Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
dass ich dich einfach so nach Hause geschickt habe. Ich hätte bei dir bleiben müssen. Es ging dir nicht gut. Und du hast recht, Silvia ist wirklich eine blöde Kuh. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie ich dich so im Stich lassen konnte.«
Ich wünsche mir in diesem Moment nichts mehr, als dass er damit aufhört, sich selbst zu kasteien. Es wäre mir viel lieber, wenn er mir Vorwürfe machen und wieder so gemein zu mir sein würde wie gestern. Oder sogar noch ein bisschen gemeiner. Damit ich mich nicht so schlecht fühlen muss. Aber er tut mir den Gefallen nicht.
»Überhaupt tut mir alles ganz furchtbar leid. Auch das mit deinen Schuhen. Du hattest solche Fußschmerzen.«
»Nein, ist doch schon gut«, wehre ich ab.
»Ich war einfach unausstehlich. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los war.« Reumütig sieht er mich an. »Verzeihst du mir?«
Ich ihm verzeihen? Irgendjemand da oben, der diesen ganzen Schlamassel angezettelt hat, lacht sich wahrscheinlich gerade kaputt über mich. »Da gibt es doch gar nichts zu verzeihen.«
»Doch, gibt es. Bitte. Du musst es sagen!« Er hat recht. Ich muss es ihm sagen. Nicht, was er meint. Sondern die Wahrheit. Dass ich mit Fred geschlafen habe. Dass ich eine schreckliche, eine untreue Freundin bin. Und dass ich es bin, die ihn um Verzeihung bitten müsste. Das muss ich ihm sagen. Aber ich bringe es nicht über mich. Stattdessen nehme ich ihn in die Arme.
»Natürlich verzeihe ich dir. Es war doch gar nicht so schlimm.« Den Kopf an seinen gelehnt sehe ich hinauf in den strahlend blauen Augusthimmel und schwöre, Buße zu tun für meinen Fehltritt mit Fred. Ich werde Nils die beste Freundin sein, die sich ein Mann nur wünschen kann. Ich werde ihn glücklich machen. Ich bin zu allem bereit. Ich würde sogar das gesamte Werk von Thomas Mann lesen, wenn ich mich dadurch von meiner Schuld reinwaschen könnte. Und das von Tolstoi noch dazu.
Kapitel 19
Um Nils’ immer noch zerknirschtem Gesichtsausdruck zu entgehen, erkläre ich ihm, kaum in meiner Wohnung angekommen, dass ich mich gerne ein bisschen hinlegen würde.
»Nimm keine Rücksicht auf mich, geh raus, triff dich mit irgendjemandem, das Wetter ist so schön.« Ich muss mich jetzt einfach in meinem Bett verkriechen, um meine Gedanken zu ordnen. Aber Nils schüttelt den Kopf.
»Ich gehe doch jetzt nicht weg.«
»Aber ich fühle mich nicht besonders gut.«
»Das verstehe ich doch. Leg dich hin. Und heute Abend lade ich dich zu einem schönen Essen ein.«
»Okay, das klingt toll«, sage ich gequält und verschwinde im Schlafzimmer. Wieso muss er so nett sein? Das habe ich doch überhaupt nicht verdient. Ich steige schnell aus meinen Knitterklamotten vom Vortag, lege mich ins Bett und schließe erschöpft die Augen. Vielleicht ist das alles ja auch nur ein böser Traum gewesen, aus dem ich gleich aufwache. Vielleicht kommt Nils gleich herein und sagt: »Steh auf, Schlafmütze. Heute ist doch Thomas’ Geburtstag. Wir müssen los.« Oh, ich würde alles anders machen! Bequeme und doch elegante Schuhe tragen, bescheiden an einem Mineralwässerchen nippen und zu Silvias Sermon höflich nicken und mir meinen Teil denken. Ich würde bis spät in die Nacht mit Nils’ Freunden plaudern, alle würden mich wundervoll finden und dann würde ich mit Nils nach Hause fahren und alles wäre gut.
Mit einem leisen Quietschen öffnet sich die Schlafzimmertür und Nils kommt herein. Leider sagt er nichts davon, dass wir los müssen, sondern kommt auf Zehenspitzen zum Bett geschlichen. Ich halte die Augen fest geschlossen und atme ganz gleichmäßig. Die Matratze wackelt, als er sich neben mich legt und zu mir heranrobbt. Ganz dicht. Sein Oberkörper presst sich an meinen Rücken, er schlingt einen Arm um mich und küsst meinen Hals. Nein, bitte nicht. Alles, nur das nicht.
»Ich vermisse dich so«, flüstert er. O Gott, womit habe ich das verdient? Seine Hand streichelt über meinen Körper. Ich liege da, steif wie ein Brett, und weiß nicht, was ich tun soll. Natürlich möchte ich ihn nicht zurückweisen, aber die Vorstellung, jetzt mit ihm zu schlafen, nur ein paar Stunden, nachdem ich mit Fred … Nein, also, das geht einfach nicht. Ich drehe mich zu ihm um und sofort liegen seine Hände auf meinen Brüsten. Er stürzt sich auf mich wie ein Ertrinkender und beginnt, mich wild zu küssen.
»Warte, Nils, bitte warte mal«, versuche ich zu sagen, wenn er meinen Mund zwischendurch mal frei gibt.
»Ich liebe dich.«
»Ich
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