Panic
wollen eine Frau mitnehmen und einen Typen, der nicht mal einen holprigen Flug übersteht? Hören Sie mal, ich war in Vietnam.«
»Vietnam!« Butch lachte. »Hör doch auf, Phil, du tust ja gerade so, als wärst du im Mekong-Delta durch Reisfelddörfer spaziert. Du warst Supply Sergeant für die Fahrzeugwerke der Army in Saigon.«
»Immerhin war ich dabei, Mann. Ihr zwei habt unterdessen Pot geraucht und seid auf Demos abgehangen. Ich war da.«
»Ich hab kein Pot geraucht«, sagte Arnie.
»Ich schon«, sagte Butch. »Na und? Trotzdem hattest du keine Feindberührung oder wie das heißt.«
Kurant meldete sich zu Wort, bevor Phil noch etwas sagen konnte. »Sie versuchen andauernd, mich aus der Geschichte rauszuhalten, Cantrell. Das lass ich mir nicht gefallen.«
Nelson stand nur kopfschüttelnd da, als könnte er nicht glauben, dass er nicht mitkommen sollte.
Cantrell wandte sich daher als Erstes an ihn: »Tim, du musst hier bleiben und dafür sorgen, dass nichts passiert. Tut mir Leid, Phil, das Letzte, was ich auf dieser Fahrt gebrauchen kann, ist so ein Hitzkopf wie Sie, Vietnam hin oder her.«
Cantrell drehte den Kopf in Kurants Richtung. »Und was Sie angeht, die Presse und ihr Recht auf Information ist mir schnurz. Arnie kommt mit, weil er Arzt ist und Anweisungen befolgt. Diana, weil sie … na ja … sie sagt, sie spürt, was in den Typen vorgeht.«
»Was zum Teufel soll das heißen, sie spürt es?«, rief Phil.
»Das heißt«, sagte ich, »dass ich aus ihren Fußabdrücken herauslesen kann, wie sie sich bewegen. Und einer von ihnen hat mich in den letzten Tagen mindestens dreimal beobachtet. Ich hab’s gespürt. Er hätte mich umbringen können, wenn er gewollt hätte, aber aus irgendeinem Grund hat er’s nicht getan.«
»O Mann!«, schnaubte Phil. »Wer’s glaubt, wird selig! Wollen Sie uns verscheißern oder was?«
Kurant starrte mich an. »Wie haben Sie das denn gespürt? Dass die Sie beobachten, mein ich.«
»Es ist eben so ein Gefühl, eine Art Ahnung«, sagte ich nur, weil ich die Tür nicht weiter öffnen wollte als unbedingt nötig. »Lassen wir’s dabei.«
»Was sagt Ihnen Ihre Kristallkugel, Madame Diana – dass Frauen Schonzeit haben?«, fragte Earl höhnisch.
»Ich weiß es nicht«, gab ich zurück, »das ist Ihr Ressort.«
»He, kleiner Mann, warum bist du nicht bei den Freiwilligen?«, fauchte Lenore.
»Ich hasse Motorschlitten«, gab der Geschäftsmann naserümpfend zu. »Die Dinger sind gefährlich.«
»Tja, aber nur, weil du letztes Jahr bei der Jagd in Manitoba von so ’nem Ding runtergeflogen bist und dir das Steißbein gebrochen hast«, spöttelte Lenore. »Earl, du verstehst ’ne Menge davon, wie man Weiber flachlegt, aber wenn’s ans Eingemachte geht, kneifst du.«
»Was soll das heißen, du …«
»Haltet den Rand, alle beide!«, befahl Cantrell. »Ich hab euer ewiges Gekeife satt.«
Earl hielt kurz inne und sah dann Lenore an. »Keifen wir?«
Unterdessen schienen Phils Schultern mit den Ohren zu verwachsen. »Sie kann sich also in die Typen reinversetzen, na und?«, sagte er. »Sie brauchen doch jemanden, der schießen kann und keine Esoterikkacke ablässt.«
Cantrell sah zwischen mir und Phil hin und her. Er hatte Zweifel bekommen. Phil stellte nicht Arnie in Frage, sondern mich. Weil ich eine Frau war. Und in eine Männerdomäne eingedrungen war.
In einer einzigen Bewegung riss ich mir das Gewehr von der Schulter, fiel auf ein Knie, zielte auf eines der Futterhäuschen am äußersten Rand der Lichtung, vielleicht hundertzwanzig Meter weit weg und kaum zu erkennen durch das dichte Schneetreiben, und drückte ab. Der Boden des Häuschens zerbrach. Ich lud durch, legte an und schoss erneut: Diesmal flog der Deckel davon. Das alles hatte nur fünf Sekunden gedauert. Phil ließ die Kinnlade fallen. »Biathlon Champion an der Maine High School. Zwei Jahre in Folge. Und jetzt Sie, Supply Sergeant.«
Phil starrte hinüber zum Futterhaus und wieder zu mir. »Scheiße.«
Ich schulterte die Waffe und ging an Cantrell vorbei auf die Motorschlitten zu. »Fahren wir?«
Laut Karte befand sich Camp 4 etwa vierzig Kilometer vom Blockhaus entfernt, eine Fahrt von zwei Stunden, wenn die Wege passierbar waren. Doch Nelson zufolge waren die Wege schon seit Jahren nicht mehr freigehalten worden. Die Fahrt würde also länger dauern.
Ich schwang mich verkehrt herum hinter Griff auf die Maschine. Wir fuhren aus dem Camp-Gelände, ein ungemütliches Unterfangen, denn
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