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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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längst dunkel, als wir zurückkamen. Kevin war außer sich gewesen vor Sorge und wollte wissen, was passiert war. Die Kinder seien beim Spazierengehen hingefallen, sagte ich. Mehr nicht.
    »Ich bin einem Hirsch nachgelaufen, ganz weit draußen im Wald«, sagte Patrick.
    »Und ich hab Hunger bekommen und bin auf einem Stein ausgerutscht«, sagte Emily.
    »Das wird schon wieder«, versicherte ich vergnügt.
    »Hast du das Geld zurückgefordert?«, fragte er.
    »Morgen«, versprach ich.
    Zwei Tage später konsultierte er ohne Vorwarnung einen Anwalt. Er beschrieb mich als psychisch gestört und behauptete, mein Verhalten stelle eine Bedrohung für die Kinder dar. Als Beweismittel dienten ihm die Krankenhausberichte und die Kontoauszüge. Er reichte die Scheidung ein und erwirkte eine einstweilige Verfügung.
    Man überbrachte mir den Beschluss auf dem Parkplatz vor meinem Büro, doch als ich wütend zu Hause ankam, waren die Schlösser ausgetauscht und meine Kleider in die Garage geschafft worden. Ich erwirkte eine Anhörung vor dem Familienrichter. Der Richter fragte mich, wofür ich so viel Geld ausgeben wollte, warum ich spät nachts die gemeinsame Wohnung verlassen und meine Kinder mit in den Wald genommen hätte. Ich erklärte es ihm, so gut ich konnte, ohne die wiederkehrenden Träume zu erwähnen.
    Er schien zu spüren, dass ich ihm nur das Nötigste preisgab.
    »Ich bin zwar nicht der Überzeugung, dass Sie eine solche Bedrohung für Ihre Kinder darstellen, wie Ihr Mann behauptet, Mrs. Jackman«, sagte er. »Doch angesichts der Umstände mache ich mir Sorgen um Sie und rate Ihnen dringend, ein psychologisches Gutachten erstellen zu lassen. Falls es zu Ihren Gunsten ausfällt, können wir über ein gemeinsames Sorgerecht reden.«
    Ich sah schon, was passieren würde, wenn mich ein Psychologe zu Gesicht bekäme. Er würde meine Vergangenheit ausgraben, zu dem Schluss kommen, dass meine Psyche stark belastet sei, und mir zerstörerische Tendenzen bescheinigen, die mir selbst, aber auch den Menschen um mich herum zum Verhängnis werden könnten. Damit hätte ich Emily und Patrick endgültig verloren. Es machte mich krank, aber wenn ich auf lange Sicht das Sorgerecht wollte, musste ich möglicherweise jetzt auf sie verzichten.
    »Ich brauche keinen Psychologen«, sagte ich dem Richter. »Ich bin ihre Mutter, und ich liebe sie, das muss genügen.«
    »Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als Ihr Besuchsrecht einzuschränken«, entgegnete der Richter. »Eine Stunde alle zwei Wochen, bis Sie sich bereit erklären, ein Gutachten erstellen zu lassen. Nächster Fall?«
    Die Monate, die ich daraufhin allein in meiner Wohnung verbrachte, waren die längsten meines Lebens gewesen. Ich zog jeden Besuch, jedes Telefongespräch in die Länge, redete mir selbst und den Kindern ein, dass die Situation nur vorübergehend sei. Emily war noch klein, bei ihr schien es zu funktionieren. Sie war ja auch mit dem unerschöpflichen Optimismus meiner Mutter ausgestattet. Patrick dagegen, ein empfindsames, introvertiertes Kind, litt sehr unter der Situation. Und immer, wenn er mich fragte: »Wann kommst du wieder heim, Mami?«, hörte ich seinen Schmerz.
    »Bald, Schätzchen«, sagte ich zu mir selbst, als ich mich anzog. »Bald, ich verspreche es dir.«
     
    »Zwei der Motorschlitten sind in Ordnung, die werden die weite Strecke wohl schaffen«, verkündete Cantrell. »Nur ist der Weg zum Camp 4 schon seit drei Jahren unbenutzt. Ich weiß also nicht, was uns erwartet.«
    Wir standen auf der hinteren Veranda, gegenüber dem Balken mit den erlegten Hirschen. Es herrschte dichtes Schneetreiben. Eiskristalle glitzerten auf den Tierleibern. Sie schaukelten und drehten sich im Wind wie im freien Flug erstarrte Tänzer. Graue, namenlose Vögel trotzten der steifen Brise, um sich verspielt zwischen den ausgestreckten Läufen der Hirsche niederzulassen und ins rubinrote Fleisch zu picken. Die Gesichter um mich herum waren ausgezehrt vor Erschöpfung.
    »Ich brauche drei Freiwillige«, sagte Cantrell.
    Ich hob die Hand. Ebenso Griff, Nelson, Phil, Kurant und zu meiner Überraschung auch Arnie. Ich brauchte das Funkgerät, um nach Hause telefonieren zu können. Ihre Stimmen zu hören schien mir ungemein wichtig, als garantierten sie mir Sicherheit, bis das Flugzeug kam.
    Cantrell sah in die Runde, deutete dann auf Griff, mich und Arnie. »Griff wird den zweiten Schlitten fahren. Arnie und Diana geben uns Rückendeckung.«
    Phil fuhr auf. »Sie

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