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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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welche Alternativen er sonst noch haben könnte, als er etwas völlig Unerwartetes tat: Seine Spur brach ab. Komplett. Genau wie an dem Abend, als ich Patterson gefunden hatte.
    Ungläubig starrte ich auf den letzten Fußabdruck. Im selben Moment kam sie über mich, die gleiche elektrische Spannung, die ich vor vielen Jahren kurz vor dem Auftauchen des Bären wahrgenommen hatte. Ruckartig richtete ich Augen und Gewehr nach oben, spähte angestrengt zwischen die Zweige der umstehenden Bäume. Ich fühlte mich ausgeliefert, verwundbar, in der Falle. »Er ist hier!«, zischte ich Kurant und Griff zu. »Runter mit euch!«
    Sie warfen sich in den Schnee, nutzten die Deckung der Lärchenstämme, spähten in die Baumkronen. Keine Regung. Kein Laut. Nur unser eigener erstickter Atem, der sich durch zusammengebissene Zähne quälte. Und das Flirren von Schneeflocken. Und das Krächzen von Eichelhähern und Elstern.
    Das Funkgerät rauschte. Ich fasste hinunter, um es leiser zu stellen. Meine Hand war auf dem Weg zur Hüfte, als sich links von Kurant in einer hohen Banks-Kiefer ein Zweig bewegte. Im nächsten Moment löste sich eine dicke Ladung Schnee und rauschte auf uns herunter. Der Journalist riss die Flinte hoch und feuerte in die weiße Kaskade. Dreimal übertönte der brüllende Schuss jedes andere Geräusch. Noch mehr Schnee fiel herunter. Ein abgebrochener Ast stürzte zu Boden. Ich richtete den Gewehrlauf auf die Stelle, auf die Kurant geschossen hatte, entsicherte, suchte nach der menschlichen Silhouette.
    Doch da war nichts. Allenfalls die nüchterne Erkenntnis, dass unsere Empfindungen und unser Wille in das schwarze Loch gesogen wurden, das der krachende Schuss, die abgerissene Spur sowie die Gewissheit erzeugten, dass der Killer den Schuss gehört haben musste und jetzt unseren Standort kannte.
    Aus dem Walkie-Talkie ein Durcheinander von Stimmen. Earl. Dann Phil und Cantrell, gefolgt von Nelson, der die anderen anwies, still zu sein.
    »Diana?«, fragte er. »Diana Jackman, bitte melden. Diana?«
    Ich war außerstande, das Gerät in die Hand zu nehmen. Ich war wie das Kaninchen von der Schlange gebannt, überzeugt, dass sie im nächsten Moment zustoßen würde. Eine Minute verstrich. Dann noch eine.
    »Diana?«, rief Nelson.
    »Na los«, sagte Phil. »Drücken Sie auf den Sendeknopf, wenn Sie in Ordnung sind.«
    Endlich bewegten sich meine Finger, und ich drückte auf den Knopf.
    »Na also!«, sagte Cantrell. »Sagen Sie uns, wo Sie sind. Ob Sie Hilfe brauchen.«
    Kurant wandte mir das Gesicht zu. Blut tropfte ihm übers Kinn. Seine Lippe war aufgeschlagen. Und auf seiner Wange prangte ein großer roter Bluterguss, wo ihn der Gewehrkolben getroffen hatte.
    »Er ist nicht hier«, sagte er belämmert.
    »Da wär ich nicht so sicher«, rief Griff zurück. »Vielleicht spielt er mit uns.«
    »Und ob er das tut«, sagte ich.
    Endlich hatte ich das Funkgerät in der Hand, gab Nelson unsere Position durch und sagte ihm, dass alles in Ordnung sei. Bellend wies er die anderen an, in unsere Richtung zu gehen.
    Ich steckte das Gerät wieder in die Halterung und bat Kurant und Griff, mir Rückendeckung zu geben. Ich wollte mir die letzte Spur noch einmal genauer ansehen, bevor die anderen kamen und sie verwischten.
    Ich kroch also darauf zu und untersuchte sie aus fünfzehn Zentimetern Entfernung. Dieser Bursche hatte beachtliche Fähigkeiten. Ob ein Tier in der eigenen Spur zurückgegangen ist, erkennt man an der Art und Weise, wo der Belastungsschwerpunkt in der Fährte liegt. Außerdem sind durch den Abrieb der Ränder die Spuren vergrößert. In dieser Spur aber fand sich nicht der kleinste Hinweis auf eine Rückwärtsbewegung. Er war vierzehn Schritte auf nahezu vollkommene Weise in der eigenen Spur zurückgegangen. Er verhielt sich wie ein erfahrener Weißwedelhirsch, der herausgefunden hat, dass er verfolgt wird. Mein Magen krampfte sich wieder zusammen.
    In weitem Bogen hielt ich auf den Fluss zu und fand gefrorene Spritzer im Pulverschnee; er war also fast drei Meter zur Seite gesprungen und im seichten Wasser gelandet. Ich beugte mich über die Böschung hinaus, um die überhängenden Äste zu begutachten. Etwa fünf Meter weiter vorn hatte ein Ast seine Schneelast abgeworfen. Wahrscheinlich hatte er ihn mit der Schulter gestreift.
    Ich runzelte die Stirn.
    »Was ist?«, fragte Griff hinter mir.
    »Er weiß, dass wir ihm auf den Fersen sind«, sagte ich, mehr zu mir selbst als zu Griff. »Trotzdem geht er

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