Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
zumindest auf dem Foto tatsächlich relativ attraktiv finde, obwohl sie sich ziemlich stark voneinander unterscheiden. Also beginne ich, mir mit jedem von ihnen E-Mails zu schreiben, allerdings war ich darin noch nie besonders gut. Mailen ist ganz nett, aber wirklich kennenlernen kann man sich auf diese Art meiner Meinung nach nicht. Überhaupt ist meine Zeit kostbar und meine neuen sieben Brieffreundschaften eine zeitaufwendige Geschichte. Also schlage ich allen ein baldiges Treffen vor. Nicht gemeinsam natürlich, sondern hübsch nacheinander. Heino hat offensichtlich schon an seinem Rechner auf Nachricht von mir gewartet, denn keine dreißig Sekunden später landet seine Antwort in meinem Posteingang.
Von: Heino S.
Betreff: Re: Baldiges Treffen
An: Franziska M.
Liebe Franzi,
natürlich möchte ich Dich sehr gerne treffen. Ich habe mich mit dem Vorschlag zurückgehalten, da ich nicht zu stürmisch erscheinen wollte. Aber nun gibt es für mich natürlich kein Halten mehr! Wenn Dir der Freitagabend genehm ist, würde ich Dich sehr gerne zum Essen in eins meiner Lieblingsrestaurants, das Restaurant Fischereihafen in der Großen Elbstraße, ausführen! Es wäre mir eine große Freude, Dich dort um halb acht zu sehen! Bitte sag mir Bescheid, ob es Dir passt!
In erwartungsvoller Freude,
Heino
Ich weiß, seine Ausdrucksweise ist ein wenig steif, und bei dem Namen Heino war ich am Anfang auch kurz versucht, gar nicht erst Kontakt zu ihm aufzunehmen, aber dann habe ich es mir anders überlegt. Für seinen Namen kann der arme Kerl ja nun wirklich nichts. Außerdem sieht er überhaupt nicht aus wie ein Heino. Sondern eher wie ein Mario oder so. Ich rufe noch einmal Heinos Profil bei DreamTeam auf und sehe mir sein Foto an. Doch, er sieht ziemlich toll aus, mit sehr dunklen Haaren und braunen Augen, ist 45 Jahre alt und von Beruf Richter. Klingt doch alles ganz gut. Außerdem haben wir eine Kompatibilität von 82 Prozent. Kurzentschlossen schreibe ich zurück:
Von: Franziska M.
Betreff: Re: Re: Baldiges Treffen
An: Heino S.
Lieber Heino,
…
Hier stocke ich kurz. Falls das mit uns etwas wird, muss ich mir möglichst schnell einen Spitznamen für ihn ausdenken. Allein diesen fürchterlichen Namen zu schreiben, verursacht mir Gänsehaut. Ich darf mir gar nicht vorstellen, wie es sich anfühlen würde, ihn auszusprechen. »Ja, Heino, genau da, Heino! Hör nicht auf, Heino!« Brrr. Aber so weit sind wir noch nicht. Also weiter im Text:
…
das klingt wunderbar! Ich werde da sein und freue mich auch!
Herzliche Grüße,
Franzi
PS: Sag mal, hast Du eigentlich einen Spitznamen? Na, den kannst du mir ja dann beim Essen verraten!
Um kurz vor halb acht parke ich meinen Wagen in der Großen Elbstraße und ärgere mich über mich selbst, weil ich auf dem gesamten Weg hierher über Fred nachgedacht habe. Kein Wunder, schließlich haben wir uns keine fünfzig Meter Luftlinie von hier entfernt kennengelernt. Seit wann ist der Hamburger Hafen eigentlich so beliebt, dass ich jetzt schon zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit hier bin? Die Antwort bekomme ich, als ich das Restaurant Fischereihafen betrete und es mir kurzzeitig die Sprache verschlägt. Alle Achtung, das kann sich sehen lassen! Das ganz in Rot und Dunkelbraun gehaltene Mobiliar strahlt edle Gemütlichkeit aus, warmes Kerzenlicht sorgt für eine angenehme Atmosphäre, und die Luft riecht nach frischen Kräutern und schwerem Wein. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal in einem so schicken Restaurant gewesen bin. Besorgt zähle ich im Geiste nach, wie viel Geld ich bei mir habe. Weil meine Handtasche so winzig ist, habe ich nämlich mein Portemonnaie und damit auch meine ec-Karte zu Hause gelassen und lediglich ein paar Scheine eingesteckt. Vierzig Euro, was für ein normales Abendessen in einem durchschnittlichen Restaurant mehr als genug wäre. Hier bin ich mir nicht so sicher. Andererseits, Heino hat doch explizit gesagt, dass er mich einladen will, oder? Nein, »ausführen« war das von ihm verwendete Wort, aber das werde ich jetzt einfach mal so interpretieren. In diesem Moment kommt ein Kellner auf mich zu.
»Guten Abend, kann ich Ihnen helfen?« Sein Kopf ruckt beim Sprechen vor und zurück und erinnert an einen Pinguin, was durch die schwarze Kellnerkluft noch verstärkt wird.
»Ich bin hier verabredet.«
»Haben Sie reserviert?« Er lächelt und entblößt blitzend weiße Zähne.
»Ich denke schon. Strehse ist der Name!«
»Natürlich.
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