Panik: Thriller (German Edition)
wenn ihr euch traut«, sagte er leise und zielte mit der Waffe ins Schlafzimmer. Bei der Vorstellung, die Waffe tatsächlich einzusetzen, sie auf einen Menschen abzufeuern, wurde ihm allerdings ganz anders.
Er trug seine Beute in den Flur und legte den Revolver vorsichtig in die Tasche zwischen seine Klamotten. Eines der Geldbündel steckte er daneben, dann zog er den Reißverschluss zu. Das andere Bündel ließ er wie ein Daumenkino durch die Finger gleiten. Die Queen starrte ihn von jedem Schein ernst an. Unwillkürlich dachte er an neue Turnschuhe und Spiele für seine Xbox, Gedanken, die er schnell wieder verdrängte. Wenn die Lage wirklich so ernst war, wie es aussah, dann brauchte er das Geld, um zu überleben– für Essen, Unterschlupf und vielleicht sogar, um sich eine Transportmöglichkeit zu verschaffen, bis das alles hier vorüber war.
Er stopfte das Geld in die Jogginghose, die er vorhin angezogen hatte, und warf sich die Sporttasche über die Schulter. Dann schleppte er sie die Treppe hinunter, durch den Wintergarten und den kurzen Flur in die Garage. Er stellte sie vor der Tür ab, ging ins Haus zurück und holte sich eine Flasche Dr. Pepper aus dem Kühlschrank. Der Computer war noch an, auf dem Bildschirm war nach wie vor die Yahoo Answers-Seite zu sehen. Sie war einfach das erste Ergebnis gewesen, als er bei Google » Warum wollen mich alle umbringen?« eingegeben hatte. Er nahm einen Schluck– der Zucker würde ihn wieder in Form bringen–, dann drückte er auf Aktualisieren.
Unter seiner Antwort war eine Nachricht, die Cal mit einer Mischung aus Panik und Erleichterung las. Erleichterung, weil er nicht allein war. Panik, weil jemand anderem das Gleiche passiert war, was bedeutete, dass es wirklich schlimm stand. Er fuhr mit der Maus über den Benutzernamen des anderen: Rick_B. Dann klickte er auf den Link zu einem privaten Forum namens Gehasst. Wahrscheinlich nur einer dieser Internetperversen, die sich mit Kindern unterhalten wollten. Egal– Cal hatte einen Revolver, er konnte sich verteidigen.
Und vielleicht, ja, vielleicht war die Nachricht auch ernst gemeint.
» Okay, Mr. B«, sagte er, als sich die neue Seite aufbaute. » Dann schauen wir mal, was du zu sagen hast.«
Brick
Fursville, 16 : 50 Uhr
CalMessiRonaldo: wie gesagt, ich war in der schule beim fußball und plötzlich sind mir alle hinterher. nicht aus spaß, am anfang dachte ich nämlich, es wär ein Jux, aber dann wollten sie mich erwürgen und schlagen und habn mich durch die ganze schule auf die straße verfolgt, und da waren noch andere, leute beim einkaufen und so. ich bin nur wegen dem auto überhaupt entkommen. Sie htten mich umgebracht. Und bei dir?
Brick steckte sich eine weitere von diesen gummibärchen-ähnlichen Colaflaschen in den Mund und kaute langsam, während er sich die Nachricht, die unter seiner eigenen aufgetaucht war, noch einmal durchlas.
Rick_B: Meine Freundin wollte mich umbringen, hat mir ins Gesicht gebissen. Dann ist sie so lange gegen eine Tür gerannt, bis sie umgekippt ist. Ich bin an einem sicheren Ort, den keiner kennt. Ich muss rausfinden, was hier los ist. Irgendwelche Vorschläge?
Er schickte die Nachricht ab, dann nahm er noch ein Colafläschchen aus der Tüte. Er rutschte auf dem harten Boden herum. Oben im Restaurant waren bequeme Stühle und Tische. Trotzdem wagte er es nicht, sich von der Stelle zu bewegen, aus Angst, die Verbindung zur einzigen Person zu verlieren, die ihm aus diesem Schlamassel helfen konnte. Brick zwang sich, mit dem Aktualisieren fünf Minuten zu warten, indem er leise bis 300 zählte. Die Grabesstille, die im Foyer herrschte, hätte ihn dabei fast wegdämmern lassen. Dann klickte er erneut.
CalMessiRonaldo: keine ahnung, ich hab eine sch**angst. ich bin zu hause, meine mum kommt gleich heim, glaubst du sie greift mich auch an? wo bist du?
Brick griff nach einem weiteren Colafläschchen, zog die Hand aber wieder zurück. Die sieben oder acht, die er bereits gegessen hatte, lösten sich unagenehm blubbernd in seinem leeren Bauch auf. Er rülpste und schluckte die Magensäure herunter. Was nun? Sollte er ihm verraten, dass er in Fursville bei Hemmingway war, oder war das zu riskant? Eigentlich glaubte er nicht, dass er einen Cop erwischt hatte– und selbst wenn, gab es nicht Gesetze gegen so etwas? Das war doch Anstiftung oder so. Außerdem konnten die Cops bestimmt besser rechtschreiben als dieser Typ. Er stieß leicht mit dem Kopf gegen die Wand hinter sich,
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