Pandoras Kuss
rebellischen Prometheus zu nehmen, der den Menschen das Feuer brachte. Athene selbst stattete Pandora mit solcher Schönheit und Klugheit aus, dass kein lebendes Wesen - ob Mensch oder Tier, männlich oder weiblich - ihren Verführungskünsten widerstehen konnte. Als Prometheus übereifriger Bruder sie erblickt und nach dem Inhalt der Box fragt, öffnete sie die und brachte so alles Böse und alle Plagen in die Welt. Nur die Hoffnung, die letzte, hinterhältigste und furchtbarste aller Plagen, bleibt zunächst am Grunde der Box zurück. War es nicht so ungefähr?“
So hatte ich es nachgelesen. Nur mit dem einen Unterschied, dass da keiner auf die Idee gekommen wäre, Hoffnung als Plage zu bezeichnen, wie Persephone das gerade getan hatte.
Sie hielt ihre Stute zurück so, dass Paco zu ihr aufschlossen. Er war unruhig. Neben der Stute her zutraben gefiel ihm noch weniger, als hinter ihr zu gehen.
„Es existiert ein zweiter Mythos der Pandora, den die meisten Bücher verschweigen. Geschichtsbücher wurden von Männern verfasst. Und Männer haben die Mythen an den Feuern erzählt, zumal alte Männer. Alte Männer sind eine rachsüchtige Brut. Sie beneiden junge Männer um ihre Kraft und verübeln jungen Frauen ihre Verführungsmacht. Nachvollziehbar, dass sie Pandora sogar noch schlimmer behandelten als Athene, sobald sie ihre Macht über die Frauen gesichert hatten. In Wahrheit war Pandora nicht als Rachewerkzeug geschaffen worden, sondern als ein Geschenk . Und sie hatte auch keine Box dabei, in der alle Plagen der Welt eingezwängt waren, denn sie kam nicht in die Welt um Unglück zu verbreiten, sondern mit der Fähigkeit Leben zu schenken. Sie selbst, in all ihrer Schönheit und Klugheit, bildete die Gabe, die ihre Schöpfer Athene und Hephaistos der Welt zum Geschenk machten.“
Ich nahm an , dass ich über ihre Interpretation hätte beeindruckt und sogar gerührt sein sollen. Ehrlich gesagt war ich ja es sogar - irgendwie.
Viel Zeit ließ mir Persephone jedoch nicht über ihre Worte nachzudenken, denn sie blickte mich kalt an und rief : „Sehen wir doch mal ob Pandora nicht nur reden, sondern auch reiten kann!“
Sie gab ihrer Stute einen Kuss auf den Hals und jagte sie in vollem Galopp auf das Waldstück zu.
Paco hatte darauf nur gewartet.
K ein Feuer, kein dumpfer Wolfsruf und erst recht nicht der Befehl seiner Reiterin hätte ihn jetzt noch davon abhalten können, Persephones Fuchsstute hinterdrein zu jagen.
Mit glühenden Wangen und wehender Lockenmähne hielt ich mich im Sattel und trieb den jungen Hengst sogar noch weiter an.
Schon die reale Schwester Marie-Claire hatte meine Leidenschaft für das Reiten misstrauisch beäugt. Und wie recht sie damit gehabt hatte. Denn Reiten – zumindest solange frau es richtig – nämlich mit Leidenschaft – betrieb, hatte immer auch etwas mit Mut, Macht und Sex zu tun.
Ja, richtig gelesen: Sex.
Es war unglaublich sexy diese ungestüme Kraft zwischen deinen Schenkeln und unter deinem Hintern zu spüren. Und es war sogar noch um ein paar Nummern heißer, dabei ganz genau zu wissen, dass du diejenige warst, die diese Kraft beherrschte .
Das hieß natürlich - solange du den Mut dazu hattest , dich auch wirklich darauf einzulassen.
Die Schwester Marie-Claire in meinem Kopf hatte sich jedenfalls längst ängstlich verkrochen. Dafür war ihr verruchtes Gegenstück von ihrem Diwan gesprungen um mich mit aller Macht bei meinem Ritt anzufeuern.
Die dunkle Fee ging mit de m Pferd um wie jemand, der das sein Leben lang gewohnt war. Eine Sonntagsreiterin war sie nicht.
Der Feldweg verengte sich sowie er in dem Waldstück verschwand. Nebeneinander würden wir zwischen den eng stehenden Bäumen nicht genug Platz haben. Das war für keine von uns ein Grund unsere Pferde zurückzunehmen.
Bei diesem Rennen würde es keine zweite Siegerin geben , aber vielleicht ein paar verstauchte oder gebrochene Knochen
Ich trieb den Hengst weiter an. Stieß ihm meine Fersen in die Flanke und flüsterte ihm aufmunternde Worte in die Ohren.
Schneller und schneller flogen wir auf den Waldrand zu.
Paco lag um zwei Nasenlängen hinter der Stute zurück.
Aber er holte auf.
Die Frage war nur, ob er rechtzeitig aufholte , um mit genügend Vorsprung zwischen die Bäume zu galoppieren und natürlich, ob Persephone dann auch bereit war ihre Stute zum richtigen Zeitpunkt zurückzunehmen. Und irgendwie hätte ich sie nicht als vorbildliche Verliererin eingeschätzt.
Sie würde sich
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