Pandaemonium - Die Letzte Gefahr
erkennen, dass er das Fahrgeräusch des Aufzugs nicht wahrnahm. Erst als sich quietschend die Türen öffneten, wurde er sich der möglichen Gefahr bewusst und schoss herum.
Er hatte mit den Bullen gerechnet, nicht jedoch mit den drei Gestalten, die da aus dem Fahrstuhl traten und die er nur allzu gut kannte. Mit einem Schlag wurde ihm klar, dass er hereingelegt worden war. Er hätte das Spiel von Anfang an durchschauen können, und es ärgerte ihn, dass er auf den miesen, kleinen Trick hereingefallen war und sie hierhergeführt hatte. Aber die Panik, jemand könnte ihn an die Bullen verpfiffen haben, hatte sein ansonst so kühl funktionierendes Gehirn ausgeschaltet und seine Ängste die Oberhand gewinnen lassen.
»Schön, dich zu sehen, Jimmy«, höhnte der Typ, hinter dem sich jetzt die Fahrstuhltür schloss und der zwischen seinen beiden Kumpanen stand, die er mit seinen fast zwei Metern Größe um einen Kopf überragte. Er grinste, wobei die drei vergoldeten Zahnkronen im vorderen Oberkiefer aufblitzten. Er trug sie bereits, als er der Anführer einer berüchtigten Jugendgang gewesen war. Von seinen vielen protzigen Ringen, die damals an allen zehn Fingern gesteckt hatten, war jetzt nur noch ein einziger übrig, der dafür umso auffälliger war. Das goldene Schmuckstück an seinem rechten Mittelfinger zeigte drei ineinander verschlungene Schlangen, in deren Augenhöhlen kleine Edelsteine saßen, die giftgrün funkelten. Der schwarze, leger geschnittene Glanzanzug, der seinen bulligen Körper ein wenig schlanker erscheinen ließ, war eine teure Maßanfertigung, die er sich in der Zwischenzeit offenkundig leisten konnte. Das grobe, von allzu vielem Alkohol- und Drogenmissbrauch aufgedunsene Gesicht verriet das Milieu, aus dem er kam.
Du Idiot hast dich von Barabbas reinlegen lassen , fuhr es Jimmy durch den Kopf.
Nicht nur Barabbas, sondern auch seine beiden Jungs, Reuben und Afanassi, waren gemeingefährliche Ausgeburten der Hölle. Eiskalt und gnadenlos. Sie waren ein Trio von Aufräumern, die für ihre Auftraggeber unliebsame Subjekte unschädlich machten.
Barabbas: Kein Mensch wusste, wie er wirklich hieß; er hatte sich diesen »Künstlernamen« in Anlehnung an den Verbrecher Barabbas aus dem Neuen Testament zugelegt. Er träumte schon lange von einem Aufstieg auf der Karriereleiter des Verbrechens, war gewitzt und bauernschlau. Aber um seine höheren Ziele zu erreichen, fehlten ihm die nötige Intelligenz und Abgeklärtheit. Es ärgerte ihn, dass man ihm bisher keine größeren Aufgaben zugetraut hatte, doch wer legte schon gerne lukrative Geschäfte in die Hände eines Psychopathen? Dies könnte sich allerdings ändern, wenn er sein Täuschungsmanöver gegen Jimmy zu einem erfolgreichen Abschluss bringen würde.
»Ich habe mich immer gefragt, wo du den ganzen Stoff bunkerst«, fuhr Barabbas fort. »In deiner Wohnung also. Ist ganz schön leichtsinnig, nicht wahr?« Der Sarkasmus troff nur so zwischen den Worten hervor.
»Ich wüsste nicht, was dich das angeht, Barabbas«, erwiderte Jimmy und umfasste den Griff des Aktenkoffers so fest, dass die Sehnen seiner Hand hervortraten. »Noch einen schönen Tag«, fügte er gespielt lässig hinzu und versuchte auf diese Weise, seine innere Nervosität zu überspielen.
Er wollte an Barabbas vorbei zur Treppenhaustür gehen, aber Reuben stellte sich ihm in den Weg. Der Schläger zog die Nase hoch und spuckte Jimmy den Rotz direkt vor die Füße.
Jimmy blieb ruhig, drehte sich zu Barabbas und erklärte: »Sag deinem Gorilla, er soll sich verziehen!«
»Gib ihm den Aktenkoffer!« Barabbas fixierte ihn mit eiskaltem Blick.
»Du denkst, du kannst mir den Stoff einfach so abnehmen und dann hier rausmarschieren? Glaubst du wirklich, damit kommst du durch!? Meine Bosse werden dich durch den Fleischwolf drehen!«
»Lass das mal meine Sorge sein, Jimmy! Und jetzt gib ihm den Koffer. Ich sag das nicht noch mal.« Drohend hob er die Waffe, die er in seiner Hand hielt. Es handelte sich gewissermaßen um sein Markenzeichen: die Nachbildung eines mittelalterlichen Morgensterns. Sie bestand aus einem langen Stock, an dessen Ende eine Kette mit einer Eisenkugel baumelte, aus der mehrere spitze Stacheln ragten. Afanassi, sein anderer Kumpel, trug immer einen Rucksack, in dem er Barabbas’ »Spielzeug« trug, das er ja schlecht in seinem Maßanzug verschwinden lassen konnte.
»Hier kommt ihr sowieso nicht raus«, entgegnete Jimmy und deutete zum Eingang. Er versuchte, auf
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