Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
müsse. Und dass sie ohne ihn nicht leben könne. Und er doch so grausam nicht sein dürfe.«
»Du kannst sie nicht beruhigen?«
»Überhaupt nicht. Im Gegenteil, sie hat mich sogar rausgeworfen. Stell dir das mal vor. Das hat sie noch nie gemacht. Ich war doch sonst immer ihr Ein und Alles, und niemand durfte meinen Korb tragen, außer ihr selbst.«
»Ziemlich komisch das Ganze.«
»Mhm.«
Wir hätten gerne noch ein we nig da rüber phi losophiert, hier gemütlich auf Janeds Lager, aber die kam nun zurück und bat uns, ein wenig beiseitezurücken, weil sie noch ein biss chen ungestört in Pippins Buch lesen wollte.
Meine Müdigkeit hingegen war vollkommen verflogen, und auch Lili sah wieder putzmunter aus.
»Wir machen noch einen kleinen Bummel durch die Gänge«, schlug ich ihr also vor, und sie war einverstanden. Von Janed verabschiedete ich mich mit ei nem liebevollen Kopfstoß, und Lili rieb ebenfalls ihr Mäulchen an ihrem Arm.
»Na, dann viel Spaß bei eurem Bummel«, wünschte Janed uns und zog sich die Decke über die Ohren.
Wir huschten unter den Betten zur Tür, damit uns so wenige wie möglich bemerkten. Janed hatte den anderen Bewohnern des Zwischendecks zwar ziem lich deutlich klargemacht, dass sie uns Kat zen in Ruhe lassen sollten, aber vor allem die widerlichen Bengel hielten sich nicht gerne daran. Ich hatte einem schon mal einen derben Kratzer verpassen müssen, weil er mich am Schwanz gezogen hatte.
Aber wir kamen wieder einmal unbehelligt davon und schlenderten gemütlich zu meiner Löschsandkiste, schauten noch bei Pippin vorbei, der aber nicht da war, und erklommen dann die Stie gen nach oben. Eigentlich wollte ich Lili die Brücke zeigen und ihr den Ersten Offizier richtig vorstellen, aber dort oben stand an diesem Abend ein anderer Mann an den Geräten und dem Steuerrad. Als er uns bemerkte, machte er ein hässliches Geräusch, das uns sehr deutlich machte, dass wir nicht erwünscht waren. Na gut, dann sollte der sei ne Hebel und Räder eben für sich behalten.
Wir unternahmen stattdessen einen Abstecher zum Speisesaal. Hier war die Fütterungszeit der Menschen bereits vorüber, und man stand plaudernd in kleinen Gruppen beisammen, wäh rend ein Herr wieder auf dem Flügel klimperte.
»Da hinten steht Enrico Granvoce. Komm, Lili, den musst du riechen.«
»Ich weiß nicht … Hier sind so viele Menschen. Die werden uns verjagen.«
»Er hält sich ganz nahe an dem Vorhang auf. Uns wird keiner entdecken. Komm! Mich kennt er schon, und er war sehr zuvorkommend, als wir uns trafen.«
Lili zögerte noch ein wenig, aber mich lockte der Hauch von Baldrian. Wir schlängelten uns an der Wand entlang, zwischen Blumenkübeln und unter Sesseln versteckt, und erreichten den Opernsänger.
»Mhmmm!«, sagte Lili nun auch und schnüffelte. »Köstlich.«
Ich trat einen Schritt vor und setzte mich mit einem leisen Maun zer neben Granvoces Bein. Er unterbrach seine Unterhaltung mit einer jungen Dame, die nach Rosen duftete und mit ebensolchen geschmückt war, und sah zu mir herunter.
»Der kleine Pantoffelkater. Bist du wieder ausgerissen?«
Aber nein, Monsieur. Ich habe die Erlaubnis, zu promenieren.
»Wem gehört dieser hübsche Kater, Signore?«, wollte die junge Rose wissen.
»Einer Bretonin aus dem Zwischendeck. Er ist recht abenteuerlustig. Und wie es scheint, zieht ihn mein Mundwasser geradezu magisch an.«
Die Rose kicherte dümmlich, Enrico verzog das Gesicht, und ich stupste Lili an, damit sie vortrat.
»Und eine Freundin hast du auch mitgebracht. Und so eine elegante dazu. Eine Siamesin, nicht wahr?«
Der Mann wusste wahre Schönheit zu schätzen. Lilis blaue Augen funkelten, aber sie hielt sich sehr vornehm zu rück. Ich hingegen drückte mei nen Kopf an sein Schienbein (herrlich weicher Stoff, diese Hose) und gab ein aufmunterndes Maunzen von mir.
»Ich ahne ja, was du willst, Pantoufle, ich ahne es.«
Und tatsächlich zog er den Flakon aus der Ja ckentasche und sprühte ein Wölkchen Mundwasser über uns.
Lili verdrehte ihre blauen Augen, warf sich, alle Vornehmheit vergessend, vor seine Füße und roll te sich schnurrend auf den Rücken. Ich bemühte mich um Haltung, aber das Schnurren konnte ich nicht unterdrücken.
Die blöde Rosengans kicherte noch immer.
Das Geräusch schien Enrico nicht zu behagen, und er verabschiedete sich recht kühl von ihr. Als er aus dem Saal schritt, klebte Lili an seinen Fersen und ich an den ihren. Er sah sich jedoch nicht weiter nach
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