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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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Ungeheuerliche.
    »Mingan?«
    Li nickte. »Ich hatte die ganze Zeit über so einen Verdacht. Deswegen habe ich sie heute Nachmittag auch noch einmal verhört. Aber sie war geschickt. Ich fand, zu geschickt. Als ob ihr jemand die Worte vorsagt.«
    »Wo ist Mingan jetzt?«
    Li zögerte. »Sie könnte noch leben. Aber da auch von ihr jede Spur fehlt, ist sie vermutlich ebenfalls tot.«
    »Und der Sariel? Ist der auch tot?« Li schwieg ratlos. »Li!«
    »Ich weiß es nicht«, hauchte Li. »Ich weiß es nicht.«
    Der Gon Shi wandte sich wieder an die vier Ältesten. »Ich will, dass weitergesucht wird. Und wenn ihr den ganzen Palast niederreißen müsst, ich brauche eine Spur des Sariel! Falls er lebt, wird er die Zeitbombe gegen uns einsetzen. Unser aller Leben hängt davon ab, den Sariel zu finden, bevor er uns alle ins Nichts schickt.«
    Damit entließ Chuang Shi die Ältesten und auch Li und schloss die Tür eilig hinter sich zu, damit niemand sehen konnte, wie er um seine Tochter weinte.
    Li war selbst zum Heulen zumute. Er verfluchte sich wegen seiner Naivität gegenüber Mingan und fühlte sich mitschuldig an Liyas Tod. Mingan und der Sariel hatten die ganze Zeit zusammengearbeitet, daran konnte kein Zweifel bestehen. Das Einzige, was er noch für Liya tun konnte, dachte Li, war, den Sariel zu finden und zu töten. Das war er dem Mädchen schuldig, in das er sich auf den ersten Blick verliebt hatte. Auch wenn ihm das alles erst vor wenigen Stunden klar geworden war.
    Unendlich traurig trat Li ins Freie. Die lange Pangea-Nacht war längst angebrochen und wurde erhellt von Hunderten von Fackeln. Lis Blick fiel auf ein Gebäude ihm gegenüber. Kalmarställe. Er sah, wie einige Kalmare mit ihren Reitern majestätisch herausschritten und sich verteilten. Augenblicklich durchzuckte ihn eine Idee und er rannte quer über den Hof zu dem Stall.
    Wenige Minuten später stand er wieder vor dem Gon Shi. »Der Sariel befindet sich nicht mehr im Palast!«, keuchte er atemlos. »Ich weiß nicht, wie, aber er ist nicht mehr hier!«
    »Woher willst du das wissen?«, presste Liyas Vater hervor.
    »Biao ist nicht mehr da. Er würde niemals einfach so verschwinden.«
    »Biao würde sich auch niemals einfach so von irgendjemandem entführen lassen.«
    »Doch!«, widersprach Li. »Liya hat mir erzählt, wie gut der Sariel mit Biao umgehen konnte. Dass sie sich fast verstanden haben. Sie war sogar ein bisschen eifersüchtig!«
    Chuang Shi zögerte mit der Antwort. Seine Backenmuskeln zuckten, während er nachdachte. »Wie hat er das gemacht?«, fragte er leise. Li hatte darauf keine Antwort.
    »Ich habe einst geträumt, dass es so weit kommen würde«, sagte der Gon Shi plötzlich tonlos. »Der Tod meiner Frau, Liyas Tod. Ich habe alles gesehen, habe versucht, Liya von ihrem Vorhaben abzuhalten, aber ich wusste natürlich, dass es vergeblich sein würde. Ich habe alles geträumt - aber trotzdem zerreißt es mir nun das Herz.« Li schwieg bedrückt über den unerwarteten Gefühlsausbruch.
    »Ist ja jetzt auch egal, wie der Sariel uns entkommen ist. Nehmen wir mal an, dass du recht hast, Li. Dann wird der Sariel in jedem Fall versuchen, den Ngongoni zu erreichen.« Der Gon Shi blickte Li an. »Ich will, dass alle verfügbaren Zhan Shi die Verfolgung aufnehmen. Bringt mir den Mörder meiner Tochter. Und zwar tot. Wir hätten ihn gleich auf der Stelle töten müssen.«
    Gleich hinter Orisalaama spannte sich die Unendlichkeit auf. Savanne, so weit das Auge reichte und noch weiter. Schwarzer Boden, grünes Land. Die Berge der Siringit berührten den Horizont in allen vier Himmelsrichtungen und noch darüber hinaus. Obwohl die Siringit kleiner als die Regenschattenwüste war, wirkte sie größer, denn mit der sanften Dünung ihrer Hügel bot sie dem Auge mehr Abwechslung. Und wimmelte überdies von Leben.
    Verborgenem Leben.
    Von Biaos Rücken blickte Sariel über eine endlose, fruchtbare Graslandschaft, getupft mit violetten und weißen Blüten. Aber mit jedem bedächtigen Schritt des Kalmars hörte er es ringsum rascheln, zirpen und knurren. Tausendfache verborgene Bewegung überall. Tausendfaches Jagen und Gejagtwerden, tausendfacher Überlebenskampf, tausendfaches Leben, tausendfacher Tod.
    »Lass dir bloß nicht einfallen, abzusteigen. Sobald du dich nur drei Schritte von Biao entfernst, würdest du zerrissen und aufgefressen werden.«
    Sariel zuckte zusammen, als er Liyas Stimme nach längerer Zeit wieder hörte. Er hatte eine Weile nicht

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