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Papa ante Palma

Papa ante Palma

Titel: Papa ante Palma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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kenne.
    Zwei Wochen später ist der attraktive Spanier schon wieder vergessen. Ich bringe zwar keine Entschuldigung heraus, aber um Lucia zu überraschen, fahre ich mit den Kindern in ein Gartencenter und kaufe für umgerechnet eine halbe Gitarre Blumen. Etwas, das ich noch nie zuvor gemacht habe und auch ganz bestimmt nie mehr tun werde. Zu Hause buddele ich bei Nieselregen mit den Kindern Löcher in die Beete und stecke die Pflanzen hinein. Jasmin, Ringelblumen, Rosmarin, Geranien, Salat, Basilikum und ein paar andere, deren Namen ich nicht mal kenne.
    »Huch, was ist denn hier passiert?« Lucia steht unvermittelt im Hof.
    »Mamiii«, rufen die Kinder und stürmen in ihren Gummistiefeln auf sie zu.
    »He, das sollte ’ne Überraschung werden. Ich dachte, du würdest dich über ein paar neue Blumen freuen«, sage ich.
    »Das tue ich, sie sind wundervoll.«
    »Okay, aber pflegen musst du sie. Du weißt, mein Daumen riecht nach Friedhof, bei mir wächst nicht mal Unkraut.«
    »Mach ich, versprochen. Das wird ja noch ein richtiger huerto , ein echt spanischer Gemüse- und Kräutergarten. Wie bei meiner Tante, zu der wir früher immer in die Ferien gefahren sind.«
    »Ja, vielleicht können wir irgendwann mal einen echt mallorquinischen Salat aus unserem eigenen Garten auftischen.«
    »Wie schön das ist, am Abend zu euch nach Hause zu kommen«, sagt Lucia, küsst erst die Kinder und dann mich. »Und es wird immer schöner. Übrigens, ich habe eben Nuria auf der Plaza gesehen. Sie fragt, ob wir zusammen in der Bar ein paar Tapas essen wollen.«
    »Klar«, sage ich. »Los geht’s.«
    Die Freude an unserem Garten soll leider nicht lange währen. Auf einmal sind sie da. Vermutlich greifen sie in der Dämmerung an. Von einem Blitzangriff zu sprechen wäre übertrieben, aber als ich am nächsten Morgen in den Garten trete, ist alles kahl gefressen. Eine halbe Gitarre, einfach so weggeputzt.
    » Cariño , wir haben ein Problem.« Ich stehe im Schlafanzug an der Türschwelle zum Innenhof und atme die angenehm frische Luft ein. Noch hat die tiefstehende Septembersonne den Garten nicht berührt.
    Lucia schreitet im Business-Kostüm und mit Laptop unter dem Arm an mir vorbei in die Küche. »Ich will keine Probleme«, sagt sie und packt dabei den Kindern etwas in die Pausentaschen. »Ich will Lösungen.«
    »Hallo? Du bist hier nicht im Büro.«
    Sie streicht sich eine Locke ihres schwarzen Haars aus dem Gesicht und sieht mich leicht genervt an. »Okay … was ist los?«
    »Schnecken«, sage ich tonlos. »Eine ganze Legion. Sieh mal durchs Fenster. Die Ringelblumen – alles weg!«
    »Oh«, sagt sie, »das ist ärgerlich. Aber vielleicht wächst ja das ein odere andere nach.«
    »Vielleicht«, sage ich.
    »Schau«, meint Lucia in einem Ton, der mich an meine endlos langen Beamer-Präsentationen vor den Chefetagen mittelständischer Unternehmen erinnert. »Der Garten ist wie ein kleines marktwirtschaftliches System. Du hast es angeboten, und die Schnecken haben es gewollt.«
    »Stimmt«, sage ich, »aber die Schnecken haben nicht bezahlt. Ich habe hier ein ernstes Problem, und du speist mich mit Metaphern ab. Ich brauche hier das gesammelte Wissen aller Garten-Junkies und kein BWL . Außerdem bist du eigentlich die Romanistin und ich der Manager.«
    »Bin spät dran«, sagt Lucia und streicht den Zwillingen über den Kopf. »Kinder, seid lieb zu Papa.«
    »Was ist jetzt mit den Schnecken?«
    »Dir fällt schon was ein«, flötet Lucia und zieht die Haustür hinter sich zu.
    Gut, ich habe schon etliche Ameisenstraßen abgesaugt oder umgeleitet und zig verirrte Tausendfüßler in den Garten zurückgebracht, doch die Schnecken sind eine Nummer größer.
    »Juan el caracol?« , fragt Luna und sieht mich mit großen Augen an. Mit ihren zweieinhalb Jahren redet sie schon richtig gut.
    Für einen Moment bin ich verwirrt, aber dann weiß ich, was sie meint, und beuge mich zu ihr hinunter. »Nein, Schatz, das ist nicht die lustige Schnecke aus deinem Buch, die immer so schöne Seifenblasen macht. Im Garten haben wir ganz viele Schnecken. Zu viele.«
    »Zu viele?« Luna zieht die Augenbrauen hoch.
    »So viele, dass sie alle Blumen auffressen. Deshalb müssen wir sie jetzt töt…, ich meine, entfernen.« Ich beiße mir auf die Lippe. »Kommt, ich bringe euch in den Hort.«
    Wie soll ein Kind so etwas verstehen? Tagelang hören wir uns Hörspiele von der lustigen Schnecke Juan an, und jetzt will Papa in den Garten gehen und sie

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