Panik: Thriller (German Edition)
Brick, darüber müssen wir noch mal nachdenken.«
» Zu spät«, antwortete Brick und tippte mit dem Finger auf die rotblinkende Batterieanzeige am oberen Rand des Bildschirms. » Wir haben keinen Saft mehr, und hier gibt’s keinen Strom.«
Cal fluchte so laut, dass Daisy erneut zusammenzuckte. Sie drehte sich herum, öffnete die Augen und sah ihn an. Als ihr träumerisches Lächeln verschwunden war, war sie auch schon wieder eingeschlafen.
» Pass auf«, sagte Brick leise. » Ich werde ihnen nichts von Fursville schreiben. Gleich da vorne ist ein ehemaliger Gebrauchtwagenhändler. Der Parkplatz davor steht leer. Wir schicken sie da hin und holen sie dort ab. Wir können alles vorher beobachten und abhauen, wenn irgendwas verdächtig ist. Okay?«
Cal schüttelte den Kopf.
» Okay?«, wiederholte Cal.
» Okay«, sagte Cal und warf die Hände in die Luft. » Okay, wie du meinst.«
Brick war bereits beim Tippen:
Ihr seid nicht allein. Wir sind an einem sicheren Ort, wir sind mehrere, und wir haben uns nicht angegriffen. Wir sind in einer kleinen Stadt namens Hemmingway in Norfolk, direkt am Strand nördlich von Hemsby. Auf der Küstenstraße kommt ihr irgendwann an Soapy’s Gebrauchtwagenhandel vorbei. Wartet dort auf dem Parkplatz, wir sehen jeden Mittag nach.
Er hielt inne und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar.
» Reicht das?«, fragte er. Cal antwortete nicht. Brick las sich alles noch mal durch. Der Mauszeiger schwebte über dem Senden-Button. » Muss wohl.«
Er klickte, und fünf Sekunden später erschien die Nachricht auf der aktualisierten Seite.
» Du weißt schon, dass man kein Genie sein muss, um rauszufinden, dass wir uns in dem großen verlassenen Freizeitpark verstecken«, sagte Cal und ließ sich in seinem Stuhl zurückfallen. » Wir hätten sie zu den Toiletten schicken sollen.«
» Das ist zu weit weg«, sagte Brick. » Wir müssen ja jeden Tag dorthinlatschen. Und viel sicherer ist das auch nicht.«
» Hier ist es nicht sicher«, zischte Cal. Brick klappte den Laptop zu und trommelte mit den Fingern darauf. » Wir müssen Sicherheitsvorkehrungen treffen«, fuhr Cal fort. » Den Zaun verbarrikadieren und uns einen Notfallplan ausdenken.«
Brick wartete einen Augenblick, dann sah er auf. Er starrte Cal an, doch gleichzeitig schien es, als würde er durch ihn hindurch auf etwas viel Tieferes blicken.
» Die Welt zerfällt«, sagte er mit tiefer Stimme. Cal schüttelte den Kopf, als das Gedicht, an das er sich nicht mehr hatte erinnern können, plötzlich aus Bricks Mund kam. » Die Mitte hält nicht mehr; und losgelassen nackte Anarchie.«
Brick wandte sich ab. Die Flamme tanzte in seinen Augen.
» Und losgelassen blutgetrübte Flut, das Spiel der Unschuld gottverdammt überall ertränkt.«
Der Andere: Zweiter Teil
Die Berge beben vor ihm,
und die Hügel geraten ins Wanken.
Die Welt schreit vor ihm auf,
die Erde und all ihre Bewohner.
Vor seinem Groll– wer kann da bestehen?
Wer hält stand in der Glut seines Zorns?
Sein Grimm greift um sich wie Feuer,
und die Felsen bersten vor ihm.
Nahum 1,5–6
Murdoch
Thames House, London, 23 : 40 Uhr
» Jetzt sagen Sie mir doch endlich, was hier vorgeht!«
Seit über drei Stunden wiederholte Detective Inspector Murdoch denselben Satz vor derselben verschlossenen Tür. Es war jetzt fast vierundzwanzig Stunden her, dass er, Jorgensen und seine Assistenten in ein Auto gesteckt und zum wuchtigen Hauptquartier des MI -5 an der Themse gefahren worden waren. Sie behandelten ihn wie einen Terroristen. Als ob er für diese seltsame, unaufhörlich atmende Leiche verantwortlich wäre. Sofort nach seiner Ankunft hatten sie ihn an Dioden und Sensoren angeschlossen und ihn mit einer Frage nach der anderen bombardiert, ohne auch nur eine seiner eigenen zu beantworten. Und seitdem ließen sie sie in diesem Kellerraum schmoren.
Er hatte noch nicht mal seine Frau anrufen dürfen. Sie hatten sein Handy und das Polizeifunkgerät beschlagnahmt– und seinen Dienstausweis. Er hätte schon gestern um diese Zeit zu Hause sein müssen– sie machte sich sicherlich furchtbare Sorgen. Sein Magen krampfte sich bei der Vorstellung zusammen, sie nie mehr wiederzusehen, nie wieder seinen kleinen Jungen im Arm zu halten.
Das ist doch lächerlich. Du bist nur erschöpft. Aber da machte er sich etwas vor. Er hatte dieses unmögliche Ding gesehen, diese lebende Leiche, die alle seine Gewissheiten zu verhöhnen schien. Die Realität stürzte in sich zusammen,
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