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Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See

Titel: Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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vierundzwanzig Sommern. Lange Zeit, nicht wahr?«
    »Gewiss, Majestät. Ich habe erst zwei Winter erlebt.«
    »Und ich drei. Ihr habt ein langes Leben, Majestät.«
    »Lang, ja, und abwechslungsreich. Doch nun reise ich zu einem letzten neuen Heim. Pippin hat mir ein eigenes Revier versprochen. Aber ich weiß nicht so recht …«
    »Auch er sagt, er weiß nicht, ob es ihm gefällt, sesshaft zu werden.«
    Maha Rishmi brummte wieder.
    »Was … – verzeiht meine Neugier, Majestät – macht eine Löwin in einem Zirkus? Ich wusste bis vor Kurzem nicht einmal, was ein Zirkus ist. Aber dann hat Pippin
meiner Janed erzählt, dass Leute auf Seilen tanzen und Pudel da Ball spielen. Und Löwen durch brennende Reifen springen.«
    Das Schaudern in meiner Stimme war wohl nicht zu überhören.
    »Doch, doch, das taten wir. Da hinten stehen noch die Podeste, die wir bei un seren Auftritten verwendet haben.«
    Tatsächlich stan den glit zernde, bunte Kisten an der Wand aufgestapelt und auch ein großes Plakat mit einem gelben Zelt darauf gemalt.
    »Wahnsinn!«
    Das Brummeln klang amüsiert, und die letzten Fetzchen Angst verflogen in mir. Majestät war eine alte Dame, die sich langweilte und froh über ein wenig Unterhaltung war. Sie ließ sich demzufolge gerne dazu herab, uns das Wesen des Zirkus zu erläutern. Da ich von Pippin und Janed schon eine gewisse Vorstellung davon hatte, waren es für mich nur interessante Ergänzungen. Lili hörte faszi niert zu, zog aber dann den wohl rich tigen Schluss, dass es eine gewisse Ähnlichkeit mit Opernaufführungen hatte, zu denen sie schon mal mit geschleppt worden war.
    »Ja, bei einer Oper habe ich auch einmal mitgewirkt. ›Aida‹ hieß sie, und ich musste mit meinem Gefährten dekorativ über die Bühne wandeln. Das war eine ziemlich leichte Übung, aber dann und wann hat Maharadsha sich den Spaß erlaubt, dem Tenor seinen eigenen Gesang entgegen zuset zen.« Maha Ris hmi sah mit ei nem Mal höchst amüsiert aus. »Er hatte ein großes Stimmvolumen, der Gute. Wenn er brüllte, klirrten die Kristallbehänge
der Kronleuchter, ließen die Musiker im Orches tergraben die Instru mente fal len, rutschten den Besuchern Opernglä ser, Fächer und Programm hefte aus den Händen. Da bebten und wackelten die Kulissen und die Schauspieler. Wir hatten viel Spaß dabei.«
    Lili kicherte, und ich versuchte mir ein Bild von dem Gebrüll zu machen, das der Löwe von sich gegeben hatte.
    »War er so laut wie die Schiffssirene?«
    »Lauter!«
    »Wow!«
    »Er war ein großer, edler Herr, mein Gefährte. Und ich vermisse ihn mehr als alles andere auf der Welt. Vor zwei Jahren ist er gestorben.«
    »Möge er in Frieden über die goldenen Steppen wandeln.«
    »Möge er ruhen und seinen Pelz in der ewigen Sonne wärmen.«
    Maha Rishmi schnaufte leise, und ihre bernsteinfarbenen Augen verdunkelten sich.
    Ich wusste, was Trauer war. Ja, ich wusste es seit den Tagen, die ich einsam am Strand verbracht und geglaubt hatte, meine Janed auf immer verloren zu haben. Ich konnte nicht anders. Majestätsbeleidigung hin, Majestätsbeleidigung her, ich musste mit meiner Nase sacht an die ihre stupsen.
    Das Grollen klang sehr sanft.
    »In dir steckt etwas, kleiner Schisserkater. Irgendwas steckt in dir.«
    Sie war nicht beleidigt. Ein klein wenig entspannte ich mich, und auch Lili erlaubte sich, eine lässigere Position
anzunehmen. Ihr Blick streifte mich flüchtig, dann fragte sie die kö nigliche Katze: »Und welche Aufgaben habt Ihr im Zirkus übernommen? Ich würde das wirklich gerne wissen.«
    »Je kleiner die Katze, desto größer die Neugier, was?«
    »Verzeiht, ja, Ihr müsst natürlich nicht antworten.«
    »Ich tu es aber den noch. Es vertreibt mir die Zeit.«
    Und dann erzählte sie, wie sie unter der Anleitung eines Menschen, der sich Dompteur nannte, von Kindheit an gelernt hatten, ganz besondere komplizierte und gefährliche Kunststücke vorzuführen. Sie sprangen von Podes ten zu Podesten, griffen spie lerisch den Dompteur an, durften ihn aber nie verletzen. Sie kamen aber auch zum Schmusen zu ihm, konnten auf bunten Bällen durch die Manege rollen, aber das Höchste war tatsächlich der Sprung durch die brennenden Reifen.
    »Davor hatte ich im mer Angst. Feuer ist ge fährlich«, schloss Maha Rishmi.
    »Hat Pippin dabei auch mitgemacht?«
    »Nein, er hatte sei ne eigene Nummer. Aber er kam oft zu uns an den Käfig und sprach mit uns. Er hatte auch immer etwas Fleisch dabei. Und er hat uns geholfen, wenn

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