Pandoras Tochter
stärker, aber immer noch nicht eindeutig. Falls Molino in der Gegend ist, dann ist Darnell nicht bei ihm.«
»Vielleicht hast du mehr Glück mit Molinos Gegenstand.«
»Kann sein.«
»Wo sollen wir dich treffen?«
»Es gibt da eine Seitenstraße auf der anderen Seite von Redwing gleich hinter einem Restaurant namens Roadkill.«
»Was für ein Name. Das kann ich mir merken. Und du wartest in dieser Seitenstraße?«
»Ich werde da sein.« Renata legte auf.
Megan unterbrach die Verbindung. Da war er wieder, dieser eigenartige Unterton, den sie schon einmal wahrgenommen hatte, als Renata über die Dinge in Molinos Apartment gesprochen hatte. Anspannung? Angst?
Megans Blick wanderte zu dem Köfferchen auf dem Bett.
Er schien es eilig gehabt zu haben, es loszuwerden.
Wieso sollte Venables Agent so erpicht darauf gewesen sein, den Koffer aus der Hand zu geben?
Megan streckte die Hand aus und zog den Koffer langsam zu sich heran.
Renata lehnte an ihrem SUV und richtete sich auf, als sie Megan kommen sah. »Wo ist Grady? Er hätte dich nicht allein herkommen lassen dürfen.«
»Er ist gleich hinter mir. Ich hab ihm gesagt, dass ich mit dir sprechen möchte.« Sie nahm den kleinen Koffer und stieg aus.
Renata zuckte zurück, ohne den Blick von dem Koffer zu wenden. »Ist er das?«
»Ja. Komm, wir gehen ein Stück.«
Renata rührte sich nicht von der Stelle. »Warum?«
»Hör auf, Fragen zu stellen.« Megan wandte sich ihr nicht zu, als sie ein Stück vorausging. »Ich möchte selbst ein paar Dinge wissen.«
»Gib mir einfach den Koffer.«
»Später.«
Renata lief ihr nach. »Du hast ihn aufgemacht, hab ich recht?«
»Ja.«
»Was ist drin?«
Megan blieb stehen und drehte sich zu ihr. »Weißt du das nicht?«
Renata schüttelte den Kopf. »Die Kipler sagte, die Schublade sei vollgestopft mit Zeug. Es könnte alles Mögliche sein.«
»Aber du wusstest, dass du alles, was sich darin befindet, benutzen kannst?«
»Und was ist da drin?«
Megans Hände zitterten, als sie den Koffer öffnete. »Es ist ein rosafarbenes Kinderkleid, zerfetzt und ausgebleicht. Offenbar hat es einem kleinen Mädchen gehört – nicht älter als sieben oder acht Jahre.« Sie nahm das Kleid und hielt es Renata hin. »Und etwas so Kleines hat einen gestandenen CIA-Agenten durcheinandergebracht.«
»So klein ist es nicht.« Renata berührte das Kleid nicht. »Offenbar hat er gewusst, was es ist.«
»Und was ist es, Renata? Was war noch in der Schublade? Wenn wir darüber sprechen, benimmst du dich, als hättest du Todesangst.«
Renata reckte das Kinn. »Ich habe keine Angst.«
»Dann nimm das Kleid.«
»Das mache ich.« Einen Moment blieb sie reglos, dann streckte sie die Hand nach dem Baumwollstoff aus. Sie schauderte. »O Gott!«
Gleich darauf lief sie zum Straßenrand und übergab sich.
»Renata.« Megan war neben ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Um Himmels willen, Renata!«
»Tut mir leid«, keuchte sie. »Ich wollte nicht … mir geht’s gleich wieder besser.«
»Setz dich.« Megan drückte sie sanft auf den Boden, und Renata lehnte sich an einen Fichtenstamm. Ihre Atemzüge kamen stoßweise und rasch. Megan kniete sich neben sie. »Was ist los? Was ist passiert?«
»Ist doch offensichtlich, oder? Mir ist schlecht geworden.«
»Wieso?«
Renata betrachtete das Kleid, das sie noch in der Hand hielt. »Vielleicht mag ich kein Rosa.«
»Dann gib es mir zurück.« Megan nahm es ihr ab. »Du musst das nicht benutzen. Wir besorgen etwas anderes.«
»Nein.« Sie schien befreiter durchatmen zu können – jetzt, da sie das Kleidchen nicht mehr festhielt. »Es muss dies hier sein. Oder etwas Ähnliches.«
»Weshalb? Was ist das?«
»Ich denke, das weißt du.«
»Ich hatte eine Vermutung, als ich es zum ersten Mal gesehen habe. Mir wurde auch schlecht. Hat es einem der kleinen Mädchen gehört, die Molino in die Sklaverei verkauft hat?«
Renata nickte knapp. »Die Kipler hat mir erzählt, dass Molino Trophäen sammelt. Er bewahrt alles in dieser einen Kommode auf – angefangen von Körperteilen der Menschen, die seinen Weg gekreuzt haben, bis hin zu Haaren von den Kindern, die er vergewaltigt und getötet hat.« Tränen liefen über Renatas Wangen. »Am liebsten sind ihm die Kleider, die die kleinen Mädchen trugen, als er sie gefangen genommen hat. Hedda Kipler hat auf ihren Reisen in die verschiedenen Teile der Erde Beutestücke von Kunden und Banditen eingesammelt und sie Molino gebracht. Sie
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