Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
ihnen machen uns glücklich oder unglücklich«, zitiert Lydia altklug und duckt sich schnell, um meinem Sofakissen auszuweichen.
An diesem Abend liege ich im Bett und starre auf das kleine Foto von Fred am unteren Rand seines Artikels. In seine blitzend grünen Augen, den zu einem ironisch anmutenden Lächeln verzogenen Mund. Noch immer bin ich wütend auf ihn. Für mich war diese Nacht etwas ganz Besonderes. Und er zerrt sie erst an die Öffentlichkeit und dort vor aller Augen in den Dreck. Was soll denn das? »Sorry, Süße! So einfach ist es nicht!«, lese ich wieder und wieder. Als ob ich das nicht wüsste. Ich ärgere mich maßlos darüber, dass er mich einerseits als dummes Betthäschen hinstellt und andererseits als eine Frau, die dermaßen verzweifelt auf der Suche ist, dass ihr jedes Mittel recht ist. Das Schlimmste ist: Wenn ich den Artikel mit ein bisschen Abstand lese, dann finde ich die Sache mit dem Q-tip selbst absurd. Aber darauf bin ich doch bloß gekommen, weil die Nacht mit Fred so unvergleichlich toll war. Und der Abend davor. Das war ja nicht bloß Sex, wir haben uns auch großartig verstanden. Und viel zusammen gelacht. Ich wollte mich doch nur vergewissern, ob ich meinen Gefühlen dieses Mal wirklich trauen kann. Verärgert lege ich die Pressemappe auf meinen Nachttisch und lösche das Licht. Wie sich gezeigt hat, habe ich mich ja mal wieder gründlich geirrt.
Nachdem die Kampagne für DreamTeam erfolgreich umgesetzt ist und mich nur noch am Rande beschäftigt, wende ich mich in der Agentur wieder anderen Aufgaben zu, nicht bevor ich mich selbst bei der Partnerbörse angemeldet habe – zum Mitarbeitertarif, versteht sich. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass ich Mitte dreißig oder verzweifelt auf der Suche bin. Aber irgendwo muss man schließlich anfangen. Und Internet-Dating ist mittlerweile absolut gesellschaftsfähig. Immer mehr Paare lernen sich im Internet kennen, und ich finde es allemal gemütlicher, zu Hause vor meinem Computer zu sitzen, als mich in irgendeiner Bar an den Tresen zu pflanzen. Da ist man den Massen ja sozusagen schutzlos ausgesetzt. Okay, das klingt jetzt ein bisschen so, als bräuchte ich mich nur irgendwo hinzusetzten und schon würden Scharen von Männern mich überrollen, wie in dieser Szene am Ende von Das Parfum . So ist es natürlich nicht. Was ich sagen will: In der virtuellen Welt sind die potenziellen Partner hübsch gefiltert. Zum Beispiel in die Kategorien: »Suche Seitensprung«, »Suche One-Night-Stand« und »Suche Beziehung«. Das allein ist meiner Meinung nach schon mal ein unschätzbarer Vorteil. Wenn nämlich Fred, dieser Schmierfink, einen Stempel mit der Aufschrift »Suche One-Night-Stand« auf der Stirn getragen hätte, dann wäre der Abend ganz anders verlaufen.
Beim ersten Anlauf erhalte ich von DreamTeam sieben Partnervorschläge und bin zunächst ein bisschen enttäuscht. Bloß sieben? Aber würde ich mich wirklich besser fühlen, wenn ich mich jetzt durch hundert Profile kämpfen müsste, um dann selbst dreiundneunzig der potentiellen Kandidaten auszumustern? Weil der eine nur in Fan-Bettwäsche vom HSV einschlafen kann, der Nächste zwei Pitbulls mit den klangvollen Namen Rudi (wie Hess) und Adi (wie wer wohl?) hat und ein weiterer Frutarier ist. Das sind die Menschen, die sich nur von pflanzlichen Produkten ernähren, die von selbst und somit »freiwillig« vom Baum gefallen sind. Man kann sich das Leben auch wirklich schwermachen! Nein, da bin ich DreamTeam schon dankbar, dass es für mich so eine gründliche Vorauswahl getroffen hat. Denn Zeit ist ja schließlich Geld. Neugierig sehe ich mich auf den Profilen der potenziellen Kandidaten um. Sie leben alle in einem Umkreis von maximal hundert Kilometern, sind zwischen 28 und 45 Jahre alt und haben volles Haupthaar. Dieses Kriterium habe ich hinzugefügt, um Fred eins auszuwischen. Albern, ich weiß. Vor allem, weil er es ja noch nicht einmal mitbekommt. Ferner stimmen wir in den wichtigsten Punkten wie politische Ausrichtung, Freizeitgestaltung, Zukunftsplanung im Wesentlichen überein und die genetische Kompatibilität liegt bei mindestens siebzig Prozent. Das muss man sich mal vorstellen: In der Datenbank finden sich auf Anhieb sieben Männer, mit denen ich biologisch großartig zusammenpasse – und da suche ich mir ausgerechnet einen wie Fabian, mit dem ich es auf läppische 23 Prozent bringe. Also wirklich. Allen Skeptikern sei gesagt, dass ich jeden Einzelnen der Männer
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