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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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Ließ sich praktisch abführen, denn so musste es für alle Außenstehenden wirken. Um den Eindruck etwas abzumildern, setzte sie ein hochmütiges Gesicht auf. Die ganze Zeit über ging ihr nur ein Gedanke durch den Kopf: Was will der Gon Shi von mir? Es gab überhaupt keinen Grund, sie vorzuladen. Und selbst wenn, hätte der Gon Shi das normalerweise zuerst mit ihrem Vater besprochen. Und dann ihr Vater mit ihr. Aber vielleicht, dachte Liya nun, steckte ja auch ihr Vater hinter alledem. Das beruhigte sie keineswegs. Im Gegenteil.
    Hinter der Spelunke warteten drei gesattelte Sandspringer. Die Tiere wirkten wie eine groteske Kreuzung aus Schnecken und Kängurus der Menschenzeit. Sandspringer waren Pflanzenfresser und lebten am Rand der großen Wüste. Die friedlichen Herdentiere hatten eine einzigartige Sprungtechnik entwickelt, um Angriffen von Feuerspuckern und anderen Fressfeinden zu entkommen. Sie balancierten hüpfend auf ihrem muskulösen Hinterleib und konnten aus dem Stand mehrere Meter weit springen. Sie waren zwar friedliche, aber wilde und frei lebende Tiere. Daher kaum zu bändigen. Die Zhan Shi hatten dennoch einen Weg gefunden, sie als Reittiere abzurichten. Es war nicht leicht, einen Sandspringer zu reiten, man musste viel Übung haben, um nicht beim ersten Sprung abgeworfen zu werden und auch die Richtung zu halten. Liya hatte es erst einmal versucht und war ansonsten nur die langsamen Kalmare gewohnt.
    »Der ist für dich«, sagte der Mistkerl, deutete auf den kleinsten der drei Sandspringer und stieg ohne weitere Erklärung auf einen der beiden anderen.
    »Schon mal geritten?«, fragte der Jüngere.
    »Na klar. Kein Problem!!«, erwiderte Liya so lässig wie möglich und näherte sich dem Tier, das bereits bösartig seine kräftige Zahnreihe entblößte, mit der ein Sandspringer auch die zähsten Wüstenpflanzen zermalmen konnte.
    Jetzt bloß nicht zimperlich!
    Mit einem entschlossenen Ruck ergriff sie das Halfter und schwang sich in den Sattel. Der kleine Sandspringer bockte kurz, aber Liya - nervös, wütend und ratlos - trat ihm mit beiden Fersen voll in die Seite, um ihm die Flausen ein für alle Mal auszutreiben. Der Sandspringer kapierte und hielt nun still. Der Mistkerl nickte ihr kurz zu und ritt los.
    Die Bewegung der Sandspringer schien allen Gesetzen der Biologie und der Physik zu widersprechen. Eine Mischung aus kleinen Hüpfern, Verrenkungen und großen Sprüngen, die absurd, lächerlich und ziemlich anstrengend wirkte. Dabei konnten die Tiere auf diese Weise fast mühelos große Strecken zurücklegen. Dennoch war Liya die ruck- und stoßartigen Bewegungen nicht gewohnt und hatte größte Mühe, nicht aus dem Sattel geschleudert zu werden. Gleichzeitig musste sie dem widerspenstigen Tier die Richtung aufzwingen. Die beiden Zhan Shi legten mit ihren Sandspringern ein hohes Tempo vor, jagten durch die engen sandigen Gassen und rasten um die Ecken, als ob sie Liya abhängen wollten. Wenn ein Hindernis im Weg auftauchte, wurde es einfach übersprungen, auch wenn es mehrere Meter hoch war. Oder der Sandspringer überlegte es sich anders, blieb abrupt stehen und hüpfte um das Hindernis würdevoll und vorsichtig herum.
    Kein Spaß.
    Schon nach wenigen Metern tat Liya jeder Knochen im Leib weh, und sie verfluchte sich, dass sie sich so mit Mondtränen vollgestopft hatte. Sie unterdrückte das Würgegefühl und hätte das Tempo gern gedrosselt. Aber sie wollte sich vor den beiden Zhan Shi keine Blöße geben, denn sie war sicher, dass dieses Höllentempo reine Schikane für ihre patzige Antwort war. Und das wiederum machte sie zornig genug, um die Zähne zusammenzubeißen und ihren Sandspringer anzutreiben.
    Eher fallen die beiden Mistkerle tot vom Tier, bevor ich vor ihren Augen kotze!
    Liya fand, ein Wettrennen durch die Stadt sei ein gutes Mittel, sich von der Übelkeit abzulenken. Sie hatte bereits den Jüngeren vor ihr eingeholt. Erschrocken nahm er Liya neben sich wahr.
    »Lass das!«, rief er. »Spinnst du? Bleib hinter mir!«
    Liya hörte gar nicht hin. Sie überholte ihn und hatte nach zwei weiteren Seitengassen auch den Mistkerl erreicht. Seine Reaktion, als er Liya neben sich sah, war eine völlig andere. Er griff ihr einfach in das Halfter und hielt an. Gleichzeitig hielt auch Liyas Sandspringer an. Liya wurde ruckartig aus dem Sattel geschleudert und landete vor dem Mistkerl im Sand. Ein paar Leute in der Gasse lachten.
    »Bleib hinter uns«, sagte der Mistkerl bloß von seinem

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