenbau abriegeln müssen. Das Gebäude

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