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Papa ante Palma

Papa ante Palma

Titel: Papa ante Palma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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mal.«
    Ferran, offensichtlich Kellner und Koch in
Personalunion, kommt an den Tisch und nimmt die Bestellung auf. »Die sieben und
die elf, bitte«, bestelle ich.
    »Y tres cañas« ,
ordert Wolfgang noch schnell drei Bier hinterher.
    Ferran verzieht keine Miene und verschwindet
durch die Schwingtür hinter dem Tresen.
    »Macht ihr hier Urlaub?«, will Wolfgang
wissen.
    »Ich schon, er nicht«, antwortet Jochen und nickt
in meine Richtung.
    »Wat denn, och ausjewandert? Wohnste in
Alaró?«
    Lügen ist zwecklos, schießt es mir durch den
Kopf. In einem Dorf dieser Größe werden wir uns ohnehin ständig über den Weg
laufen.
    »Ja, ab morgen, hinten an der Carrer d’en Mig
achtzehn«, lasse ich die Katze aus dem Sack.
    »Mööönsch, da sind wa ja Nachbarn, ick hab de
sechsundzwanzig. Ick gloob’s nich. Haste juut jemacht. Mir kriejn keene zehn
Pferde mehr nach Deutschland. Wat soll ick och da?«
    Jochen zuckt mit den Augenbrauen.
    »Ja, jenau«, fühlt sich Wolfgang bestätigt,
»immer nur miese Laune und mieset Wetter. Und wennde ma ’ne jute Idee hast,
werfense dir behördenseitig nur Knüppel zwischen de Beene. Ick weeß, wovon ick
rede. Ick hatte ’ne jut laufende Imbisskette in Moabit, Wolles Wurscht. Wolle
wegen Wolfgang, weeste.«
    »Schon klar«, sage ich in möglichst
desinteressiertem Tonfall.
    »Hab allet vakooft, und jetzt bin ick hier, elf
Jahre schon. Beste Entscheidung meinet Lebens. Aahh, da kommt ja meene kühle
blonde Freundin.«
    Ferran stellt das Tablett mit den Biergläsern auf
den Tisch. »Prost y bienvenido a Alaró .«
    Widerwillig stoßen wir mit Wolfgang an, der sein
Bier mit einem Schluck austrinkt. Er stellt das leere Glas auf den Tisch, raunt
ein erfrischtes, völlig übertriebenes »Aaahhh« und verabschiedet sich –
ohne zu zahlen. »Tschüssikowski. Man sieht sisch.«
    »Na, einen neuen Freund hast du hier schon mal«,
zieht Jochen mich auf und klopft einen Tusch auf die Tischkante.
    Die Schwingtür geht, und Ferran, der zwei Teller
auf einem Unterarm balanciert, kommt herein. »Frito
mallorquín y tumbet« , sagt er und knallt uns die Teller vor die Nase.
Erst jetzt fällt mir auf, dass er bisher kein Wort gesprochen hat.
    Eine Weile betrachten wir die Nahrung. Jeder für
sich. Die beiden Gerichte ähneln sich. Zwei in Öl schwimmende Haufen. Die
pampenartige Konsistenz kenne ich aus dem deutschen Straßenkarneval. Dort
begegnet sie einem zuweilen in Kartoffelsalateimern auf zu Theken
umfunktionierten Tapeziertischen.
    »Sag mal, warum hast du in Sachen Austreibung
eigentlich so plötzlich die Meinung geändert?«, fragt Jochen und fährt sich den
ersten Löffel tumbet rein.
    »Ein Alptraum vom Feinsten, mit Oma und allen
Schikanen«, antworte ich.
    »Verstehe«, brummt Jochen. »Hmm, das ist ja mal
lecker! Also auf jeden Fall leckerer, als es aussieht, und bestimmt auch besser
als Eier Schluss gemacht Schinken.«
    Nach gefühlten drei Litern hierbas und einhundert alten Geschichten bringe ich Jochen zurück
zum Hotel. Auf der Straße gehen wir noch mal kurz den Plan für den nächsten Tag
durch.
    »Mal sehen, ob Silvia noch da ist«, sagt Jochen
zum Abschied und verschwindet grinsend durchs Hotelportal.
    Am nächsten Morgen geht dann alles ganz schnell:
Kinder zu Maria und Josef 1 bringen. Transporter in Palma abholen. Jochen in
Alaró auflesen, während Lucia die gepackten Kartons mit dem Aufzug ins Entree
befördert. Alles einladen. Kinder von Maria und Josef 2 abholen. Mit allen in
das neue Haus nach Alaró fahren – zur Geisteraustreibung.
    Vor dem Haus erklärt Jochen uns noch mal das
Procedere. »Seid bitte leise, wenn wir gleich reingehen. Geht mir einfach
hinterher.«
    Lucia sieht mich an, während die Kinder förmlich
an Jochens Lippen kleben. In mir macht sich eine gewisse Unruhe breit. Zum einen
fällt es mir immer noch schwer, Jochen den Esoteriktick hundertprozentig
abzunehmen, andererseits klingt er plötzlich sehr ernst, so als würden wir vor
dem jungfräulichen Grab eines durchtriebenen Pharaos stehen und eine Vielzahl
von Giftpfeilen, dreiköpfigen Grabwächtern und die wandelnde Seele des
Gottkönigs höchstselbst auf uns warten.
    »Geht mir einfach hinterher« klingt in diesem
Kontext wie: »Bleibt dicht hinter mir, sonst kann ich nichts mehr für euch tun«,
und »seid bitte leise« wie »verfallt nicht in Panik, solltet ihr etwas
Ungewöhnliches sehen, wie zum Beispiel eine halb durchsichtige Oma, die im
Nachthemd aus dem Fenster schwebt«.
    Jochen

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