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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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verursacht. »Von Kettensägen halten die offenbar nichts«, bemerkte ich.
    Cantrell, der auf der eckigen Schnauze des Motorschlittens gesessen hatte, wurde wieder munter. »Aber wir!«
    Cantrell bestand darauf, er sei schneller, wenn er die neun Kilometer zum Blockhaus allein zurücklege, um die Kettensäge zu holen, und rauschte ab, ehe wir ihn zurückhalten konnten. Griff, Arnie und ich warteten neben dem gefällten Baum. Mehrere Minuten vergingen, ohne dass wir etwas sagten. Dann gab Griff Arnie das Gewehr zurück.
    »Danke«, sagte der Arzt.
    »Keine Ursache«, erwiderte Griff.
    Rücken an Rücken bezogen wir Stellung und blinzelten die Schneeflocken fort, während wir nach Bewegungen im Wald Ausschau hielten und einander Geschichten erzählten, um die Angst einzudämmen.
    Arnie hatte seine Frau an der High School kennen gelernt. Sie hatte als Gerichtsreporterin gearbeitet und ihm damit das Studium finanziert. Die beiden hatten drei Töchter. Die älteste, Michelle, war neun und hatte ihn gebeten, sie irgendwann einmal auf die Jagd mitzunehmen. Er hatte es in Erwägung gezogen, doch jetzt wusste er nicht, ob es richtig war. Griffs Sohn Jack hatte Elektrotechnik studiert und ging kaum noch auf die Jagd. »Die Leute seiner Generation können sich nicht mehr lange genug konzentrieren«, sagte Griff traurig. »Ihre Welt besteht nur noch aus schnellen Bildfolgen und Informationen, vorverdaut und ausgespuckt.«
    Ich erzählte, wie Kevin versucht hatte, Patrick das Interesse an der Jagd auszureden, nachdem mein Interesse wieder erwacht war. Doch auch nachdem ich ausgezogen war, gab Patrick vor, seine Krücke sei ein Gewehr. Sehr zum Leidwesen seines Vaters.
    Griff lachte. »Weiß dein Mann denn nicht, dass es in den Genen liegt? Seit zigtausend Jahren? Ein angeborener Jagdtrieb lässt sich doch nicht in ein oder zwei Generationen wegerziehen.«
    »Städter haben keinen Zugang mehr zu ihrer Natur«, stimmte ich zu.
    »Das ist wahr«, sagte Arnie elend. »Aber wenigstens wird man in der Stadt nicht gejagt.«
    »Sehen wir dieselben Abendnachrichten?«, fragte Griff.
    Bevor Arnie antworten konnte, hörten wir das ferne Jaulen von Cantrells Motorschlitten, und bald darauf sahen wir durch das Schneetreiben die Scheinwerfer. Dank der leistungsstarken Kettensäge machte der Pächter kurzen Prozess mit dem Stamm.
    Als wir uns wieder auf den Weg machten, war es schon zehn. Wir würden das Camp nicht vor zwei Uhr nachmittags erreichen. Auf den nächsten fünfundzwanzig Kilometern lagen noch acht gefällte Bäume über dem Weg. Außerdem hatte jemand die Planken auf der kunstlosen Brücke über den Stick River zerhackt.
    Schweigend fällten wir junge Espen und legten sie über die verbliebenen Brückenpfeiler. Doch die Mühe, die die Mörder auf sich genommen hatten, um uns im Gelände festzuhalten, machte uns schwer zu schaffen, nagte an unserer Konzentration. Als der neunte Stamm den Weg blockierte, waren wir etwa zwei Kilometer vom Camp entfernt.
    »Ich geb’s auf«, klagte Arnie. »Ich weiß nicht, ob ich den noch schaffe.«
    »Geht ohnehin nicht«, sagte Cantrell. »Benzin ist alle. Von hier aus müssen wir zu Fuß gehen.«
    »Ich kann nicht mehr«, jammerte der Kinderarzt.
    »Es muss sein!«, sagte Griff. »Entweder alle oder keiner.«
    Mir tat der Rücken weh. Die lange Unterwäsche klebte mir von der vielen Schlepperei inzwischen kalt und klamm am Körper. Ich unterdrückte ein Zähneklappern. Aber jetzt war ich so weit gekommen. Ich konnte nicht einfach aufgeben. »Ich will an dieses Funkgerät.«
    »Ich auch«, sagte Griff.
    Arnie gab klein bei. »Na schön, bringen wir es hinter uns.«
    Cantrell übernahm die Führung. Ich folgte ihm, Arnie und Griff bildeten die Nachhut. Mittlerweile lagen zwanzig Zentimeter Neuschnee auf den vierzig Zentimetern, die seit unserer Ankunft gefallen waren. Ich versuchte, mich ganz auf die Zukunft zu konzentrieren, den Ballast der Vergangenheit abzuwerfen. Doch während wir durch diese kreideweiße Welt stapften, war ich außerstande, die Erinnerungen abzuschütteln, die der Schneesturm in mir geweckt hatte.
    Mein Vater hatte in zwei, vielleicht auch in mehr Welten gelebt. Für die Öffentlichkeit war er Chirurg. Sein Privatleben aber bestimmten die Lehren, die er als Junge von Mitchell erfahren hatte. Er hielt sich nicht für einen vollwertigen
Puoin
oder Schamanen, so wie Mitchell. Dabei war mein Vater im wahrsten Sinne des Wortes ein Medizinmann.
    Ich muss etwa zwölf gewesen sein, als

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