Pandaglueck
insbesondere an der Tatsache, dass ich meist die Hauptattraktion bin. Dass Joey eine gewisse Schwärmerei für seine Kollegin bei den Seehunden hegt, ist allgemein bekannt. Nur anscheinend der betreffenden Person nicht.
„ Ach …“, flüstere ich leise vor mich hin, da ich das Thema nicht weiter breit treten möchte.
„ Und bei dir?“, fragt Joey plötzlich. „Habe von dem Zwischenfall mit Dr. Hulsenbeck gestern gehört.“ Er sieht mich mitleidig an. Okay, das Thema ist auch nicht viel besser.
„ Ach, halb so schlimm“, antworte ich in einer schrillen Tonlage. „Zumindest weiß ich jetzt, dass er und ich nie im Leben Freunde werden. Er hatte mich heute Morgen noch einmal zu sich gerufen und mich ordentlich zusammengefaltet.“ Mit Verlegenheit erinnere ich mich an die 20 Minuten in seinem Büro. Immerhin hat er mich mehr oder weniger für meinen Einfallsreichtum in der Situation gelobt. Obwohl man bei dem Mann nicht von einem Lob sprechen kann. Er hat es anerkannt. Das ist das höchste der Gefühle.
„ Und der Unbekannte?“, höre ich Joey fragen. Ich blicke zu ihm hinüber und bemerke seine roten Wangen.
„ Hat Greta dich darauf angesetzt mich auszufragen?“, frage ich pikiert. Mein Begleiter ist noch weniger am Tratsch interessiert, als ich und dass er von Mr. Unbekannt weiß heißt nur eins: Ich und mein Privatleben stehen wieder im Mittelpunkt des Zoo-Klatsches. Er bestätigt mir meine Vermutung mit einem Nicken.
„ Diese Frau ist unglaublich“, sage ich kopfschüttelnd und muss aufpassen, dass ich meinen Kaffee nicht verschütte.
„ Ja, aber was ist denn nun mit ihm? Hast du ihn angerufen?“ Joey scheint unabhängig von Greta, Interesse an der Beantwortung der Frage zu haben. Ich fahre mir verzweifelt an meinen Pferdeschwanz. Warum interessiert sich der halbe Zoo für mich und mein Leben?
Vielleicht weil du auf der letzten Betriebsfeier es jedem in volltr unkenem Zustand vorgeheult hast?, lautet die Antwort auf meine eigene Frage.
„ Er hat mich zum Essen eingeladen“, bringe ich mit zusammengepressten Lippen hervor. Joeys Augen hellen sich auf. Ich hoffe, dass er es nicht sofort an gewisse Tratschtanten weiter erzählt.
„ Ehrlich?“
„ Ja“, bestätige ich meine Aussage.
„ Und was hast du gesagt?“
„ Ich habe eingewilligt.“
„ Ist doch toll“, sagt er mit einem Lächeln und scheint sich aufrichtig für mich zu freuen. „So, ich gehe die Seehunde füttern und nebenbei die Besucher unterhalten. Halte mich auf dem Laufenden!“ Dann ist er mit seinen stinkenden Fischen verschwunden.
Wä hrend ich mit meiner Kaffeetasse vor dem Pandagehege stehe, fallen mir die viel zu hochgewachsenen Büsche und das Unkraut in den Beten auf. Ich will um keinen Panda der Welt zurück zum Haupteingang, da ich entweder Dr. Hulsenbeck über den Weg laufen werde oder Greta und Doris. Also beschließe ich, Unkraut zu rupfen. Dies wird hoffentlich das ominöse Kribbeln in meinem Bauch beseitigen und noch viel wichtiger, mich von der Panik vor der Verabredung am Freitag ablenken.
Es ist eine Ewigkeit her, seitdem ich das letzte Mal auf einem richtigen Date gewesen bin. Noch dazu mit jemandem, den ich so gut wie gar nicht kenne. Und vor allem nicht mit jemandem, b ei dem ich keinen blassen Schimmer habe, warum er mit mir seinen Freitagabend verbringen möchte. So ein Halbgott von Mann wie Alex hat mit Sicherheit genug Verehrerinnen, die bei ihm Schlange stehen und für einen Abend mit ihm in einem Restaurant über Leichen gehen.
Ich hole mir eine Harke und einen Eimer und beginne, das Unkraut aus den umliegenden Beeten zu entfernen. Mit jedem Stü ck Unkraut, das in dem Plastikbehälter landet, nimmt meine Nervosität zu. Ich brauche ein passendes Outfit, ich brauche ein passendes Restaurant, in das ich mit ihm gehen kann und vor allem brauche ich bis Freitag Selbstbewusstsein! Und zwar jede Menge Selbstbewusstsein! Wie viele Kilos kann man innerhalb von drei Tagen abnehmen? Fünf Kilo? Ich werde es bis zum Wochenende wissen. Meine erste Amtshandlung, wenn ich nachher nach Hause komme, ist das durchforsten sämtlicher Glamour-Magazine meiner Schwester nach kurzfristigen Schlankheitsrezepten. Am besten esse ich gar nichts mehr. Nur noch Wasser trinken und nichts essen. Vielleicht hilft das. Man sagt immer so schön, dass man mit ein paar Kilos weniger auf der Waage, gleich viel selbstbewusster ist. Das ist ein Plan, der problemlos für mich umzusetzen sein sollte.
4.
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