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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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und spiegelte jedes Wort, jede Nuance wider. »Wenn du mich hättest verführen wollen, hätte ich auch noch ein Wörtchen mitgeredet. Ich war in dich verknallt, ja, aber das heißt noch lange nicht, dass ich mit dir in die Kiste gesprungen wäre.«
    »Es wäre ein Anfang gewesen.« Er stand auf, räumte die Salatteller ab und stellte die Suppe auf den Tisch. »Danach hätte ich mich nur anstrengen müssen, dir alles zu geben, was du dir wünschst.«
    »Wie die Pilzsuppe?«
    »Ah, jetzt hast du mich durchschaut.« Er lehnte sich zurück. »Ich will dich mit Pilzsuppe statt Champagner oder starken Drogen gefügig machen.«
    Pilzsuppe, Erinnerungen und zweideutige Anspielungen waren wirksamer als Drogen. Sie kostete die Suppe. »Sie ist gut. Die richtige Wahl.« Als ihr Teller halb leer war, sah sie auf und merkte, dass er sie forschend musterte. »Was ist?«
    »Ich überlege, warum du mir von deiner Schwärmerei von damals erzählt hast. Seit ich wieder in dein Leben getreten bin, hast du immer den Kopf in den Sand gesteckt, wenn es um die Ereignisse in dem bewussten Sommer ging.«
    »Das stimmt nicht.«
    »Richtig, du hast nur all das, was mich betrifft, ignoriert.«
    »Vielleicht gefällt es mir ja nicht mehr, den Kopf in den Sand zu stecken. Es gab keinen Grund dafür. Warum sollte ich mich heute für meine Gefühle von damals schämen? Solange ich mich an meine eigenen Regeln halte, habe ich nichts zu verbergen. Hast du damit ein Problem?«
    »Oh, gar nicht. Ich bewundere deine klaren Ansichten. Ich frage mich nur, warum sie sich gerade in diesem Augenblick manifestieren.«
    Eine Weile sagte sie nichts, dann: »Vielleicht weil ich kürzlich eine Lektion über Klarheit und über das Abwägen von ›wichtig‹ und ›unbedeutend‹ gelernt habe.« Sie starrte auf ihre Suppen. »Leben ist wichtig, Glaube und Treue sind wichtig, alles andere steht weiter unten auf der Skala.«
    »Laut Edmund Gillem.«
    »Und laut Megan Blair.« Sie hob den Blick. »Er starb, um zu verhindern, dass Molino diese Chronik in die Finger bekommt. Aber er beschützte mehr als nur die Chronik, hab ich recht? Molino hat es auch auf Menschen abgesehen. Er nannte sie Freaks. Das heißt, sie sind wie ich … und du. Stimmt’s?«
    Grady nickte.
    »Ich möchte mehr über diese Chronik wissen. Warum war Gillem bereit, dafür zu sterben?«
    »Ich hab dir versprochen, dir alles zu erzählen, wenn du es wissen willst. Du wolltest dich nicht mehr auf diese Sache einlassen als nötig.«
    »Mehr als jetzt kann ich gar nicht involviert werden. Erzähl mir von der Chronik. Was ist sie?«
    »Es ist eine Art Familienstammbaum – sehr ausführlich und detailliert.«
    »Um welche Familie handelt es sich?«
    »Don José Devanez war der Patriarch, aber über die Jahrhunderte starb der Name fast aus.«
    »Jahrhunderte?«
    »Die Aufzeichnungen in der Chronik beginnen im Jahr 1485 zur Zeit der spanischen Inquisition. Die Devanez waren Großgrundbesitzer in Südspanien und sehr wohlhabend. Sie haben in Unternehmen in Übersee investiert, und die Erfolge ließen nicht auf sich warten. Damals machte das Gerücht, dass sie ihren Reichtum teuflischen Mächten zu verdanken hätten, die Runde. Die Familie lebte sehr zurückgezogen auf dem Land – fernab von Städten und dem königlichen Hof. Erst als die Inquisition ihren Höhepunkt erreichte, spürten sie die Gefahr. Den örtlichen Priestern wurden Geschichten zugetragen, dass die Mitglieder der Familie Zauberei betrieben – sie wechselten ihre Gestalt und sagten die Zukunft voraus. Manche dieser Geschichten waren ziemlich wild.«
    »Und einige waren wahr?«
    »Die Familie besaß zweifellos starke übersinnliche Kräfte.« Er verzog das Gesicht. »Und man brauchte keine Kristallkugel, um das Menetekel an der Wand zu erkennen. Sie erwartete Folter und Tod. Die Priester waren überzeugt, dass es sich um Ketzerei handelte und Hexenmächte im Spiel waren, und in der Gegend wurde viel über die Familie Devanez getuschelt. Bruder Tomás de Torquemada war kurz zuvor zum Großinquisitor ernannt worden, und Hexenverbrennungen waren fast an der Tagesordnung. Die Familie sah ihre einzige Überlebenschance darin, Spanien zu verlassen und sich dorthin zurückzuziehen, wo sie nicht gefunden werden können. José Devanez richtete verschiedene Zufluchtsorte für seine Familienmitglieder ein und versprach, ebenfalls zu verschwinden, sobald ihm zu Ohren käme, dass die Priester gegen die Familie tätig würden.«
    »Wohin sind sie

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