Pandaglueck
Bewegung inne.
„ Wie du hast nichts mitgenommen?“
„ Ich bin in New York! Das Shopping-Paradies auf Erden. Da schleppe ich doch keine Altlasten mit.“ Ich schüttle fassungslos den Kopf und suche weiter. „Und? Gefunden?“
„ Nein“, erwidere ich und nehme mir den nächsten Stapel vor.
„ Welche Größe hast du? 36 oder 38?“
„ Eher die 38.“ Wahrscheinlich nähere ich mich der 40 durch die zwei Kilo, die ich in den letzten drei Tagen zugenommen habe.
„ Lass den Mango Rock sein. Such nach einem dunkelblauen Esprit Rock.“ Ich seufze auf und fange wieder im ersten Fach an. Nach einiger Wühlerei finde ich endlich das gesuchte Kleidungsstück.
„ Ich hab ihn“, teile ich Miriam mit und kremple meinen Bademantel hoch, um ihn anzuprobieren.
„ Und passt er?“, fragt meine Schwester mit vollem Mund. Sie hat sich in der Zwischenzeit etwas zu essen gemacht.
„ Warte …“, erwidere ich und versuche die Luft anzuhalten. Als der Rock sitzt, kann ich immer noch atmen. „Passt!“, rufe ich erleichtert Richtung Telefon.
„ Sieht es auch gut aus?“ Ich drehe mich ein paar Mal und betrachte mich dabei im Spiegel.
„ Ja, schaut gut aus.“ Der Rock reicht bis zu meinem Knien und schmeichelt dank seiner Form meiner Figur.
„ Jetzt brauchen wir nur noch ein Oberteil und die perfekten Schuhe …“, murmelt sie eher zu sich selbst. „Sieht deine Verabredung gut aus?“
„Ä hm …“, ich zögere. „Er sieht nicht gerade schlecht aus.“
„ Von Eins bis Zehn?“
Ich ü berlege kurz. „Eine Zwölf?“, erwidere ich fragend.
„ Eine Zwölf?!“ Ich kann bildlich vor mir sehen, wie sie fast ihr Sandwich fallen lässt, falls sie eins isst. Wahrscheinlich kaut sie eher auf einem Muffin oder Donut herum. Amerika ist schließlich berühmt für diese Snacks auf der Arbeit.
„ Ja, eine Zwölf.“ Das wird heute Abend der größte Reinfall schlechthin werden. Ich habe bis jetzt lediglich einen Rock zum Anziehen. Über die anderen Baustellen, deren Besichtigung mir im Laufe der nächsten vier Stunden noch bevorsteht, will ich nicht einmal ansatzweise nachdenken! Ich spüre das Rasen meines Herzes. Bis 20.00 Uhr werde ich vor Nervosität gestorben sein, falls ich es überhaupt bis dahin schaffe.
„ Du brauchst was Weißes. Hast du was? Du hattest doch diese weiße Bluse?“
„ Da hat eine der Ziegen aus dem Zoo dran geknabbert. Seit dem fehlt ein Stück eines Ärmels.“
„ Also keine weiße Bluse.“ Ich setze mich auf Miriams Bett und starre ihren Kleiderschrank an. „Ich hab‘s!“, schreit sie auf einmal auf und ich zucke vor Schreck zusammen.
„ Was denn?“ Ich drehe mich um und schaue das Telefon an.
„ Rechts, oberste Schublade.“ Ich öffne das entsprechende Schubfach und suche nach einem weißen Shirt. Sobald ich es gefunden habe, ziehe ich es aus dem Stapel. Drei Viertel Arm und fast schulterfrei. Es ist etwas weiter geschnitten und fühlt sich gut an.
„ Und?“
„ Das dürfte gehen“, erwidere ich und betrachte das Oberteil misstrauisch. Dies liegt weniger am Kleidungsstück, sondern mehr an der Gesamtsituation, die langsam aber sicher von meiner aufsteigenden Panik bestimmt wird. „Immerhin besser, als mich nackt von ihm abholen zu lassen.“
„ Das würde ich so nicht unterschreiben“, witzelt meine Schwester. Mir ist aber absolut nicht nach schlechten Scherzen zumute.
„ Miriam!“, ermahne ich sie. „Ich will einfach nur den heutigen Tag überstehen. Ein nettes Dinner, mit einem netten Gespräch. Das wäre erstrebenswert.“ Vor allem muss ich erst einmal die Stunden bis zum Abend überleben.
Sie kichert. „ Also wenn er eine Zwölf ist, dann würde ich auf wesentlich mehr hoffen.“ Ich weiß, dass der Moment gekommen ist, das Telefonat zu beenden. Ansonsten reden wir über Themen, die meine Anspannung und Nervosität weiter anfachen und das sollte ich tunlichst vermeiden.
„ Miriam, sorry, aber ich muss Schluss machen“, sage ich dementsprechend kurz angebunden.
„ Wie?“, erwidert sie überrascht. „Was ist mit den Schuhen?“
„ Ich überlege mir was. Ich rufe an, sobald ich Zeit habe!“ Damit lege ich auf und versuche mich mit der Tatsache zu beruhigen, dass ich zumindest mein Kleidungsproblem gelöst habe und nicht nackt die Tür öffnen muss.
Noch 20 Minuten.
Ich sitze nervös auf meinem Sofa und sehe dem Sekundenzeiger von unserer überdimensionalen Wanduhr zu. Bei jeder neuen Runde vertrete ich die feste Überzeugung,
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