Papa ante Palma
fertigmachen.
Kaum wieder zu Hause, schalte ich den Rechner ein.
»Einsammeln und woanders aussetzen«, behauptet ein Mann, der sich als Gene Schneckmän im Forum für Hobbygärtner eingeloggt hat. Das sei schonend und nachhaltig. Na also, geht doch auch ohne Gewalt, denke ich. Hätte ich auch selbst draufkommen können. Die passenden Schnecken-Auffanglager sind schnell gefunden. Zwei kleine, zerschrammte Strandeimer der Kinder, knallgelb und feuerrot.
Ich warte die Abendstunden ab, bevor ich das Sonder-Einsatz-Kommando zusammenrufe.
»Es dämmert bereits, der Feind sitzt in den Startlöchern«, doziere ich, während ich im Wohnzimmer auf und ab schreite. Lucia, noch in Bluse und Rock, und die Kinder sitzen in einer Reihe vor mir und sehen mich mit großen Augen an. »Gestern hat er das südliche Terrain erobert. Daher rechne ich damit, dass er heute im Osten zwischen dem Rosmarin und dem Salat angreifen wird.«
»Juan el caracol?« , fragt Luna und kichert.
»Nein, Schatz. Nicht Juan, aber viele seiner Freunde.« Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.
»Wir wollen alle Schnecken in die Eimer tun und dann umsiedeln. Und wir wollen sie lebend. Alles klar?« Lucia nickt, die Kinder schütteln den Kopf »So, und jetzt alle die Gummistiefel anziehen, die beiden Taschenlampen einpacken und dann auf ins Gefecht«, trompete ich. »Wir rücken aus!«
»Vielleicht hättest du dich damals doch nicht für den Zivildienst entscheiden sollen«, sagt Lucia.
Als wir die kleine Treppe vom Patio zum Garten hochsteigen, wird uns das volle Ausmaß der Katastrophe bewusst. Wohin wir mit der Taschenlampe auch leuchten, die Schnecken sind überall. Hunderte. Mit Spitzdach, rundem Haus oder obdachlos. Sie kriechen aus Mauerritzen, seilen sich von den Bäumen ab und robben durch den Schlamm. Absolute Eliteeinheiten. Für jede Schnecke, die wir pflücken, tauchen woanders zwei neue auf.
»Huch«, ruft Sophie, immer wenn irgendwo eine Kalkschale knackt.
Die Kinder giggeln. Trotz der Kollateralschäden füllen sich die Eimer schneller, als es uns lieb ist.
»Meiner ist schon voll! Die feiern eine Orgie da drin!«
»Meiner auch«, antwortet Lucia, die hinter dem Orangenbaum gegen die schleimigen Biester kämpft.
Plötzlich tanzt ein weiterer Lichtkegel einige Meter über unseren Köpfen. Ich blicke auf und verfolge ihn bis zur Lichtquelle. Es ist Teresa, die an ihrem Fenster steht und mit einer Lampe herumfuchtelt.
» Hola! Wer da?«, ruft sie mit leicht zitternder Stimme in den Garten hinaus.
» Hola , Teresa, wir sind’s, wir sammeln nur die Schnecken ein.«
»Juan el caracol« , verbessert mich Sophie und zupft dabei am Saum meines T-Shirts.
»Ach so, ich habe nur die Lichter gesehen und dachte, es seien vielleicht Einbrecher. Schnecken, eh?« Sie seufzt genießerisch. »Die sind jetzt besonders gut, nicht?«
Ich glaube mich verhört zu haben.
»Im Frühjahr schmecken sie nicht so besonders, da sind sie noch ein bisschen zäh, aber im Herbst … mmh.«
Möglichst unauffällig drehe ich mich zu Lucia um und flüstere: »Habe ich das richtig verstanden, oder trügen mich meine Spanischkenntnisse? Sie will die Dinger essen?«
»Ich glaube schon«, murmelt Lucia.
»Juan el caracol?« , fragt Luna alarmiert. »Teresa will Juan el caracol essen?«
»Nein, nein, niemand wird hier irgendwen essen. Die Oma macht nur Spaß«, sage ich.
» Pues , haben die Schnecken auch an den Kräutern genascht?«, will Teresa wissen.
»Und wie.« Empört wedele ich mit der Lampe durch die Luft. »Stell dir das mal vor! Eine Ungeheuerlichkeit ist das! Auch noch die Kräuter!«
»Sehr schön, dann schmecken sie noch besser. Dazu etwas Schweinespeck und sobrassada …« Teresa schmatzt selbstvergessen, wobei ihre Gebisshälften wie Kastagnetten aufeinanderklappern.
Ich zögere. Eigentlich wäre es ein prima Geschäft. Teresa hätte einen nahrhaften Snack, und ich müsste nicht mehr raus auf die Felder fahren, um die Tiere auszusetzen.
»Ähh … Kinder, es ist schon spät. Los, Zähne putzen. Mama liest euch noch was vor, ja?« Ich klinge so scheinheilig wie ein Fernsehseelsorger.
Quietschvergnügt verschwinden die Zwillinge im Haus, gefolgt von Lucia, die sich auf der Türschwelle noch mal zu mir umdreht und in meinen Taschenlampenkegel lächelt. Dann seufzt sie laut und geht ins Haus. Ihr Lebewohl an die Schnecken, vermute ich.
Mit den gut gefüllten Eimern stelle ich mich unter Teresas Fenster und beliefere sie spontan per
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