Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
bunten Kleidern an der Reling entlang, hielten ihre Kopfbedeckungen fest und kicherten, wenn ihre Röcke wie die Fähnchen an den ausgespannten Tauen flatterten und Spitzenstrümpfe sehen ließen. Auch Janeds Rock blähte sich und bot mir Schutz.
Aber dann sah ich sie.
Meine Freundin Lili.
Wieder am blauen Halsband, die Leine von Adèle fest in der Hand gehalten.
Madame war wieder gründlich aufgedonnert. Auf ihren
gelben Haaren wuchs ein ganzes Blumenbeet, ihr Derrière wölbte sich lust voll nach oben, und ihre ho hen Absätze klapperten bösartig auf den Planken.
Sie schien gereizt, Lili ungehalten. Doch als sie mich sah, sträubten sich ihre Schnurrhaare erfreut nach vorne, sodass ihr Schnäuzchen aussah, als wollte sie, wie Pippin es vorhin bezeichnet hatte, jemandem ein Küsschen geben.
Meine Schnurrhaare machten sich selbstständig. Auch sie wanderten nach vorne, und mein Herz legte ein paar Schläge zu. Sie war aber auch eine Schönheit. Ihre wundervollen blauen Augen leuchteten wie der Himmel über uns, und ihr bezaubernder brauner Schwanz schwuppte in die Höhe.
Aaach!
Leider zerrte Adèle sie schon wieder weiter, ohne dass wir ein Wort hätten miteinander wechseln können. Sie steuerte auf den Zweiten Offizier zu, der seine Runde über das Promenadendeck drehte, und fragte ihn, wann denn mit dem Einlaufen im Hafen zu rechnen sei.
»Wenn es kei ne Störungen gibt, Madame Robichon, werden wir so gegen drei Uhr am Kai anlegen.«
»Na, dann wird der Signor Granvoce ja noch rechtzeitig zu seiner Premiere kommen!«, antwortete sie, und es troff Gift aus ihrer Stimme.
Hoppla.
Sie betrachtete kritisch die kleine Uhr, die sie an einer Kette um den Hals trug, und ließ dann ihren Blick über die Passagiere gleiten. Ich verdrückte mich hinter Janeds Röcken. Mir ge fiel der Ausdruck in ih ren Augen nicht. Überhaupt nicht. Es lag Gemeinheit darin.
Und dann ging alles sehr schnell.
Madame bückte sich, machte Lilis Leine vom Halsband los und hob die protestie rend kreischende Katze hoch.
Ich kreischte ebenfalls.
Janed auch.
Madame machte einen Satz zur Reling.
Janed ihr nach.
Madam holte aus.
Janed auch.
Bevor Lili über die Re ling flog, hatte mei ne Menschenfreundin ihr dermaßen eine geflammt, dass es Madame das Blumenbeet vom Kopf fegte.
Ich krallte mich in den Volant am Saum. Der riss.
Lili krallte sich oben in das Kleid.
Da riss es auch.
Pippin krallte Mada mes Arme fest. Da riss nichts mehr.
Aber Madame kreischte.
Und wie!
Die Schiffssirene war ein lahmer Heuler dagegen.
Menschen drehten sich um, kamen näher, umstanden uns.
Völlig perplex ließ ein Steward ein Tablett mit Kaffeetassen fallen, stolperte ein Page mit ei nem Packen Decken in die Gruppe, starrte der Zweite Offizier die zeternde Schnepfe an.
»Hilfe, zu Hilfe!«, krakeelte die jetzt. »Schaffen Sie mir diese verlausten Kreaturen vom Leib!«
»Wen, bitte?«, fragte Pippin mit durchdringender Stimme und zog sie von der Reling weg.
»Offizier, tun Sie doch endlich etwas. Sehen Sie nicht, dass mich diese Zwischendeckschlampe angegriffen hat? Und dieser abgehalfterte Clown soll mich los lassen.« Und dann schrillte sie in den höchsten Tönen: »Und entfernen Sie dieses verflohte Biest von meinem Rock!«
Dabei versuchte sie, mich zu treten, aber ich machte mich klein.
Und dann groß.
Und dann die Krallen in die Wade.
Hah! Spitzen rissen, Blut floss.
Lili tat es mir gleich. Ich sah die Gepardin sich in Madames Armen winden, loskommen, sich an dem schillernden Glitschekleid festkrallen, runterrutschen.
Das Kleid kreischte auch.
Und Madame stand im Unterrock, an dem komischen Derrière hingen nur noch ein paar Fet zen an einem Drahtkorb.
Sah putzig aus, das Ganze.
Lili stand dann neben mir und murmelte: »Blöde Schnepfe.«
»Stimmt.«
»Heilige Bastet, was habe ich eine Angst gehabt!«
»Ich auch, Liebste. Ich auch.«
Die Schnepfe trötete weiter, ihre Stimme überschlug sich, sie versprühte Speichel, geiferte, wedelte mit den Händen, bis Pippin das tat, was mei ner Meinung das einzig Wirkungsvolle war.
Er scheuerte ihr auch noch mal eine.
Dann war Ruhe an Bord.
»Was geht hier vor?«
Ron Cado, noch unrasiert, aber bereits in seiner weißen Uniform, tauchte neben Madame auf. Man hatte ihn wohl aus dem Bett gescheucht, den Armen. Ich schubste die zitternde Lili zu Janed, die sie fürsorglich unter ihre Röcke schlüpfen ließ. Dann zu Ron.
»Madame Robic hon hat versucht, ihre Kat ze über Bord zu
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