Pandoras Tochter
trat beiseite, um sie in das Zimmer zu lassen. »Sienna, hier ist das versprochene Geschenk.«
Megan bewegte sich nicht vom Fleck.
»Nicht so schüchtern.« Molino schubste sie in den Raum. »Er wartet.« Er deutete mit der Hand in eine Ecke. »Sagen Sie hallo zu ihm.«
O Gott! Nicht schreien.
Sienna war gefesselt und an die Wand genagelt. Sein Kopf war kahlgeschoren, sein Schädel blutig und eingedrückt. Seine Augen waren weit aufgerissen, das Gesicht im Todeskampf verzerrt.
»Sie haben ihn ermordet«, krächzte sie. »Wieso? Weil er nicht glaubte, dass Ihr Sohn …«
»Ich habe jahrelang mit seiner Skepsis gelebt. Ich hätte sie auch weiter toleriert, wenn ich noch Verwendung für ihn gehabt hätte.« Molino schüttelte den Kopf. »Wirklich zu schade, dass ich ihn loswerden musste, ehe ich mein Versprechen, Sie ihm zu überlassen, einhalten konnte. Natürlich habe ich andere Männer, die sich Ihrer annehmen würden, aber keiner hat die Talente, die Sienna hatte. Sienna verstand etwas von Schmerzen. Er war großartig mit Edmund Gillem.«
Sie konnte den Blick nicht von Siennas Gesicht losreißen. »Haben Sie ihn auch gefoltert?«
»O nein! Na ja, vielleicht ein bisschen. Er hat ständig an seinen Haaren gezupft, deshalb habe ich ihn geschoren. Das hat ihm gar nicht gefallen.«
»An seinen Haaren gezupft?«
Molino grinste. »Er schrie, zog an seinen Haaren und schlug den Kopf gegen die Wand. Er hatte große Schmerzen, deshalb beschloss ich, ihm zu helfen. Genau genommen war ich so mit Sienna beschäftigt, dass ich meine Pläne mit dem kleinen Jungen ganz vergessen habe.«
»Schmerzen? Was haben Sie Sienna sonst noch angetan?«
»Ich? Gar nichts.« Er drehte sich zu ihr um und sah sie an. »Das waren Sie. Ich war so unglücklich, dass Sienna gestern, nachdem er Ihre Hand gedrückt hat, weggegangen ist. Ich hätte wissen müssen, dass Sie mich nicht enttäuschen würden. Mir war nur nicht klar, dass es nicht sofort geschieht.«
Megan schluckte. »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
»Ihre Mutter hat die Hand meines Jungen genommen und seinen Verstand innerhalb von Sekunden zerstört. Vielleicht sind Sie nicht so gut, wie sie es war. Oder Sie wollten mir nicht offenbaren, dass Sie sind wie sie. Sienna zeigte keinerlei Anzeichen, bis kurz vor Mitternacht. Er überprüfte die Wachen am Rande des Felsens, und die Männer erzählten, dass er ständig den Kopf schüttelte. Eine Stunde, nachdem er sich in sein Zimmer zurückgezogen hatte, hörten wir einen dumpfen Laut. Als ich hinunterging, um nach dem Ärmsten zu sehen, war er bereits hinüber. Er heulte, riss sich die Haare büschelweise aus und schlug den Kopf gegen die Wand, als würde er von Dämonen getrieben.«
»Das ist nicht wahr.«
»Doch. Weshalb streiten Sie es ab? Sie müssen gewusst haben, was ihm blüht. Ich habe ihn lediglich von seinem Leid erlöst.«
»Sie lügen. Sie haben ihn getötet, weil er Zweifel an der Gesundheit Ihres geliebten Sohnes gesät hat und Sie einen Sündenbock brauchten.«
»Ich habe keinen Zweifel an Steven.« Er schaute auf ihre Hände, die sie zu Fäusten geballt hatte. »Was ich alles mit Ihrer Macht zu töten anfangen könnte! Es ist nicht richtig, dass Freaks die Einzigen sind, die …« Sein Handy klingelte. Er drückte auf die Taste, und ein Lächeln erhellte sein Gesicht. »Guten Tag, Miss Wilger. Was für eine Freude, von Ihnen zu hören. Heute ist mein Glückstag.« Er schielte zu Megan, die wie erstarrt dastand. »Ja, unserer Megan geht es so weit gut.« Er stellte das Telefon auf laut. »Wir sollten sie nicht ausschließen. Sie kann Sie jetzt hören.«
»Ist mir egal, ob sie mich hören kann oder nicht«, gab Renata zurück. »Sie hat mir von Anfang an nichts als Ärger gemacht. Ich bekomme Druck von Grady und den CIA-Typen, weil ich versuchen soll, eine Abmachung mit Ihnen zu treffen, damit Sie sie gehen lassen.«
»Dazu ist es zu spät.«
»Gut. Ich glaube nämlich nicht, dass ein Menschenleben so viel wert ist wie die Chronik. Behalten Sie sie.«
»Warten Sie. Legen Sie noch nicht auf.«
»Sie sagten doch, es ist zu spät.«
»Ich könnte einen solchen Deal in Erwägung ziehen. Falls ich sicher sein könnte, dass Sie die Chronik wirklich haben.«
»Ich habe sie.«
»Gibt es einen Beweis?«
»Ich kann Ihnen ein paar Seiten zeigen, die Sie dann auf ihre Echtheit überprüfen lassen können.«
»Ich will die ganze Chronik sehen.«
»Ich bin kein Dummkopf. Ist schon schlimm genug, dass ich
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