Panic
sonst nichts, du bist ’ne Mogelpackung, Süße!«
Lenore verzog keine Miene, nur ihre Finger zitterten. »Wie kannst du es wagen! Vor allen Leuten!«
»Was ist los, Süße?« Earl grinste. »Geht’s ans Eingemachte?«
Sie schüttete ihm ihren Drink ins Gesicht und sagte höhnisch: »Tut mir Leid, dass Gott mir die Rohre verstopft hat. Jetzt kann ich dem kleinen Mann keinen kleinen Mann schenken, dem er seine Computerfirma hinterlassen kann. Du kannst froh sein, dass du mich hast. Was Besseres kriegst du nicht mehr, merk dir das!«
Lenore lachte über Earls Gesichtsausdruck, als ihm die
Bloody Mary
übers Gesicht lief. Sie fuhr sich mit den Fingern durch die gefärbte Mähne. Dann sah sie in die Runde und zeigte auf Phil: »Wer sich meinen Skalp als Trophäe holen will, der muss darum kämpfen. Ich bin auf deiner Seite, Muskelmann.«
»Zicke«, sagte Earl auf dem Weg zur Toilette.
Keiner sagte etwas, nachdem er gegangen war. Nach einer Weile fuhr Lenore sich erneut durchs Haar und sagte: »Macht euch nichts draus. Earl und ich … hin und wieder … müssen wir uns sagen, wie sehr … wir uns mögen. Jetzt stimmt schon ab!«
»Butch?«, sagte Phil.
»Draußen«, sagte der ohne Zögern, sah aber nicht glücklich dabei aus.
Arnie hatte seine Stimme nur mit Mühe unter Kontrolle. »Ich will da nicht mehr raus. Nicht nach der Sache heute. Aber ich warte auch nicht hier drin, um auf Knien zu sterben wie dieser Pawlett. Ich will den Typ jagen.«
»Arnie, mein Alter«, sagte Phil. »Gut gemacht.«
Griff verzog die Lippen und wandte sich an den Pächter. »Ich sag’s ungern, Mike, aber ich glaube, die anderen haben Recht. Wir haben bessere Überlebenschancen, wenn wir sie aufspüren.«
Cantrell nahm die Entscheidung mit versteinerter Miene zur Kenntnis. »Sheila?«
»Ich bleib hier drin.«
»Manchmal muss man wohl Teamgeist beweisen«, sagte Theresa und verdrehte die Augen. »Drin.«
»Fünf dafür, fünf dagegen«, sagte Phil, wobei er mich und Kurant ansah.
»Ich enthalte mich«, sagte Kurant. »Ich bin Journalist. Meine Aufgabe ist es, das Ganze zu dokumentieren.«
»Jetzt Sie, Diana.«
Ich spürte ein saures Flattern tief in der Brust. So müssen sich Frauen vor zigtausend Jahren gefühlt haben, wenn sie ihre Kinder um sich scharten, das Lager abbrechen und ihren Gefährten in unerforschtes Gebiet folgen mussten.
Ich wusste in diesem Augenblick, dass ich mir die vergangenen fünfzehn Jahre eingeredet hatte, ich könnte mich für immer in der Back Bay von Boston vor den Widrigkeiten des Lebens verstecken. Die Dürftigkeit dieser Philosophie kam mir jetzt geradezu absurd vor. Ich würde Heim und Herd verlassen müssen. »Ich geh raus.«
»Ich wusste es!«, rief Phil.
»Allerdings unter zwei Bedingungen«, fügte ich hinzu. »Wir versuchen sie zu fangen, nicht zu töten. Und weder Sie, Phil, noch Sie, Cantrell, führen das Kommando.«
»Was? Wer denn sonst?«, fragte Phil. »Sie etwa?«
»Nein«, sagte ich und zeigte auf den Jagdführer. »Nelson.«
Mein Vorschlag stieß bei Cantrell nicht auf Gegenliebe. Doch nach einigem Murren räumte er ein, dass ich Recht hatte: Nelson arbeitete seit drei Jahren in der Gegend. Er kannte sie besser als irgendjemand sonst. Falls wir überhaupt eine Chance haben wollten, die Killer einzufangen, brauchten wir einen anpassungsfähigen Strategen.
Nachdem wir uns geeinigt hatten, fühlten wir uns neu gestärkt. Wir wurden aktiv, hatten uns wieder unter Kontrolle, verhielten uns weniger wie potenzielle Opfer.
Während Sheila das Abendessen vorbereitete, beugten wir uns über die Karte. Die Stellen, wo wir die Fußabdrücke der Eindringlinge gefunden hatten, kennzeichneten wir mit roten Stecknadeln. Weiße Nadeln kamen an die Stellen, wo wir sekundäre Beweismittel entdeckt hatten, zum Beispiel die gefällten Bäume. Grüne Nadeln standen für die Leichen. Eine blaue Nadel für Phils Feindberührung.
So ergab sich ein bruchstückhaftes Muster. Sie hatten Pawlett getötet, waren dann irgendwann Anfang November weiter nach Süden gewandert, auf das Metcalfe-Revier zu, und hatten die Bäume gefällt, um uns festzunageln. Die frischeste Spur hatten wir östlich und nördlich des Blockhauses gesichtet, diesseits des Dream River und südlich des Stick River. Wir würden unsere Bemühungen daher auf diesen Quadranten konzentrieren, etwa einhundertachtzig Quadratkilometer groß.
»Hundertachtzig Quadratkilometer ist ’ne Menge«, sagte Nelson bei Tisch.
»Wir
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