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Panter, Tiger und andere

Panter, Tiger und andere

Titel: Panter, Tiger und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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leiden kann. Und ich will dir eins sagen: Wenn du in seiner Gegenwart berlinerst, dann kriegst du die erste große Abreibung, die du in unserem Zusammenleben von mir bekommen hast. Ab!« Theochen aber sprach, und es klang, wie wenn jemand Mäuse in eine Blechbüchse gesperrt hätte und dazu Baß spielte: »Woso kann er denn diß nich leihn? Un wat jeht mir denn det an –?« »Er kann es eben nicht leiden«, sagte ich. »Und du wirst dich freundlicherweise von heute ab – zur Probe schon von heute ab – nach dem richten, was ich dir gesagt habe!« Theochen ging los, das gute Kind. Nicht ohne ein schönes Lied der Claire Waldoff angestimmt zu haben:
»Berlina Blut – –
Berlina Blut is jut!
Berlina Blut –
Berlina Blut is jut!
Doch kommt Berlina Blut
mal in die Wut – :
denn haut Berlina Blut dir aba mächtig uffn Hut!«
     
    Ja, warum Onkel Erich es nicht leiden konnte, wenn jemand den trauten Dialekt meiner Heimatstadt sprach –: das habe ich nie ergründen können. Es muß da einmal etwas gewesen sein … eine zurückgegangene Verlobung mit einer durchaus nicht auf den Mund gefallenen Berlinerin … kurz: er konnte es nicht leiden. Aber »was mir det anjing« … das wußte ich nur zu genau.
    Sie werden lachen: es gibt noch Onkel auf der Welt, die Geld haben. Und es gibt – habe ich mir sagen lassen – noch Neffen, die auf dieses Geld … Gott bewahre mich davor: nicht warten! … nein, das nicht. Also … die froh wären, wenn sie es hätten. Onkel Erich war meiner Frau, meinem Jungen und mir im ganzen wohlgesinnt; das wußte ich. Da war auch ein Testament… das wußte ich auch. Aber nun eben dieses Berlinern – ich hatte ein bißchen Angst. Denn das letztemal, vor langen, langen Jahren, als Onkel Erich bei uns zu Besuch gewesen war, da lallte Theochen noch, und gelallt wird in Berlin genauso wie in Hannover. Mir kam ein Gedanke. »Theo!« rief ich.
    Er kam. »Theochen!« sagte ich. »Du wirst dich von heute ab üben. Du wirst dich im Berlinischen üben – oder vielmehr im Nichtberlinischen – und ich sage dir: Laß es dir nicht einfallen, in meiner Gegenwart zu berlinern! Vor allem gewöhne dir das häßliche Jot ab!« – »Du lieber Jott!« sagte Theochen. – »Eben nicht! Eben nicht, du Storchenschnabel!« schrie ich. »Es heißt nicht Jott! Es heißt Gott! Gott! Sprich nach!« – »Gott«, sagte Theochen. »Jetzt sag mal: Eine gut gebratene Gans ist eine gute Gabe Gottes.« – »Eine gut jebratene Gans ist eine jute Gabe Jott… Gott… Jottes…« »Na wart’ nur!« sagte ich. »Jetzt geh und übe diesen Satz, und ich komme nachher und frage dich ab. Und wenn du mir ein einziges Jot sagst …!«
    Das war Mittwoch. Donnerstag erschien Onkel Erich. Leider fing die Sache damit an, dass der Träger den Onkel fragte: »Ham Sie Jepäck uffjejehm?« und der Onkel legte nicht schlecht los. Was das für eine Sprache sei; das sei überhaupt keine Sprache, das sei ein tierisches Gebrumme – und er, in Hannover, sei ein ganz anderes Deutsch gewöhnt! Gott sei Dank! Das reinste. Das allerreinste. Ich nickte gottergeben und rechnete geschwind einige große Zahlen aus, die sich ergaben, wenn … »Nach welche Jejend wolln Sie denn fahn?« sprach der Kofferträger. Und ich betete zu Buddha, der da sein Auge gerichtet hält auf die niedersten Insekten und auf die Oenkel aller Welt. Und der Onkel lief rot an. Und gab dem Träger kein Trinkgeld. Und da sagte der Träger viele schöne Sachen auf, nicht grade in schierem Hochdeutsch aber man verstand jedes Wort, und ich rang in meinem Innern die Hände. Doch, das kann man. Und dann fuhren wir. »Eine ekelhafte Sprache!« knurrte der Onkel.
    Wir kamen zu Hause an. Ich schloß die Korridortür auf, meine Frau kam gleich heraus, begrüßte den Onkel und nahm ihm die Sachen ab. Der Onkel dankte gerührt. Theo war nicht da. »Theo!« rief ich. Theo kam nicht. »Wo ist denn der Junge?« fragte ich meine Frau. »Theo!« riefen wir gemeinsam. »Der Onkel ist da!« – Und da erschien Theo, wie wenn er auf etwas gewartet hätte, kam, verneigte sich vor dem Onkel und sprach laut und deutlich: »Der gute Igel Georg geigt auf der Gummigeige!«
    »Was sagt der Junge?« fragte der Onkel mißtrauisch. Ich sah den Knaben Theo an … ich sah ihn immerzu an … »Das ist nur so eine scherzhafte Redensart, um jemand willkommen zu heißen«, sagte ich. »Sag mal Onkel Erich hübsch Guten Tag!« Theo machte eine Verbeugung, gab die Hand und sprach: »Es ist gammerschade, dass ich

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