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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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Zuflucht gesucht; Schösslinge und Triebe vom letzten Sommer waren sanft abgeknabbert worden, und überall stießen wir auf Wildspuren und Losung. Mehrmals schreckten wir sie aus ihren Ruheplätzen, dann wurde es laut im Unterholz: Schnauben, Grunzen, Zweigeknicken, das sich anhörte wie Schüsse.
    Auf diese Weise verging eine Stunde. Ich hatte schon Muskelkater in den Unterarmen und im oberen Rücken, so oft hatte ich bei jedem unsichtbaren Knacken und Bersten zur Waffe gegriffen. Schweiß sammelte sich um die Träger meines BH s und am Bund meiner langen Unterhose. Zwischen den Augen spürte ich einen Druck vom angestrengten Starren ins verschneite Dickicht.
    Ich musterte meine Mitstreiter, als wir auf eine Lichtung kamen. Kurants Gesicht war aschfahl. Griffs Wangen wirkten schlaff wie bei einem Siebzigjährigen. Ich machte mir Sorgen um die beiden.
    Wir hatten die Lichtung wieder verlassen, und ich arbeitete mich unmittelbar am Flussufer entlang, als ich die Spur am Wasser entdeckte, tief in den Schnee eingegraben und halb gefroren. Weiter vorn war der Schnee von den Büschen gefegt. Ich pfiff leise. Griff und Kurant blieben stehen. Ich deutete nach unten. Dann nahm ich das Funkgerät zur Hand und drückte zweimal auf den Sendeknopf, um die anderen zu warnen.
    »Ich hab seine Spur«, flüsterte ich ins Funkgerät, wobei ich gegen den Druck ankämpfte, der sich wie tiefes Wasser um mich her aufbaute.
    Nelson meldete sich sofort. »Wo?«
    Ich sah sie förmlich vor mir, wie sie auf ihre Geräte starrten und auf meine Antwort warteten. Der Killer war vor uns, irgendwo innerhalb der weiten Schlinge, die Nelson für ihn ausgelegt hatte. Sie wollten wissen, wie nah er war, wann sie mit einer Konfrontation zu rechnen hatten.
    »Wir sind noch etwa einen Kilometer vom Biberteich entfernt«, sagte ich. »Er ist durch diesen Zufluss reingekommen. Es ist der mit den gewellten Sohlen. Er bewegt sich fast direkt in östlicher Richtung.«
    »Geht ihm nach, Diana«, sagte Nelson. »Aber bleibt dicht zusammen. Und ich will alle zwei Minuten hören, wie er sich verhält.«
    »Alles klar.«
    Cantrell meldete sich zu Wort. »Die erste Chance ist die beste. Danach weiß er, dass wir Jagd auf ihn machen.«
    Ich heftete mich dem Killer an die Fersen, hielt genügend Abstand zu seiner Spur, um sie nicht zu verwischen, und bewunderte widerwillig die Behändigkeit, mit der er sich durch das Dickicht der Aulandschaft geschlängelt hatte. Ich fand die Stelle, wo sein Wolfspelz, als er Umschau hielt, den Schnee gestreift, sich in den Zweigen verfangen und dabei Haare gelassen hatte. Ich fand die Stelle, wo er im Schnee gekauert hatte, um das vor ihm liegende Gelände abzusuchen. Ich fand drei Löcher, wo seine Finger den Schnee geprüft hatten. Er untersuchte alles, sogar die Konsistenz des Bodens unter ihm. Er war ein geübter Jäger, ohne Zweifel. Der nächste Gedanke wühlte mich auf, versetzte mir einen Stich: Er belauerte uns, sogar jetzt. Ein einziger Fehler, und wir …
    Ich schüttelte den Gedanken ab. Ich durfte in ihm nicht länger den Jäger sehen, sonst verlor ich meine Entschlossenheit. Wir waren die Jäger, und er die Beute. Eine Beute, die es zu respektieren, ja, zu fürchten galt, aber trotz alledem Beute.
    Wer gute Software entwickeln wollte, der musste sämtliche Fallgruben und Irrwege vorwegnehmen, die einem Benutzer das Leben schwer machen konnten, sodass er ratlos vor dem Computer saß und sich den Kopf zermarterte, wo er im elektronischen Dschungel falsch abgebogen war. Ähnliches galt für die Jagd. Während ich den Fußspuren folgte, gaben mir meine Erinnerung an die Landkarte sowie meine Kenntnis darüber, wie der Killer sich seither bewegt hatte, Auskunft darüber, wie dieser hier sich weiter vorne, in der Nähe des Biberteichs, verhalten könnte. Der Wasserlauf war sein Verbündeter und sein Weg. Doch bald schon würde er ihn verlassen müssen. Vielleicht würde er den Teich in nördlicher Richtung umgehen und dabei auf Nelson und Cantrell stoßen. Oder er würde gegen den Wind laufen, auf den See im Süden und auf diejenigen zu, die aus dieser Richtung zu uns stießen.
    Wir waren jetzt nur noch knappe vierhundert Meter vom Biberteich entfernt. Der Wind legte sich. Tiefe Stille senkte sich über den Wald und hüllte mich ein.
    Das Funkgerät krächzte. Wo er sei, wollten sie wissen. Unsere Schlinge wurde immer enger. Er musste unmittelbar vor uns sein. Doch niemand hatte ihn gesehen.
    Ich zermarterte mir das Hirn,

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