Panter, Tiger und andere
an und zeigt so recht, dass das Erbe der Birch-Pfeiffer und Courths-Clauren in guten Händen liegt. Der Text des Rüdesheim-Liedes stammt von einem Wiener Juden.
Was aber sind alle diese schönen Lieder, wie:
»Am Hügel, wo der Flieder blüht,
und eine Rosenhecke glüht«
und:
»Wißt, dort im Bergrevier,
da ist die Heimat mein,
Thüringer Waldeszier,
treu denk ich dein!«
sowie:
»Am Rhein, da hab ich das Licht erblickt,
am Rhein, da wuchs ich heran,
am Rhein, da ist mir manch Streich geglückt –«
woraus also zu ersehen, dass dieser Streich hier jedenfalls nicht am Rhein entstanden ist – was ist dies alles, sage ich, gegen das unsterbliche Lied:
»Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren,
in einer lauen Sommernacht –«?
Da mögen Welsche und Polen, Tschechen und blatternasige Kosaken dräun: solange wir solche Lieder haben, kann Deutschland nicht untergehn. Der Text stammt von zwei Wiener Juden.
Die dritte Abteilung endlich möge die der schlichtweg idiotischen Texte genannt werden, wie etwa:
»Wer hat die liebe Großmama
verkehrt rum aufs Klosett gesetzt?«
und:
»Das war bei Tante Trullala
in Düsseldorf am Rhein,
da haben wir die Nacht verbracht
voll Seligkeit beim Wein –«
Noch zahllose Lieder gibt es, schlichte Äußerungen des Volksgemütes, geeignet, am deutschen Herd, im deutschen Haus, im deutschen Hof gesungen zu werden, wofern nicht dort Teppichklopfen und Musizieren verboten ist. Wo man singt, da komme ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder.
So zieht sich der Sangesfaden von Geschlecht zu Geschlecht, nimmer rastend, ewig blühend. Haben unsre Mütter und Urmütter noch gesungen:
»Sone ganze kleine Frau,
sone ganze kleine Frau –
sone ganze, ganze, ganze, ganze
ganze kleine Frau!«
und:
»Weißt du, Mutterl, was mir träumt hat?
I hab im Himmel die Engerln g’sehn …«
so singen wir mit nicht minder herber Kraft:
»Schatz, was ich von dir geträumt hab,
hätt’ ich dir so gern erzählt«
sowie:
»Valencia –
Sieben, achte, neune, zehne,
Bube, Dame, König, As –«
und sind gewiß, dass unsre Altvordern, behaglich ihr himmlisches Pfeifchen schmauchend, voller Beifall auf Deutschland heruntersehen. Und darum benötigen wir eine Reichswehr, die uns stark, seetüchtig und schlagfertig erhält, wenn Hindenburg, oder wer sonst gerade da ist, uns einmal ruft.
Wir stehen am Ende.
Wir haben gesehen, wie das deutsche Lied und die deutsche Seele eines sind, und wie die deutsche Muse immerdar an der Spitze aller Musen marschiert. Möge sie vorne herum schwellen, hintenrum gedeihn und noch recht oft der unsterblichen Verszeile unsres großen Dichters, des Kalligraphielehrers Marcellus Schiffer, eingedenk sein:
»Mir ist schon mies vor mir–!«
In diesem Sinne auf Wiederhören in fünf Minuten zum Vortrag des Herrn Geheimrats Professor Doktor Fritz Haber, Mitglied der republikanischen Kaiser-Wilhelms- Akademie: »Der Harn im Familienleben sowie die Konservierung älteren Büchsenfleisches.«
Auf Wiederhören in fünnef Minuten –!
1927
Hetären-Gespräche
Falsch:
– »Du wunderst dich gewiß, wie ich zu diesem Leben gekommen bin. Mein Vater war Oberstleutnant bei den Husaren in Krefeld, und meine Mutter war eine geborene von. Ich hatte eine glückliche Jugend; da geriet ich im Alter von achtzehn Jahren in die Hände eines gewissenlosen Verführers, der mir im Schlaf meine Unschuld raubte. Meine Eltern verstießen mich, als die Schande offenbar wurde, und bald sank ich von Stufe zu Stufe …«
Richtig:
– … hab ich zu der Frau gesagt: Bitte, den Koffer können Sie ja gar nicht pfänden, der ist ja schon gepfändet, überhaupt werde ich mich bei der Staatsanwaltschaft beschweren, denn da hab ich sehr gute Beziehungen. Kennst du einen Staatsanwalt Kleinböhmer? Das ist ein guter Freund von mir… weißt Du, das ist ein Stiefelfreier, der kommt alle vierzehn Tage zu mir, und dann muß ich ihm… Da sagt die Frau, dann wird sie die Polizei holen. Ich sage, bitte, sage ich, holen Sie nur die Polizei, da werden Sie schon was erleben! Hast du so was gesehn! Wo überhaupt die Mieten so teuer sind! Ach, Fritzi, das ist ja gar nicht wahr – du kriegst heute in ganz Hamburg nichts Anständiges unter hundertachtzig Mark… Bestell noch ne Flasche Sekt. Sieh mal die Frau da drüben! Die war in Untersuchungshaft, drei Wochen haben sie sie da behalten, aber sie konnten ihr nichts beweisen, ihr Freund sitzt heute noch. Die hat enorm
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