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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Zumindest wusste er von mir. Gegen Ende hat er mit Molino über mich gesprochen; er versuchte, ihm einzureden, dass ich keine Bedrohung darstelle. Ich hab nicht kapiert, wovon er redet. Mir war schleierhaft, wie Molino auf die Idee kam, dass Edmund etwas über mich wissen könnte.«
    »Die Chronik. Offenbar dachte er, dass in der Chronik Informationen über dich verzeichnet sind.«
    »Ich weiß nicht. Edmund brachte zu der Zeit keinen zusammenhängenden Satz mehr über die Lippen. Aber ich glaube, er versuchte, mich zu beschützen.« Ihre Hand zitterte, und sie stellte das Glas wieder auf den Tisch. »Ich war eine Fremde für ihn, trotzdem bemühte er sich, Schaden von mir zu wenden. Und Molino fügte ihm die ganze Zeit die fürchterlichsten Schmerzen zu.«
    Grady sah sie an. »Erzähl mir, was er und Molino gesagt haben.«
    »Ich kann mich nicht erinnern«, wehrte sie ab. »Es war zu viel, und alles ist schrecklich verschwommen. Da muss ich erst nachdenken.« Sie holte tief Luft und setzte sich aufrechter hin. »Aber nicht jetzt. Im Moment ist nichts wichtiger für mich, als diese Chronik zu finden. Ich lasse nicht zu, dass Molino sie in die Finger kriegt. Eher sehe ich ihn in der Hölle schmoren.« Sie presste kurz die Lippen zusammen. »Das dürfte dir auch gefallen. Hast du mich nicht deswegen hierhergebracht?«
    »Ich hatte gehofft, dass du mir die richtige Richtung vorgeben kannst, falls die Stimmen kooperativ sind.«
    »Oh, sie waren sehr kooperativ. Du bist wirklich ein sehr cleveres Kerlchen, Grady.«
    »Du hast jedes Recht, verbittert zu sein«, erwiderte er matt. »Ich kann dir keine Vorwürfe machen. Ich habe eine Entscheidung getroffen und getan, was ich für das Beste hielt, aber für dich war das nicht das Beste.«
    Sie öffnete den Mund, um ihm zuzustimmen, machte ihn aber wieder zu. Es war offensichtlich, dass er nicht vorgehabt hatte, sie einer so gewaltsamen Behandlung auszusetzen. Wie hätte sie entschieden, wenn sie gewusst hätte, dass Molino so viele unschuldige Menschen finden und töten könnte? »Ich weiß, weshalb die Chronik so bedeutsam für Edmund war, aber wieso bist du so versessen darauf? Du sagtest, du bist kein Devanez.«
    »Selbstschutz. Wenn ich eins gelernt habe, dann das: Die Mehrheit der Menschen fürchtet das, was sie nicht versteht, und drischt instinktiv darauf ein, um es zu zerstören. Die Inquisition war eine Lektion, die wir nicht vergessen sollten. Es ist viel ungefährlicher für uns, wenn wir im Verborgenen bleiben, statt ins Rampenlicht zu treten. Molino ist nicht bei klarem Verstand, und es ist nicht vorauszusehen, was er macht, wenn er die Chronik in die Hände bekommt. Oder was die Familie als Vergeltung tun wird.«
    »Vergeltung?«
    »Versteh mich nicht falsch. Ich spreche nicht von einem Haufen X-Men. Ich möchte wetten, die meisten von ihnen sind ebenso verstörte Opfer ihres Talents wie deine Mutter. Ich möchte nur nicht, dass Molino diese Opfer in eine Ecke drängt. Ich weiß, was ich tun würde.«
    Zurückschlagen. Und Megan würde dasselbe machen. »Du hättest mich vorwarnen und mir sagen können, was mich in dem Wohnwagen erwartet.«
    »Ich wusste selbst nicht, was auf dich zukommt. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass wir nicht viel über Lauscher wissen. Ich wusste lediglich, dass es nicht schön für dich werden würde. Das habe ich dir auch nicht verheimlicht.«
    Ja, das stimmte. »Nun, jetzt weißt du mehr als …«
    Gradys Handy klingelte.
    Er warf einen Blick auf das Display. »Harley.« Er nahm den Anruf entgegen und horchte eine Weile. »Okay, wir sind schon auf dem Weg. Wir treffen dich am Flughafen.« Er legte auf und schob seinen Stuhl zurück. »Tut mir leid, uns bleibt keine Zeit für den Nachtisch. Wir müssen weg von hier. Molinos Informant im Zirkus hat vor zehn Minuten einen Anruf erhalten. Molino dürfte schon jemanden auf den Weg hierher geschickt haben.«
    Megan stand auf und lief in ihr Zimmer. »Ich hole mein Gepäck. Dauert nur ein paar Minuten. Aber du wirst keine Zeit haben, uns neue Papiere zu verschaffen.«
    Er runzelte die Stirn. »Wir können auf dem Rückweg dieselben verwenden wie bei der Ausreise aus den USA.«
    »Aber wir fliegen nicht in die USA. Noch nicht.«
    »Wohin dann?«
    »Nach München.«
    »Weshalb?«
    »Weil sich die Chronik dort befindet.« Sie blieb an der Tür stehen. »Wenigstens hoffe ich, dass sie noch dort ist. Edmund hatte keine Gelegenheit, sie zu warnen.«
    »Wen?«
    »Renata Wilger. Er hat ihr die

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