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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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mehr auf den Weg geachtet und sich nur noch an der Weite der Siringit sattgesehen. Liyas herablassende Stimme erinnerte ihn unangenehm daran, dass er sich auf der Flucht befand. Und er machte sich keinerlei Illusionen über seine Lage. Er verfolgte eine brutale, eiskalte Mörderin, wurde vermutlich selbst als Mörder verfolgt und bewegte sich dabei in einer Welt, die ihm immer noch völlig fremd war. Die Siringit wirkte wie ein Urparadies, aber das bedeutete nicht, dass sie ungefährlich war. Leben und Sterben lagen hier nah beieinander, und Sariel glaubte Liya, dass kein Tier hier jemals an Altersschwäche starb. Das Leben war frei in der Siringit, aber der Tod kam schnell und brutal.
    »Soll ich dir die Tiere erklären?«
    »Wie soll das denn gehen? Du siehst doch nichts.«
    »Beschreib sie mir. Komm, stell dich nicht so an. Lass mich auch ein bisschen was sehen!«
    Also versuchte Sariel, Liya, so gut es ging, die Tiere zu beschreiben, die in seinem Blickfeld auftauchten.
    Ein unvorsichtiges Watu kreuzte ihren Weg und flüchtete panisch zurück in die Deckung des hohen Grases. Watus sahen aus wie eine Mischung aus Hasen und Gazellen und besaßen am Maul zwei kurze, kräftige Stoßzähne, mit denen sie nach Wurzeln und Kräutern gruben. Mit ihrem kurzen gefleckten Fell waren sie kaum zu erkennen, wenn sie sich nicht bewegten. Auf ihrem Rücken hatte sich eine Schicht aus Horn gebildet, die sie vor Angriffen von Raubtieren schützte. Sariel sah, wie eine Herde Watus von großen flugunfähigen Vögeln gejagt wurden, die ihn entfernt an Marabus erinnerten. Diese Renngreife waren groß wie Strauße und jagten sehr geschickt im Verband. Sie waren ungeheuer schnell und nutzten ihre wenigen Federn beim Laufen als Stabilisatoren. Das machte abrupte Richtungsänderungen in vollem Lauf möglich.
    Sariel sah auch andere flügellose Vögel, dick und mit roten Kehlsäcken, die fast so groß waren wie er selbst. Rotsäcke, so erklärte Liya, waren Allesfresser. Normalerweise ernährten sie sich von kurzen Gräsern, Wurzeln und Samen, aber wenn sie auf ein verendetes Tier stießen, dann pickten sie sich auch gerne Bohrraupen und Ätzwürmer aus dem Aas. Als die Rotsäcke Sariel auf dem Kalmar entdeckten, richteten sie sich bedrohlich vor ihm auf, blähten ihren Kehlsack und stießen beeindruckende Knurrlaute aus. Als sich Sariel weiter näherte, flohen sie jedoch in heller Panik.
    Ein anderes Tier, der Rasselrücken, sah aus wie eine Art Otter und besaß harte natürliche Keramikplatten auf seinem Rücken, um sich gegen Buschfeuer zu schützen. Wenn sich das Tier schüttelte, machten die dichten Keramikschuppen ein lautes, rasselndes Geräusch, das die Artgenossen des Rasselrückens vor Renngreifen und anderen Jägern warnte.
    Die meisten Tiere waren kleine bis mittelgroße Grasfresser. Liya nannte Sariel die wichtigsten Arten und ihre Besonderheiten. Watus, Renngreife, Rotsäcke und Rasselrücken erinnerten ihn noch am ehesten an Tiere aus seiner alten Welt, aber es gab auch so völlig fremdartige Wesen wie die Ulimi. Armdicke augenlose Würmer von einem Meter Länge, die sich aus dem Boden wälzten, um dort mit ihren Sekreten Fallen zu bilden. Die Insekten, die sich darin verfingen, lösten sich in den Sekreten langsam auf und wurden dann von den Ulimi aufgeschlürft. Danach zogen sich die Ulimi wieder in ihre Löcher zurück.
    »Pass auf, dass du nicht in ihre Fallen trittst!«, warnte ihn Liya. »Ulimikotze brennt wie Feuer.«
    Sariel verzog das Gesicht und hörte Liya kichern. Sie zeigte ihm auch Ghule, mardergroße Sechsfüßler, die in Dreiergrüppchen Jagd auf Rasselrücken machten.
    »Aber mach dir keine Illusionen, es gibt auch große Jäger. Sehr große, hungrige Jäger. Du kannst sie nicht sehen, aber sie sind da, überall ringsum.«
    »Danke für die Aufmunterung.«
    »Immer gern.« Sariel fragte sich, woher sie plötzlich die gute Laune nahm. »Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Rumflennen?«
    »Nee, ist schon in Ordnung.«
    »Nee, ist schon in Ordnung!«, äffte sie ihn nach. »Mal zu sagen, dass ich mich ziemlich gut halte, dafür, dass meine Lage so beschissen ist, fällt dir wohl nicht ein.«
    Sariel stöhnte und konzentrierte sich wieder auf den Weg. Auf dem Rücken des Kalmars war er weithin gut sichtbar, ein ideales Ziel für Tiere auf Beutezug und die Ori, die ihn verfolgten. Sariel wäre lieber zu Fuß gegangen, aber erstens war er auf dem Kalmar sicherer, und zweitens reichte ihm das Steppengras bis

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