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Pandemonium

Pandemonium

Titel: Pandemonium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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gerichtet ist oder an beide.
    Wir bekommen kein Wasser; auch kein Essen. Und dann, am Vormittag, eine leichte Veränderung der Luft – ein Echo, das sich von den Geräuschen tropfenden Wassers und dem dumpfen Strömen der unterirdischen Luft unterscheidet. Zum ersten Mal seit Stunden sieht Julian mich an.
    »Hörst du …«, hebt er an und ich mache ihm ein Zeichen, dass er schweigen soll.
    Stimmen im Flur und schwere Stiefelschritte, die näher kommen – mehr als eine Person. Mein Herzschlag beschleunigt sich und instinktiv blicke ich mich nach einer Waffe um. Abgesehen von dem Eimer gibt es nicht viel. Ich habe bereits erfolglos versucht, die metallenen Bettpfosten von der Pritsche abzuschrauben. Mein Rucksack liegt auf der anderen Seite des Raumes, und gerade als ich denke: Irgendeine Waffe ist besser als gar keine, gehen knirschende Schlösser auf, die Tür öffnet sich nach innen und zwei Schmarotzer betreten den Raum. Sie haben Gewehre.
    »Du da.« Der vordere, mittelalt, mit der weißesten Haut, die ich je gesehen habe, zeigt mit dem Gewehrkolben auf Julian. »Komm mit.«
    »Wo gehen wir hin?«, fragt Julian, obwohl ihm klar sein muss, dass sie nicht antworten werden. Er steht mit an die Seiten gepressten Armen da. Seine Stimme ist fest.
    » Wir stellen hier die Fragen«, sagt der bleiche Mann und verzieht den Mund zu einem Lächeln. Er hat dunkel geflecktes Zahnfleisch und gelbe Zähne. Er trägt eine schwere Armyhose und eine alte Armyjacke, aber er ist ganz zweifellos ein Schmarotzer. Auf seiner linken Hand sehe ich eine blasse Tätowierung, und als er weiter in den Raum tritt und Julian umkreist wie ein Schakal, der um seine Beute schleicht, gefriert mir das Blut in den Adern. Er hat auch eine Eingriffsnarbe, aber sie sieht schrecklich aus: drei Schnitte an seinem Hals, rot wie offene Wunden. Dazwischen ist ein schwarzes Dreieck tätowiert. Vor Jahrzehnten war der Eingriff noch viel riskanter als heute, und früher erzählte man uns Geschichten von Leuten, die davon verrückt oder gewalttätig wurden.
    Ich versuche, die Panik in meiner Brust zu unterdrücken. Die zweite Person, ein Mädchen, das ungefähr in Ravens Alter sein könnte, lehnt am Türrahmen und versperrt mir den Weg. Sie ist größer als ich, aber auch dünner. Ihr Gesicht ist stark gepierct – ich zähle fünf Ringe in jeder Augenbraue und Glitzerstecker in ihrem Kinn und an der Stirn, außerdem trägt sie einen Ring in ihrer Nasenscheidewand. An einem Gürtel, tief auf ihrer Hüfte, hängt eine Pistole. Ich versuche abzuschätzen, wie schnell sie sie ziehen und auf meinen Kopf richten könnte.
    Ihr Blick huscht zu meinen Augen. Sie deutet den Ausdruck auf meinem Gesicht richtig, denn sie sagt: »Denk nicht mal dran.«
    Ihre Stimme klingt eigenartig und undeutlich, und als sie beim Gähnen den Mund aufmacht, sehe ich, woran es liegt: Ihre Zunge glitzert vor Metall. Metallstecker, Metallringe, Metallketten: Alles schlingt sich über und um ihre Zunge und sie sieht aus, als hätte sie Stacheldraht verschluckt.
    Julian zögert nur noch einen Moment. Dann tritt er nach vorn – eine plötzliche, ruckartige Bewegung. Als er durch die Tür geht, auf einer Seite das gepiercte Mädchen und auf der anderen der Albino, bewegt er sich anmutig, als würde er zu einem Picknick schlendern.
    Er sieht mich nicht an, nicht ein einziges Mal. Die Tür geht mit einem schabenden Geräusch zu, die Schlösser gleiten an ihren Platz und ich bleibe allein zurück.
    Das Warten ist eine Qual. Mein Körper fühlt sich an, als stünde er in Flammen. Und obwohl ich hungrig bin und durstig und schwach, kann ich nicht aufhören, hin und her zu gehen. Ich versuche nicht darüber nachzudenken, was sie mit Julian gemacht haben. Vielleicht ist doch Lösegeld für ihn gezahlt worden und sie haben ihn schließlich freigelassen. Aber die Art, wie der Albino gelächelt und gesagt hat: Wir stellen hier die Fragen , hat mir nicht gefallen.
    In der Wildnis hat mir Raven beigebracht, auf die Details zu achten: auf welcher Seite der Bäume das Moos wächst; wie hoch das Unterholz ist; wie der Erdboden aussieht. Sie hat mir auch beigebracht, nach dem Ungewöhnlichen Ausschau zu halten – wenn irgendwo viele Pflanzen stehen, kann das auf Wasser hindeuten. Wenn es plötzlich still wird, ist das normalerweise ein Zeichen dafür, dass ein großes Raubtier in der Nähe ist. Mehr Tiere als üblich? Mehr Nahrung.
    Das Auftauchen der Schmarotzer ist etwas Ungewöhnliches und es

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