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Papa ante Palma

Papa ante Palma

Titel: Papa ante Palma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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oder den eigenen Körper besser orten, indem man andere anfasst.
    Bei Sophie hat schlicht alles versagt: Tragetuch, Baby-Björn, Hängematte, PEK iP mit Mama, PEK iP mit Papa, heiße Kirschkernkissen, Fencheltee, Kümmelzäpfchen, Osteopathie, Herumtoben, Fläschchen, klassische Musik, Mobile, beten. Alles keine Gegner. Einzig ein Föhn brachte für ein paar Wochen Linderung, denn das Dröhnen des Apparates beruhigte Sophie, und sie schlief sogar in dem warmen Luftstrom ein. Doch nach der gigantischen Stromrechnung, die uns daraufhin ins Haus flatterte, mussten wir von der Föhn-Methode zumindest teilweise Abstand nehmen. Ich kam auf die Idee, die Föhngeräusche mit einem Mikrophon aufzunehmen, erstellte eine CD mit sechzig Minuten Föhn-Musik und machte vier Tracks à fünfzehn Minuten daraus. Die CD lief den ganzen Tag.
    Track 1: Föhn ist es, auf der Welt zu sein.
    Track 2: Jetzt föhn wir übern See.
    Track 3: Father and Föhn.
    Track 4: Die Föhne Mannheims mit »Föhne dich«.
    Sophie fiel tatsächlich ein paar Tage darauf herein, aber dann merkte sie, dass die warme Luft ausblieb. Alles auf null, wenn nicht sogar schlimmer als vorher.
    Das war Köln. Doch jetzt ist Palma, und ich muss dringend etwas Neues ausprobieren. Ich schalte den Rechner an und stoße nach ein paar Recherchen auf den Geräuschebär. Dieses putzige Stofftier springt angeblich an, sobald die Kinder losweinen, und spielt Uterusgeräusche ab, die beruhigend auf die Kleinen wirken sollen. Sophie entspricht mit ihren zwei Jahren zwar nicht mehr ganz der Altersangabe des Herstellers, dennoch kopiere ich den Link, packe ihn in eine E-Mail und schicke sie Lucia. Was Internetshopping angeht, ist man in Spanien misstrauischer als in Deutschland. Hier wollen die Leute die Dinge noch anfassen, bevor sie etwas kaufen. Online-Flohmärkte oder Gebrauchtbörsen existieren zwar, aber das Angebot ist klein, und die Preise sind kaum günstiger als bei Neuwaren.
    Also lande ich letztlich doch wieder auf der deutschen eBay-Seite und ersteigere den Bären bei Melusine23. Die Verkäuferin versichert mir schriftlich, der Bär habe bei ihren Kindern wahre Wunder bewirkt.
    Am Abend dann ein Dialog der übermüdeten, verzweifelten Eltern. Er am Rechner, sie im Bad, die Kinder im Bett.
    Er: »Ich habe den Bär geschossen!«
    Sie: »Was für’n Bär?«
    Er: »Na, ich hab dir doch einen Link geschickt. Von dem Geräuschebär.«
    Sie: »Wie geschossen?«
    Er: »Nein, nicht geschossen, ich meinte ersteigert.«
    Sie: »Für wie viel?«
    Geräusch einer elektrischen Zahnbürste .
    Er: »Äh, fünfunddreißig!«
    Sie: »Hmm … Unch wachs kann de so Schtolles?«
    Spül- und Gurgellaute.
    Er: »Nun, ich habe mehrere Berichte von Betroffenen in Foren gelesen, dass der Bär irgendwelche Geräusche macht, eine Art Brummen.«
    Sie: »Hmm.«
    Pause .
    Sie: »Brummen nicht alle Bären?«
    Er: »Ja, aber nicht so wie dieser! Er brummt anders.«
    Sie: »A-ha. Wie anders?«
    Stolz beschreibt er die Vorzüge des Kaufs.
    Sie: »Uterusbrummen?«
    Er: »Ja, Herrgott! Durch Uterusbrummen!«
    Sie: »Fünfunddreißig?!«
    Er: »Yep!«
    Sie: »Du spinnst.«
    Als das Tier sieben lange Tage und kurze Nächte später ankommt und ich den Karton wie besessen aufreiße, macht sich Ernüchterung breit. Vor mir liegt ein billiger China-Import-Plüschbär mit einem modifizierten Lachsack im Rücken, nichts weiter. Und Batterien sind auch keine dabei.
    Noch so eine Nacht, nein danke! Ich beschließe, den nächsten Supermarkt zu stürmen, um Batterien zu kaufen. Unrasiert und müde, wie ich bin, entscheide ich mich gegen den Aufzug und hoffe, dass mein Kreislauf beim Treppenlaufen in die Gänge kommt. Schon auf der Höhe von Paus Tür bemerke ich eine Blockade im Rücken und muss kurz stehen bleiben. Tief einatmen, sage ich mir. Die alte Bandscheibensache. Ausgerechnet jetzt.
    » BUUURRRIEH !«, tönt es von oben.
    Die Läden machen gleich zu. Ich muss weiter. Der Bär.
    Nichts wie raus in die abgasschwangere Sommerluft. Der supermercado ist gleich über die Straße, doch das Gehen wird mit jedem Meter beschwerlicher. Indem ich das Becken schief stelle und ein Bein hinter mir herziehe, als wäre ich angeschossen, halte ich den Schmerz gerade so aus, ohne loszubrüllen. Einige Passanten sehen mich bestürzt an. Leute, die nachts acht Stunden schlafen, kann ich sowieso seit Monaten nicht ernst nehmen.
    Da, die Leuchtreklame. Große blaue Buchstaben. Ich überquere den kleinen Parkplatz, wo in der Ecke

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