Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
Leben lang alleine bleibst, ist auch keine viel schönere Vorstellung!«, gibt sie kopfschüttelnd zurück. »Deshalb denke ich, dass du diesem Nils eine Chance geben solltest.«
»Aber selbstredend!«, findet auch Omi Anni, als ich ihr beim Samstagskaffee davon erzähle. »Du musst die Kuh melken, solange sie fliegt.«
»Hä?«
»Kind, jetzt stell dich nicht dumm. Nur, weil die anderen, wie nennt man Rendezvous noch mal auf Neudeutsch?«
»Date«, wirft mein Opa Hinrich gutmütig ein.
»Richtig, weil die anderen Dates eine Katastrophe waren, willst du die Flinte in den Sack werfen?«
»Das nicht. Ich brauche nur eine Pause von all den Enttäuschungen«, schwäche ich ab.
»Nun stell dich doch nicht so an. Was kann denn dieser arme Mann dafür, dass die anderen Idioten waren?«
»Vielleicht hast du recht.«
»Klar hab ich. Was willst du tun? Den Kopf in die Tinte stecken?«
»Ganz bestimmt nicht.« Ich schüttele den Kopf und b eiße mir auf die Unterlippe, um nicht loszulachen. Heut e dreht meine Großmutter aber mal wieder voll auf mit ihren verhunzten Redewendungen.
»Wenn du ohne Mann glücklicher bist, fein«, sagt sie jetzt. »Glaub mir, manchmal wäre ich das auch.«
»He«, mein Großvater macht ein entrüstetes Gesicht und sie lächelt ihn verschmitzt an.
»Aber nur sehr selten.« Sie wirft ihm einen Luftkuss zu und wendet sich wieder an mich. »Was ich sagen will: Für mich musst du keinen Mann finden. Ich weiß, deine Mutter sieht das ein bisschen anders. Ich dagegen halte eine Frau auch ohne Ring am Finger für einen vollwertigen Menschen. Aber wenn du eigentlich gerne jemanden an deiner Seite hättest, solltest du dich von solchen Rückschlägen nicht abhalten lassen.«
»Ja, ja, schon gut«, murre ich, »wenn Nils wirklich der Mann für mich ist, dann wird er in ein paar Wochen auch noch da sein.«
»Oh, oh, wenn du dich da mal nicht täuschst.« Sie wirft meinem Opa einen bedeutungsschweren Blick zu. »Das hat dein Großvater nämlich auch mal gedacht.«
»Ich wusste, dass du heute noch darauf herumreiten wirst«, stöhnt dieser. Neugierig sehe ich von einem zum anderen.
»Wie du ja weißt, kennen Hinrich und ich uns schon seit der Schulzeit«, beginnt Omi zu erzählen, und ich lehne mich entspannt auf dem durchgesessenen Sofa zurück. Ich liebe es, ihren Geschichten von früher zu lauschen. »Nach unserem Abschluss habe ich eine Ausbildung bei der Hamburg-Amerika-Linie gemacht und er hat Medizin studiert. In Bremen.«
»Da konnte ich doch nichts für. Ich konnte mir das damals doch nicht aussuchen«, verteidigt sich mein Großvater.
»Natürlich nicht. Dagegen hatte ich ja auch nichts. Ich hatte vielmehr etwas dagegen, dass du dich mehr für die Anatomie deiner einzigen weiblichen Mitstudentin interessiert hast als für die des Menschen im Allgemeinen.«
»Ich versuche dir seit sechzig Jahren klarzumachen …«
»Und genauso lange versuche ich dir klarzumachen, dass ich nicht mit Blindheit geschlagen bin. Oder war.«
»Es war nur ein harmloser Flirt«, sagt Opa Hinrich in meine Richtung und hebt entschuldigend die Schultern.
»Ein Flirt, der ihn leider kurzzeitig hat vergessen lassen, dass er in Hamburg schon eine Freundin hatte.« Mit offenem Mund sehe ich von einem zum anderen. Da tun sich ja plötzlich Abgründe auf. Ich habe meine Großeltern immer für das absolute Traumpaar gehalten und konnte mir nicht vorstellen, dass sie sich jemals über etwas Wichtigeres als vielleicht eine nicht zugeschraubte Zahnpastatube gestritten haben.
»Wir haben nur zusammen gelernt, Luise und ich.«
»Ja, so kann man es auch nennen«, unterbricht ihn Omi trocken. »Ich jedenfalls habe mir das eine Weile mit angeguckt und mich dann anderweitig verlobt.«
»Du hast was?«, frage ich entsetzt.
»Vielen Dank, liebste Enkeltochter«, mein Großvater nickt heftig, »so ungefähr habe ich auch geguckt, als ich davon erfahren habe.« Zuckersüß lächelt Omi ihn an, um dann in meine Richtung fortzufahren: »Erst war er ziemlich lange beleidigt. Ich glaube, wir haben sicher drei Monate nichts voneinander gehört.«
»Ich stand direkt vor dem Physikum!«
»Das muss doch ein Spaziergang gewesen sein, so viel, wie du mit Luisa zusammen gelernt hast.«
»Sie hieß Luise.«
»Richtig, richtig, mein Fehler.«
»Und wie ging es weiter?«, frage ich neugierig und vergesse vor lauter Aufregung glatt, meinen Tee zu trinken.
»Ich habe einen Hochzeitstermin festgelegt und dafür gesorgt, dass Hinrich
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